Im Unterschied zu anderen Orten bleibt in Köln die Zahl der i-Dötzchen, die im Sommer wiederholen werden, auf gleichbleibendem Niveau.
Grundschulen500 Kölner Erstklässler müssen die erste Klasse wiederholen
Der Fall aus Rheinland-Pfalz hat in der vergangenen Woche bundesweit Schlagzeilen gemacht: In der dortigen Gräfenauschule in Ludwigshafen werden gut ein Drittel der Erstklässler nach den Sommerferien nicht in die 2. Klasse versetzt. 40 der 132 Mädchen und Jungen in der dortigen ersten Klasse müssen diese ab dem Sommer wiederholen.
Die betreffende Schule liegt in einem sozialen Brennpunkt, ein hoher Prozentsatz der Kinder hat einen Migrationshintergrund. Die Krise des Bildungssystems offenbart sich an den Grundschulen am deutlichsten – auch deshalb, weil der Lehrkräftemangel dort am deutlichsten spürbar ist.
In Köln lässt sich dagegen auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ kein Trend zu signifikant steigenden Zahlen bei den Erstklässlern feststellen, die die Klasse wiederholen müssen. In diesem Jahr rechnet das Schulentwicklungsamt nach jetzigem Stand mit 500 betroffenen Kindern. Das entspricht 0,5 Prozent der im vergangenen Sommer eingeschulten Erstklässler. Zum Vergleich: Im Jahr davor waren es 484 Mädchen und Jungen.
Auch eine Umfrage unter Kölner Grundschulleitungen ergab, dass in ihren jeweiligen Schulen die Zahlen der Wiederholer derzeit konstant sind. An seiner Schule habe sich die Situation nicht verschärft, erläutert Dirk Külker, Leiter der Grundschule Merianstraße in Chorweiler. Er merke im Gegenteil, dass die durch Corona und die langen Kita-Schließungen bedingte gespannte Lage sich allmählich wieder entspanne.
„Die Kinder dieses Jahrgangs, die aus den Kitas kamen, waren schon wieder viel fitter als der Vorgängerjahrgang“, berichtet er. Auch die Leiterin der Michael-Ende-Grundschule, Ute Hinz, kann keine Verschärfung diesbezüglich erkennen. Wiederholer in der ersten Klasse seien absolute Einzelfälle.
Dass sich die Lage trotz vieler Grundschulen in sozialen Brennpunkten nicht weiter verschärft, hat auch mit zwei Entwicklungen zu tun: Die zu Beginn der Corona-Pandemie eingebrochene Zahl der Schuleingangsuntersuchungen, bei denen frühzeitig festgestellt werden soll, ob Förderbedarf besteht, ist wieder gestiegen. In diesem Jahr kann erstmals wieder jedem Kind ein Untersuchungstermin angeboten werden. Zum Vergleich: Bei den im Sommer 2021 eingeschulten Kindern hatten nur ein Viertel eine Schuleingangsuntersuchung. Im Jahr 2022 waren es wieder drei Viertel der angehenden Erstklässler.
Familiengrundschulzentren in Köln als wichtige Unterstützung
Außerdem gibt es an inzwischen neun Kölner Grundschulen in sozialen Brennpunkten sogenannte Familiengrundschulzentren. Ihr Ziel ist es, ähnlich wie in den Familienzentren der Kitas eine Bildungspartnerschaft zwischen Schulen und Eltern zu begründen. Die Eltern werden durch spezielle Freizeitangebote wie Elterncafés oder Seminare zu Ernährung oder Medienkonsum in das Schulleben einbezogen. Zudem entlasten die Familienzentren die Lehrkräfte, da sozialpädagogische Fragen durch multiprofessionelle Teams aufgefangen werden.
In den Schulen selbst wird eine Art Therapiezentrum integriert: Das heißt, die Kinder, die entsprechende Unterstützung benötigen, bekommen etwa Sprachtherapie oder Ergotherapie in den Räumlichkeiten der Schule. So bleibt den Lehrkräften mehr Zeit für den eigentlichen Unterricht. Schulleiter Dirk Külker, an dessen Schule ein solches Familiengrundschulzentrum eingeführt wurde, war nach eigenen Angaben zunächst skeptisch. „Aber es hat bei uns an der Schule sehr viel gebracht“, bilanziert er. Die Zusammenarbeit mit den Eltern habe sich deutlich verbessert und durch die Einbeziehung von Sozialpädagogen und Therapeuten werde das Kollegium deutlich entlastet.