Mehr als eine Million Menschen haben in NRW schon Widerspruch gegen die Grundsteuerbescheide eingelegt. Volker D. aus Köln ist auch darunter.
Der Frust über die Reform sitzt tiefKölner soll 3389 Euro Grundsteuer für eine wertlose Wiese zahlen
Die Freude über die Nachricht, dass Stadtkämmerin Dörte Diemert für die geplante Erhöhung der Grundsteuer in der heutigen Sitzung des Stadtrats keine Mehrheit finden wird, hält sich bei Volker D. (58) in Grenzen. Ihm hilft das wenig. Er hätte nie gedacht, dass ihn der Blick von seiner Terrasse auf die 2100 Quadratmeter große Wiese auf seinem Grundstück in Dellbrück direkt am Waldrand mal zum Rasen bringen könnte. 3.389,06 Euro soll er ab 2025 für eine Wiese zahlen. Bisher waren es 117 Euro.
Das gesamte Grundstück am Bensberger Marktweg ist mit 4000 Quadratmetern fast doppelt so groß. Auf ihm stehen ein Haus mit sechs Mietparteien, dessen Eigentümer D. ist, das Haus, in dem er mit seiner Familie wohnt, und eine Halle, die früher mal als Feuerwehrgerätehaus genutzt wurde. All diese Objekte sind bei der Neuberechnung der Grundsteuer kein Problem.
Seine Wiese jedoch liegt in einem ausgewiesenen Landschaftsschutzgebiet und ist für ihn damit praktisch wertlos. „Ich kann damit nichts anfangen, darf dort weder bauen noch sie anderweitig nutzen“, sagt er.
Bisher hat sie ihn 117 Euro an Grundsteuer pro Jahr gekostet – bei einem Messbetrag von 22,72 Euro und einem Hebesatz von 515 Prozent. Ab 2025 soll er nach einem Vorbescheid des Finanzamts Köln-Ost für die Fläche 3.389,06 Euro zahlen, weil sich der Messbetrag auf 658,07 erhöht.
Dabei könne es sich doch nur um einen Irrtum handeln, hat Volker D. anfangs noch geglaubt – und sich damit geirrt. „In meinem Fall hat der Gutachterausschuss für die Wiese den gleichen Bodenrichtwert angenommen wie für die anderen Teile des Grundstücks. Das ist völlig willkürlich geschehen. Wir wissen bis heute nicht, warum.“
Was die Grundstücksteile angeht, auf denen die beiden Häuser und die Halle stehen, sei die Neuberechnung völlig korrekt. „Beim Mehrfamilienhaus wird wegen der Mieteinnahmen der Ertragswert für die Besteuerung herangezogen, bei unserem Haus und der Halle, die wir nur privat nutzen, der Bodenrichtwert“, sagt Volker D.
Ein Blick auf Boris NRW, das das zentrale Informationssystem der Gutachterausschüsse und des Oberen Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Nordrhein-Westfalen, zeigt, wo das Problem liegt. Das Areal, zu dem das Grundstück gehört, ist so geschnitten, dass die wertlose Wiese mit in die sogenannte Zone des Innenbereichs fällt, also wie Bauland bewertet werden muss.
„Warum das so passiert ist und ob das ein Versehen war, kann ich nicht beurteilen“, sagt Volker D. Eine andere Wiese, die einige 100 Meter entfernt liegt und landwirtschaftlich genutzt wird, sei als Ackerland mit 7,20 Euro bewertet worden.
Aus seiner Sicht hat der Gutachterausschuss die Grenzen für die steuerliche Bewertung der Grundstücke nach Flurstücken gezogen. Auf diese Weise sei die Wiese falsch zugeordnet worden. Der direkt angrenzende Wald, der ins gleiche Landschaftsschutzgebiet fällt, wird mit acht Euro bewertet. Der Messbetrag für seine Wiese hingegen liege bei 658,07 Euro.
Eine Million Einsprüche in NRW
Mehr als eine Million Einsprüche sind laut Haus & Grund Rheinland-Westfalen gegen die Feststellungsbescheide eingegangen. Auch Volker D. hat am 7. Mai Einspruch beim Finanzamt Köln-Ost eingelegt. „Mich wundert es nicht, dass ich bisher keine Antwort erhalten habe“, sagt er. „Und ich bin mir sicher, dass ich mit meinem speziellen Problem sicher nicht allein bin.“
Der Gutachterausschuss habe ihm auf Nachfrage angeboten, gegen eine Gebühr ein Gutachten über den tatsächlichen Wert der Wiese zu erstellen. „Das würde in meinem Fall rund 2500 Euro kosten“, sagt der Wiesen-Besitzer. „Das würde ich ja investieren, aber im gleichen Atemzug hat man mir gesagt, dass man keine Garantie geben kann, dass das Gutachten vor dem Finanzamt oder dem Finanzgericht auch Bestand hat.“
Der offensichtliche Fehler beim Zuschnitt der Grundstückszonen ließe sich nicht rückwirkend korrigieren, weil der Stichtag, auf dem alle Berechnungen fußen, der 1. Januar 2022 sei.
Volker D. hat auch wenig Hoffnung, dass das Finanzamt Köln-Ost seinen Widerspruch anerkennt. „Wir waren dort mehrfach zu Gesprächen. Die Finanzämter werden sich an die geltenden Regeln halten.“
Es brauche eine „saubere Lösung solche Fälle“, sagt D. „Dass die Betroffenen erstmal Geld in die Hand nehmen müssen, um Gutachten erstellen zu lassen, halte ich für ein Unding.“