Stadtentwicklungsdezernent im Interview„Ich kann mir Hochhäuser in Köln vorstellen“
Herr Haack Sie sind der neue Dezernent für Stadtentwicklung. Sind Sie derjenige, der das Köln der Zukunft gestaltet?
Das Köln der Zukunft mitgestalten zu können, war die Motivation für meine Bewerbung. In der Tat muss sich aber in nächster Zeit erst noch herauskristallisieren, wer im Verwaltungsvorstand was macht. Was macht Baudezernent Markus Greitemann, was macht Verkehrsdezernent Ascan Egerer und was macht Liegenschaftsdezernent William Wolfgramm? Da müssen wir uns gut abstimmen. Aber ja, ich habe schon den Anspruch, das Köln der Zukunft mitzugestalten.
Sie haben sich im Studium mit der Stadterweiterung und dem Aspekt der Nachhaltigkeit beschäftigt. Sehen Sie neue Stadtteile wie Kreuzfeld, die auf der grünen Wiese entstehen, kritisch?
Gefühlt würde ich sagen: 95 Prozent aller Stadtentwicklungsprojekte in Großstädten finden auf Konversionsflächen statt, also beispielsweise alten Industrie- oder Militärflächen. Kreuzfeld ist eher eine Ausnahme. Die Herausforderung in Köln liegt im Bestand, Köln ist zu 98 Prozent fertig gebaut. Es wird die spannende Aufgabe, die neuen Energie- und Mobilitätskonzepte nicht nur bei Neubauprojekten, sondern auch im Bestand anzuwenden. Die Hauptaufgabe der Stadtentwicklung in Köln ist nicht mehr, das Stadtwachstum zu steuern, weil die Stadt in weiten Teilen fertig ist. Es geht vor allem darum, wie wir nun neue Konzepte in den Bestand bekommen, von Mobilität, Gewerbe bis Wohnen. Es geht also nicht um Stadtwachstum in die Breite, sondern in den Bestand.
„Grünflächen zur Bebauung freizugeben, halte ich für die absolute Ausnahme“
Das hört sich nicht nach weiteren neuen Stadtteilen an.
Ich würde nicht sagen, dass es sie nicht geben wird. Aber neue Grünflächen zur Bebauung freizugeben, halte ich für die absolute Ausnahme. Weil auch eine Stadt wie Köln Frei- und Naturräume braucht. Wir werden nicht die ganze Stadt zubauen können. Wir werden deshalb regional denken müssen, weil die Stadt Köln auch beim Wohnen oder Gewerbe über die Stadtgrenze hinaus denken muss.
Junge Familien verlassen Köln in den vergangenen Jahren vermehrt.
Mein Ziel ist es, sie in Köln zu halten.
Aber die können sich kaum noch die Wohnungen leisten. Braucht es nicht mehr öffentlich geförderte und preisgedämpfte Wohnungen?
Es kommt auf die Ausgewogenheit an. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht genau, ob man mit all diesen Instrumenten so weiterkommt, wie man sich das vorstellt.
„Der Markt alleine regelt nicht die Wohnraumversorgung einer Stadt“
Sondern: Der Markt regelt das?
Nein. Der Markt alleine regelt nicht die Wohnraumversorgung einer Stadt. Es ist die Frage, ob die Stadt Vorgaben macht oder im Einzelfall entscheidet.
Dann kommt oft der Vorwurf der Investoren, dass sie sich ungerecht behandelt fühlen.
Manchmal muss man das als Stadt auch aushalten, wenn man es konzeptionell gut begründen kann. Generell müssen wir prüfen, welche Instrumente wir nehmen, um unsere Ziele in der Stadtentwicklung zu erreichen.
Schlecht behandelt fühlt sich gerade auch die Versicherung DEVK und droht mit Wegzug, weil sie ihr Hochhaus-Projekt gefährdet sieht. Sie sind der neue Wirtschaftsdezernent. Wie sehen Sie das?
Das darf nicht passieren. Ich bin im Verwaltungsvorstand auch als Stimme der Wirtschaft zu sehen und möchte bei solchen Fragen Lösungen präsentieren.
Dass es gar nicht erst so weit kommt wie jetzt, dass die DEVK öffentlich Druck auf die Verwaltung macht?
Auch das, nach Möglichkeit. Aber bei einer Stadt mit 1,1 Millionen Einwohnern kann man nicht alles im Vorfeld abräumen. Es geht immer darum, konkurrierende Flächenansprüche gegeneinander abzuwägen. Oder was wo gebaut wird. Das sind die normalen Konflikte, die wir austarieren müssen.
Gegenüber des Rheinauhafens entsteht in den nächsten Jahren das Neubauquartier Deutzer Hafen. Sollten da die Fehler des Rheinauhafens vermieden werden?
Heute macht man keine monostrukturierten Quartiere mehr, sondern achtet auf eine Mischung vieler Nutzungen. Aber der Rheinauhafen ist nicht schlecht, er hat eine großstädtische Ausstrahlung. Die besondere Architektur ist etwas, das die Kraft dieser Stadt zeigt. Das wünsche ich mir auch für den Deutzer Hafen.
Wie hoch sollte man in Köln bauen dürfen?
So hoch, dass der Dom nicht beeinträchtigt wird, auch nicht in der Außensicht. Dennoch bin ich sicher, dass Köln etwas mehr großstädtisches Gepräge durchaus gut tun kann. An der einen oder anderen Stelle kann ich mir weitere Hochhäuser durchaus vorstellen.
Höher als der Dom?
Es kommt drauf an. 160 Meter wären für ein Hochhaus schon stattlich, aber nicht unmöglich. Wichtig ist, dass der Blick auf den Dom als Fluchtpunkt nicht abgeschnitten wird. Die Blickachsen auf den Dom müssen frei bleiben, das ist entscheidend.
„Es muss ein faires Miteinander sein“
Müsste die Stadt die Investoren nicht stärker unter Druck setzen?
Nein. Es gibt gute Beispiele, innovative Bauprojekte wirtschaftlich tragfähig umzusetzen. Es funktioniert nicht so einfach, die Investoren unter Druck zu setzen. Es muss ein faires Miteinander sein. Projektentwickler sollen sich keine goldene Nase zu Lasten anderer Faktoren wie dem Umweltschutz verdienen, aber auch genug Luft zum Atmen haben. Es nützt der Stadt nichts, wenn Projekte mitten im Bau Probleme bekommen.
Werden Themen wie der Ebertplatz-Umbau bei Ihnen landen oder bleiben sie bei Herr Greitemann?
Das weiß ich noch nicht. Das wird sich zeigen.
Werden Sie dafür kämpfen, Großprojekte in Ihre Zuständigkeit zu bekommen?
Ich werde nicht durch die Gegend gehen und sagen: Diese drei Themen will ich. Wenn ich die Begründung dafür, dass Themen nicht bei mir liegen, nicht nachvollziehen kann, dann werde ich darüber natürlich sprechen.
Sie hatten einen komplizierten Weg in Ihr Amt. Wird das Ihre Arbeit erschweren?
Davon gehe ich nicht aus. Weil es ja nie um meine Person oder Qualifikation ging, sondern um den Prozess. Die Art, wie das gelaufen ist, sagt natürlich etwas aus über die politische Kultur hier – aber ich schaue nicht mit Gram zurück.
Wie würden Sie die politische Kultur in Köln beschreiben?
Es gibt Systeme, die eher verwaltungsgetrieben sind und bei denen die Politik vieles durchwinkt. Hier ist es so, dass die Politik sich sehr intensiv mit den Details beschäftigt. Ich will das gar nicht negativ bewerten, aber es hat zur Folge, dass manche Prozesse länger dauern.
Wie wollen Sie die Verwaltung digitalisieren? Auch das gehört zu Ihren Aufgaben.
Das Thema bleibt in der Tiefe der Verwaltung oft hängen und klemmen – es braucht da viel Energie, um Fortschritte zu erreichen. Ich möchte die Digitalstrukturen der Verwaltung aber erst noch tiefer verstehen. Dann werde ich mich auch darum kümmern, dass wir einen Chief Digital Officer bekommen. Man braucht einen digital denkenden Experten, der uns Verwaltungsmenschen erklärt, welche Möglichkeiten es gibt. Wo dieser genau angesiedelt sein wird, ist noch unklar.
Müssen Sie nicht viel mehr dafür tun, dass man nicht für jede Unterlage zum Bürgeramt gehen muss?
Absolut. Diese Prozesse werden alle analog gedacht, aus dieser Zeit kommen wir. Wir haben sie noch nicht verlassen. Für Städte gibt es eine Abhängigkeit vom Gesetzgeber. Die Grenzen setzt uns oft der Bund. Wir müssen schauen, dass wir so weit kommen, wie es nur geht. Das digitale Kontaktmanagement in der Pandemie hat gezeigt, dass vieles möglich ist.