Zukünftiger OB in DüsseldorfStadtdirektor Keller: „Köln steht jetzt besser da“
- Vier Jahre war Stephan Keller Stadtdirektor von Köln.
- Freitag hat er seinen letzten Arbeitstag, bevor er seinen neuen Job als Oberbürgermeister von Düsseldorf antritt.
- Im ausführliche Interview spricht Keller über alte Rivalitäten, seine Enttäuschung über das Aus des Kalkbergs und seine Herausforderungen in Düsseldorf.
Herr Keller, Sie waren knapp vier Jahre Stadtdirektor in Köln, ab kommenden Sonntag sind sie Oberbürgermeister von Düsseldorf. Findet Ihre Nachfolgerin, Ihr Nachfolger die Stadt anders vor als Sie damals?Keller: Auf jeden Fall. Mit einer anderen politischen Mehrheit im Rat, aber auch mit einer deutlich besser aufgestellten Stadtverwaltung.
Was ist besser geworden?
Strukturell haben wir einiges geändert, etwa die Gründung des Verkehrsdezernates, die Bildung des Amtes für Verkehrsmanagement, die Neuordnung der Bürgerdienste, die Herauslösung des Ausländeramtes aus dem Ordnungsamt, die Gründung der Wirtschaftsförderung. Wir haben mehr digitale Angebote als noch vor vier Jahren. Die Gebäudewirtschaft ist in einem deutlich besseren Zustand – das war eine der ersten Aufgaben, die ich 2017 mit angestoßen habe. Es ist also richtig etwas vorangegangen.
Sie haben in dieser Zeit auch Personal aufgebaut.
Das war auch dringend nötig. Die Personaldecke war extrem eng, über Jahre ist am Personal gespart worden – und das in einer wachsenden Stadt.
Ist eine Stadtverwaltung wie in Köln mit fast 20.000 Mitarbeitern überhaupt noch steuerbar? Hat die Verwaltungsreform wirklich viel bewirkt?
Sie hat sehr viel bewirkt. Auch Unternehmen in dieser Größenordnung sind steuerbar. Wir haben strukturell viel verändert und personell eine Runderneuerung hingelegt. Insofern sind wir hier auf einem sehr guten Weg. Es scheint sich ja abzuzeichnen, dass es vielleicht auch ein Dezernat mehr geben könnte. Das würde ich für richtig halten. Auch, um die Steuerungsfähigkeit in der Verwaltung zu erhöhen.
Wie groß ist die Düsseldorfer Verwaltung?
Ungefähr halb so groß, sie hat ungefähr 10.000 Mitarbeiter. Man kann die beiden Verwaltungen aber auch nicht überall vergleichen. Wir haben zum Beispiel in Köln ein eigenes IT-Amt mit 450 Mitarbeitern. Das hat Düsseldorf gar nicht, dort ist der gesamte Bereich ausgegliedert auf einen Zweckverband.
Was waren während Ihrer Zeit als Stadtdirektor die größten Baustellen?
Eine große Baustelle war das Thema Feuerwehr. Zum Herbst 2018 gab es erhebliche Unzufriedenheit in der Mannschaft. Es ist gut gelungen, das zu kanalisieren und auf den richtigen Weg zu bringen. Die Feuerwehr ist gerade in einem tiefgreifenden Reformprozess. Der neue Amtsleiter baut diese Truppe munter um. Da bin ich auch ein bisschen stolz darauf, dass das so gelungen ist – in der Situation hätte auch viel kaputt gehen können. Die Feuerwehr ist eine ganz zentrale Einrichtung in der Stadt, die einfach funktionieren muss. Und sie funktioniert, weil da eben hunderte engagierte Mitarbeiter im Einsatzdienst und in der Verwaltung einfach jeden Tag ihren Dienst tun, ohne auf die Stunden zu gucken. Wir haben die Kollegen lange an den Rand der Belastbarkeit gebracht – aber das wird jetzt besser.
Sie haben diese Prozesse ziemlich geräuschlos hinbekommen. Das ist in Köln eher unüblich, dass so etwas weitgehend intern bleibt.
Ein bisschen etwas ist hochgekocht, aber die Mannschaft hatte schnell das Gefühl: Da kümmert sich einer und da bewegt sich etwas in die richtige Richtung. Wir hatten ja so eine Phase auf dem Höhepunkt dieser Krise, an dem es immer wieder anonyme Briefe gab, die dann auch in der Presse gelandet sind. Ich habe mit über 400 Feuerwehrmännern, überwiegend, persönlich gesprochen, die hierher kamen. Das war schon eine Herausforderung.
Ist die Feuerwehr eine Leidenschaft von Ihnen?
Sie ist eine geworden, ja. Weil ich merke: Da sind einfach unglaublich viele Menschen mit wahnsinnig viel Herzblut bei der Arbeit.
War das gleichzeitig ihr größter Erfolg in der Stadt?
Es gibt eine Reihe von Punkten, wo ich sage: Da verlasse ich die Stadt in einem besseren Zustand, als ich sie vorgefunden habe. Das eine ist die Feuerwehr, aber auch die strukturellen Veränderungen, die wir eingangs angesprochen haben, tragen meine Handschrift. Auch dazu, dass wir im ersten Halbjahr gut durch die erste Welle der Corona-Pandemie gekommen sind, habe ich als Leiter des Krisenstabs beigetragen.
Und auf der anderen Seite: Was tut Ihnen weh, was haben Sie nicht erreicht?
Was mir wirklich weh tut, ist dass der Rat den Kalkberg als Basis für die Rettungshubschrauber kurz vor der Wahl noch abgeräumt hat. Jetzt wird wieder über den Flughafen als Standort nachgedacht, aber das haben wir doch schon jahrelang getan. Ich finde es extrem fahrlässig, dass man den Kalkberg beerdigt, bevor man eine ernsthafte Alternative hat. Das ist wirklich nicht gut für die Stadt.
Aber war das nicht von vorneherein eine Totgeburt? Mit der ganzen Vorgeschichte?
Ich hätte mir gewünscht, dass die Mehrheit in der Politik bereit gewesen wäre, die Vorgeschichte auch mal abzuhaken. Wir müssten eine Situation nach dem heutigen Status Quo bewerten. Und heute wäre es mit relativ wenig Aufwand möglich, die Station in Betrieb zu nehmen. Das ist jetzt ein Millionengrab mit ungewisser Aussicht, irgendwann mal für Köln eine solche notwendige Hubschrauberstation errichten und betreiben zu können. Am Ende tut das der Sicherheit Kölns nicht gut.
Es gibt ja noch mehr Probleme: Kein U-Bahn-Tunnel unter der Aachener Straße, die Oper bleibt Dauerbaustelle.
Es ist ja mitnichten so, als hätte nur Köln ein Problem mit einer schwierigen Baustelle. Der Berliner Flughafen zum Beispiel ist immer noch nicht im Betrieb. Bei der Ost-West-Achse zeigt sich, dass Köln mehr Entscheidungsfreude braucht und mehr klare Entscheidungen. Der Tunnel ist ja nicht beerdigt, er ist ja nur aufgeschoben. Jetzt muss im neuen Rat eine klare Entscheidung getroffen werden. Der Kalkberg ist, wie gesagt, in die falsche Richtung entschieden worden. Aber: Es ist wenigstens mal eine Entscheidung. Die Kraft, auch wirklich zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen, muss Köln ein Stück weit wiederfinden.
Reden wir über die Corona-Pandemie. Ist es Ihnen leicht gefallen, die Leitung des Krisenstabs abzugeben, um Wahlkampf in Düsseldorf zu machen?
Ich habe es ja in einer Zeit getan, in der wir in eine relative Ruhephase eingetreten sind und wo es um Lockerungen ging. Auf dem Höhepunkt der Krise hätte ich mich damit sicher deutlich schwerer mit getan – oder in einer Situation wie jetzt, wo wir wirklich alle Anzeichen einer Welle haben, die wahrscheinlich noch schwerer wird als die erste. Es ist aber ja nicht so, dass es nur von der Figur abhängt, die den Krisenstab leitet. Wir haben hervorragende Mitarbeiter und ein hervorragendes Team, das sich um die Pandemie kümmert.
Das heißt aber, dass sie am 1. November direkt wieder in eine Stadt mit Krisenmodus kommen. Werden Sie dort auch wieder den Krisenstab leiten?
Nein. Ich bin da Oberbürgermeister, hier habe ich es als verantwortlicher Dezernent und Stadtdirektor getan. Der Krisenstab wird von der Feuerwehrdezernentin in Düsseldorf geleitet und das soll auch so blieben. Trotzdem bin ich, ähnlich wie Frau Reker, immer sehr eng am Geschehen, lasse mich immer informieren und treffe auch die wichtigsten Entscheidungen mit. Von daher bin ich da in das Krisenmanagement natürlich auch eingebunden.
Die Zusammenarbeit mit der Oberbürgermeisterin war nach außen hin immer gut, war das auch nach innen hin immer so? Zum Schluss gab es in dem einen oder anderen Interview Zwischentöne, die anderes verlauten ließen.
Gab es die? Ich habe diese Spitzen ehrlich gesagt nicht wahrgenommen. Wir haben gut und vertrauensvoll zusammengearbeitet. Das hat sich nicht zuletzt in der Corona-Zeit erwiesen. Wir haben immer sehr offen diskutiert und sicher auch nicht immer einer Meinung gewesen, aber wir haben immer eine robuste Verwaltungshaltung gemeinsam vertreten.
Könnte das helfen, dass die beiden Städte etwas näher zusammenrücken?
Dass wir gut zusammenarbeiten können, wird mit Sicherheit helfen. Wir haben ganz ähnliche Herausforderungen: Verkehrspolitik, Wohnungsbau, Sicherheit, das sind Themen, die beide Städte im gleichen Umfang zu meistern haben. Da kann man sich austauschen und strukturell zusammenarbeiten. Die Metropolregion ist ein formaler Rahmen, in der beide Städte gefordert sind, die gesamte Region Rheinland nach vorne zu bringen.
Nach der Corona-Pandemie müssen beide Städte möglicherweise in Bereichen zusammenarbeiten, in denen man sich bislang gepflegt voneinander abgesetzt hat. Bei den Flughäfen etwa, bei den Messe-Gesellschaft oder bei der Kultur. Wer weiß, ob sich jede Stadt hier künftig noch ihre eigenen Aushängeschilder leisten kann?
Über eine Zusammenarbeit der beiden Messen oder der beiden Flughäfen ist ja in der Vergangenheit schon viel spekuliert worden.
Unter anderen Rahmenbedingungen.
Ob Corona da eine grundlegend andere Gefechtslage bringt, weiß ich nicht. Ich denke vor allem an eine Zusammenarbeit der beiden Stadtverwaltungen. In der Verkehrspolitik müssen wir an einem Strang ziehen – beide Städte sind in unterschiedlichen Verkehrsverbunden, obwohl die Pendlerverflechtungen zwischen beiden Städten sehr eng sind.
Wie werden sich denn die beiden Städte durch die Pandemie verändern? Wo stehen wir in einem Jahr, in Köln wie in Düsseldorf?
Ich hoffe, dass wir in einem Jahr die Pandemie überwunden haben. Wir werden dann aber mit den Folgen zu kämpfen haben. Das hat Auswirkungen auf den Haushalt der Städte. Wir müssen jetzt alles daran setzen, dass wir auch die städtischen Unternehmen durch die Krise bringen. Ob das die Stadtwerke sind, eine Messe oder auch ein Flughafen. Das sind Herausforderungen, die in Köln und in Düsseldorf gleichermaßen zu leisten gibt. Wie verändern sich Bedürfnisse des Wohnens und des Arbeitens? Auch Verkehrsfragen stellen sich vielleicht nach Corona neu. Wenn wir auch nur einen Teil der Home-Office-Aktivitäten beibehalten können, wird uns das bei unseren Verkehrsproblemen sehr entlasten. Von daher glaube ich, dass es in der Krise auch Chancen gibt. Trotzdem wäre ich froh, wenn sie so schnell wie möglich vorbei wäre.
Hätten Sie sich einen anderen Zeitpunkt zum Start gewünscht?
Man muss die Sachen ja so nehmen, wie sie kommen. Es ist trotzdem eine tolle Aufgabe, eine Stadt wie Düsseldorf führen zu dürfen und da freue ich mich drauf.
Was hat Ihnen an Köln gefallen, was Düsseldorf nicht hat?
Düsseldorf und Köln sind beides lebens- und liebenswerte Städte. Ich habe mich hier immer wohl gefühlt und nehme auch nichts zurück von dem, was ich bereits positiv über Köln gesagt habe. Ich mag die Menschen, ich mag die Vielfalt in der Stadt. Das sind wirklich herausragende Eigenschaften Kölns.
Finden Sie, dass Düsseldorf sauberer ist als Köln?
Das war mal meine Wahrnehmung. Interessanterweise hat das Thema Sauberkeit in Düsseldorf im Wahlkampf eine große Rolle gespielt, weil die Düsseldorfer das Gefühl haben, dass die Stadt in den letzten Jahren weniger sauber gekommen ist. Ich sehe es immer noch so, dass Düsseldorf den gepflegteren Eindruck macht. Das mag aber einfach daran liegen, dass Köln eine ganze Ecke größer ist.
Ihre Karriere wirkt wie ein solide und stringent umgesetzter Plan. War es schon immer Ihr Ziel, Oberbürgermeister von Düsseldorf zu werden?
Nein, nicht im Sinne eines langfristigen Karriereziels. Auch, wenn sich das in der Rückschau vielleicht sehr stringent aussieht. Ich habe nie irgendeine Station angefangen mit dem Ziel, mich gleich für die nächste vorzubereiten. Trotzdem: Das, was ich bisher in meinem Berufsleben gemacht habe, bereitet mich ziemlich gut vor auf das, was jetzt noch kommt. Da waren gerade die Jahre in Köln nochmal eine sehr intensive, lehrreiche Schule. Ich habe hier nochmal viel an Rüstzeug gewonnen, das ich jetzt mit in die Tätigkeit nach Düsseldorf nehme.
Aber Sie wären auch für die CDU in Köln als OB-Kandidat angetreten, wenn sich die Union für einen eigenen Kandidaten entschieden hätte?
Die Frage hat sich nie gestellt. Düsseldorf war immer meine Wahlheimatstadt und das ist jetzt genau richtig so.
Es hätte sicher einige Leute in der CDU gegeben, die das gerne gesehen hätten.
Wenn dem so ist, dann freut mich das, aber die Frage hat sich mir nie gestellt.
Das könnte Sie auch interessieren:
Joachim Erwin, Ihr Vor-Vor-Vorgänger als Düsseldorfer OB hatte eine spezielle Art, die Stadt zu regieren: Sehr strikt, sehr bestimmend, aber auch sehr effizient. Wäre das heute noch zeitgemäß? Ist Erwin ein Vorbild für Sie?
Vorbild ist Joachim Erwin in seinem unermüdlichen Engagement für die Stadt, auch in dem Ehrgeiz, den er entwickelt hat, die Stadt wirklich voran zu bringen. Das finde ich absolut bewundernswert. Ich glaube, ich bin verbindlicher im Umgang und bin mehr Teamplayer, als er das gewesen ist. Aber er hat mit Sicherheit Herausragendes für die Stadt geleistet. Wenn mir ebenfalls solche Ergebnisse gelingen würden, dann würde ich sicher zufrieden auf meine Zeit als Düsseldorfer OB zurückblicken.