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Berühmte SchiffskatastropheKölner überlebte den Untergang der „Titanic“ als Lügenbaron

Lesezeit 3 Minuten
Alfred Nourney war einer der Überlebenden an Bord der Titanic.

Alfred Nourney war einer der Überlebenden an Bord der Titanic.

Der Kölner Alfred Nourney saß gerade beim Kartenspiel in der Bar, als die „Titanic“ den Eisberg rammte. Von der Tragödie handelt eine neue Ausstellung.

Es ist der 14. April 1912. Vor vier Tagen ist das neueste und größte Schiff der Welt zu seiner Jungfernfahrt von England nach New York aufgebrochen. Unter den mehr als 1300 Passagieren an Bord der „Titanic“ ist auch der 20-jährige Alfred Nourney. Dort gibt er sich als Adliger aus, in Wirklichkeit stammt er aus einer Kölner Kaufmannsfamilie.

Alfred Nourney ist in Köln aufgewachsen. Auf der anderen Seite des Atlantiks soll er wieder auf den rechten Pfad zurückkehren, wenn es nach seiner Familie geht – ohne Glücksspiel und Liebeleien. Doch kaum auf der „Titanic“ angelangt, bucht er sein Zweite-Klasse-Ticket um und nennt sich in der Ersten Klasse künftig Baron Alfred von Brachstedt, um Kontakt zu den Reichen herzustellen.

Alfred Nourney berichtet über den Untergang der „Titanic“

Über den Untergang der „Titanic“ sollte Lügenbaron Alfred Nourney 1962 in einem Radio-Interview berichten. „Ich saß gerade mit mehreren Herren zusammen in der Bar und wir spielten Bridge. Da bewegte sich die ‚Titanic‘, ächzte und neigte sich etwas zur Seite“, sagte Alfred Nourney über den Moment, in dem das Schiff mit dem Eisberg kollidierte. Kein großer Knall, kein Glas sei umgefallen, erzählte der Augenzeuge.

Alfred Nourney war erst 20 Jahre alt, als er an Bord der „Titanic“ ging.

Alfred Nourney war erst 20 Jahre alt, als er an Bord der „Titanic“ ging.

Er sei dann raus aufs oberste Deck gegangen. Die Szenerie beschrieb er als eiskalt, dunkel und vollkommen leer. Bei einem Blick auf das untere Deck habe er dort Eis liegen sehen – und die Mannschaft dabei beobachtet, wie sie die Rettungsboote zu Wasser ließ. „Da wurde mir klar, dass ich in ziemlicher Gefahr schwebte“, sagte Alfred Nourney mit Kölner Dialekt in dem Radio-Interview.

Die „Titanic“ versinkt: „Dieses furchtbare Schreien“

Als einer der ersten Passagiere ergattert er einen Platz im Rettungsboot, das mit 30 Menschen nur zur Hälfte gefüllt ist. Über den Untergang selbst sagte er: „Das Heck, das zeichnete sich am Horizont ab, die riesigen Schrauben in der Luft, standen ein Momentchen still, und dann donnert es und rrrrum - weg, rauschte sie in die Tiefe.“ Das Schreien der Ertrinkenden habe er wie einen einzigen Sirenenton wahrgenommen. „Das war wohl das Schlimmste, was beim ganzen Untergang dabei war, dieses furchtbare Schreien von den Leuten.“

Rund 1500 Menschen sterben in dieser Nacht, 712 überlebten das Unglück. Mehr über das Schiff und seine Untergang lernen Besuchende in der neuen Ausstellung in Köln-Ehrenfeld: „Titanic – Eine immersive Reise“. Sie ist bis Ende Juni 2025 zu sehen.

Alfred Nourney ließ sich später in Bad Honnef nieder, gründete eine Familie und arbeitete als Autohändler für Mercedes-Benz. Er wurde 80 Jahre alt. Heute liegt Alfred Nourney (1892-1972) direkt gegenüber dem Ausstellungsgelände auf dem Melatenfriedhof begraben. (mit dpa)