Erfolgreiche irische Tanzshow„Lord of the dance“ kommt nach Köln
Köln – Gut sechs Minuten dauerte die Tanzeinlage, die 1994 die Pause des 39. Eurovision Song Contests in Dublin füllte. Sechs Minuten, in denen Michael Flatley, Jean Butler und ein Ensemble irischen Stepptanz in Perfektion zeigten und mit dem rasend schnellen Klacken ihrer Schuhsohlen ein Millionenpublikum begeisterten.
Unter dem Eindruck des Erfolgs machte Flatley, in den USA als Sohn irischer Einwanderer geboren und damals 35 Jahre alt, aus der Minuten-Nummer die abendfüllende Show „Riverdance“, die zunächst für Theatersäle bestimmt war. Dann gelang der Sprung in die großen Hallen und Arenen.
Jubiläumstour nach 25 Jahren
Wegen Differenzen über die „künstlerische Kontrolle“, wie es hieß, verließ Flatley 1995 das Team und begann mit der Produktion einer neuen Show: „Lord of the Dance“. Ihre Premiere feierte sie im Juni 1996 in Dublin. Es folge ein Siegeszug um die Welt. Etwa 60 Millionen Menschen in 60 Ländern haben die Show bisher gesehen. Die Jubiläumstour zum 25-jährigen Bestehen, die in diesem März in London startete, führt am Sonntag, 27. Oktober 2022, in die Kölner Lanxess-Arena.
Die simple, locker gesponnene Geschichte, angesiedelt in ein mythischen Welt, ist sich in der aktualisierten Inszenierung gleich geblieben: Die guten Mächte ringen mit den bösen; der Lord of the Dance, dem die Figur des Little Spirit zur Seite steht, kämpft mit seinen Mannen gegen den Dark Lord und seine düstere Truppe, die den „Planet Ireland“ übernehmen wollen.
Den strahlenden Helden umschmeichelt die Verführerin Morrighan, doch zum Schluss schenkt er dem Mädchen Saoirse, das die Freiheit verkörpert, sein Herz. Keine Frage, wie der Kampf der Mächte ausgeht. „Wir haben das Bedürfnis zu glauben, dass am Ende das Gute siegt“, sagte Flatley nach der ersten Vorstellung in Belfast.
Aufwendige Simulationen
Zum einen orientiert sich die Show, die sich mit dem Zusatztitel „25 Years of Standing Ovations“ selber feiert, an der Ursprungsversion, zum anderen wartet sie mit einigen Neuerungen auf. Das gilt etwa für die Musik, wobei nach wie vor keltische Klänge dominieren; Stücken aus der Feder von Ronan Hardiman hat der irische Komponist Gerard Fahy neue hinzugefügt. Eine ausgezeichnete Sängerin und zwei Geigerinnen wirken mit.
Das Bühnenbild, ohne die visuellen Effekte ausgesprochen karg, wird beherrscht von aufwendigen, am Computer geschaffenen Simulationen. Flammen lodern in Ruinen, Lava brodelt im Vulkankrater, Schmetterlinge und Tauben flattern umher, und farbenfroh bieten sich galaktische Weiten dar. Hinzu kommen Einspieler von Videos, die Aufführungen früherer Jahre in die aktuelle Inszenierung hereinholen.
Zelebrierung des Stepptanzes
Ein Clou ist die Projektion einer Aufnahme, die Flatley, der sich 2016 mit einem Auftritt in Las Vegas offiziell von der Bühne zurückzog, tricktechnisch zum Trio vervielfacht beim virtuosen Tanz zeigt, allein steppend oder gemeinsam mit seinen Doppelgängern. Nach seiner Choreografie und Regie tanzen auf der Bühne rund 20 Männer und Frauen, manchmal mit Anklängen an das klassische Ballett, doch es überwiegt die Zelebrierung des Stepptanzes, wie er schon die Zuschauer des Eurovision Song Contests beeindruckte.
Akrobatisch und in atemberaubendem Tempo lassen Solisten und Ensembletänzer ihre Beine und Füße spielen, sodass es nur so prasselt vor Klack-Kaskaden – besonders gut kommt die perkussive Tanzkunst zur Geltung, wenn die Musik schweigt.
150 000 „Taps“ pro Vorstellung
Nach einer Schätzung sind in einer Vorstellung 150 000 solcher „Taps“ genannten Schläge zu hören. Flatley selber brach 1998 seinen eigenen Guinness-Rekord, indem er 35 „Taps“ pro Sekunde erreichte. Da die Tänzer und Tänzerinnen Höchstleistungen erbringen müssen, sind die Solo-Rollen doppelt oder dreifach besetzt; als Lord of the Dance zum Beispiel wechseln sich von Vorstellung zu Vorstellung Mat Smith und Cathal Keaney ab.
Er sei stolz darauf, die irische Kultur weltweit zu verbreiten, sagt Flatley. Dabei hat der vielfach ausgezeichnete 63-Jährige, dessen Beine einmal auf 40 Millionen Dollar versichert waren, bisweilen auch Kritik auf sich gezogen. Puristen nahmen daran Anstoß, er habe dem Irish Dance seine ursprünglich strenge Form genommen und ihn zum kommerziellen Spektakel gemacht.
Popularisiert hat er ihn auf jeden Fall. In Irland wird er dafür gefeiert. Als er sich in der Pause der Vorstellung in Belfast kurz im Zuschauersaal sehen ließ, fing das Publikum an, stürmisch zu jubeln.