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Spektakulärer EingriffKölner Uniklinik trennt erstmals siamesische Zwillinge

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Angela Kribs und Martin Dübbers haben Elias und Finn über Monate begleitet.

Köln – Wenn Elias weinte, dann schlief Finn. Wenn aber Finn weinte, dann weinte Elias auch. Elias, sagt die Mutter der beiden siamesischen Zwillinge, sei der Sensiblere von beiden. Das sei schon immer so gewesen. Elias und Finn, die eigentlich anders heißen, waren an Bauchdecke und Brust zusammengewachsen. Sei teilten sich eine Leber, ihr Stoffwechsel funktionierte nur gemeinsam. Aber Elias wuchs am Anfang schneller, entwickelte sich stabiler. Jetzt, nach der Operation, holt Finn auf.

Einen vergleichbaren Eingriff hat es an der Kölner Uniklinik noch nie gegeben. Elias und Finn kamen früh zur Welt, viel zu früh. Nach 29 Wochen. „Ende Mai kam die Mutter aus Süddeutschland hierher. Das war nicht geplant, aber als sie hier ankam, war die Geburt nicht mehr aufzuhalten“, sagt Angela Kribs. Sie hat die Zwillinge als Oberärztin über Monate begleitet.

Siamesische Zwillinge bei einer von einer Million Geburten

„Auch die Erstversorgung war schwierig. Die Atmung der Kinder musste stabilisiert werden, es war zunächst nicht klar, ob die Kreisläufe voneinander unabhängig waren“, sagt Kribs, eine routinierte Medizinerin, die Frühchen seit Jahrzehnten medizinisch versorgt. Einen Fall wie diesen hat auch sie noch nie erlebt, auch Wochen später ist ihr das anzumerken. „Gott sei Dank hat das alles gut geklappt. Die Versorgung der Kinder hat dann auch mithilfe der Mutter sehr gut funktioniert.“ Es war ihre erste Geburt. Ihr Vertrauen zu den Medizinern, heißt es immer wieder, sei entscheidend gewesen.

Siamesische Zwillinge sind selten, in den meisten Fällen schaffen sie es erst gar nicht lebendig auf die Welt. Die Fehlbildung tritt bei einer von einer Million Geburten auf. Doch die Geburt von Elias und Finn, ein hochkomplexes Unterfangen, war nur der erste Schritt, vielleicht sogar der einfachste. „Die Frage, welcher Zeitpunkt für die Operation richtig ist, hat uns umgetrieben“, sagt Kribs. Sie stand vor einem Dilemma: Je früher die beiden getrennt werden, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass keine Fehlbildungen bleiben. Je später, desto sicherer ist der Eingriff.

Kölner Uniklinik: Schwierige Abwägung bei OP-Zeitpunkt

„Ein Loch im Darm oder eine entzündliche Darmerkrankung sind typische lebensgefährliche Komplikationen bei Frühgeborenen. Es war klar: Wenn eines der Kinder eine solche Komplikation hat, dann ist das andere direkt mit in Gefahr“, sagt Kribs. Jeden Tag hat sich ihr Team auf eine Notfall-OP vorbereitet. Durchführen musste sie niemand. „Glücklicherweise haben sich beide gut entwickelt, es hätte auch vollkommen anders ausgehen können.“

Um sich zu sehen, haben Elias und Finn ständig ihren Brustkorb überstreckt. Ein Problem für die motorische Entwicklung. „Das sah man auch nach der Operation, wo die Kinder dieses Bewegungsmuster in den ersten Tagen beibehalten haben.“

Nach der Trennung: Zwei Frühchen in akuter Lebensgefahr

Einige Wochen nach der OP, die junge Familie wird aus der Klinik entlassen. Immer wieder kommen Ärztinnen und Pfleger ins Zimmer, sagen, dass sie die beiden vermissen werden. 20 Minuten lang blicken sich die Zwillinge gegenseitig an, ohne Unterbrechung. Elias streichelt Finn durch das Gesicht, immer wieder über den Mund. Dass sie sich einmal Teile ihrer Körper teilten, sieht man den beiden in ihren Stramplern nicht an. „Nach der Geburt war es für mich schon sehr schwer“, erzählt die Mutter. „Es sind ja meine Kinder, ich wollte immer bei ihnen sein. Das ging aber nicht so einfach.“ Als die seltene Diagnose nach drei Monaten feststand, ließ sie sich schnell von Fachleuten beraten. Und die machten ihr Hoffnung.

„Ich habe mir die beiden im Ultraschall gemeinsam mit unserem Pränatalmediziner angeschaut“, sagt Martin Dübbers. Der Kinderchirurg hat den Eingriff geplant und durchgeführt. „Unsere Analyse hat ergeben, dass man die Fehlbildung gut behandeln kann. Wenn man entsprechende Vorkehrungen trifft.“ Im Grunde habe man zwei Operationen parallel geplant, die zum genau richtigen Zeitpunkt stattfinden mussten. Für ihn war klar: Es ist den Versuch wert. „Mit den modernen Möglichkeiten in der Medizin haben wir eine gute Chance, die Fehlbildung so zu behandeln, dass die Kinder ein normales Leben führen können. Damit ist die ethische Entscheidung schon gefallen. Auch, wenn es dazu keine Daten gibt.“ Er spricht von Hoffnung.

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Die Mutter spricht von Angst, wenn sie auf die Zeit vor der OP zurückblickt. „Mein Mann war immer positiv, er hat gesagt: Wir ziehen das jetzt durch, egal was passiert. Wir wollten unseren Kindern zumindest die Chance geben, auf die Welt zu kommen.“ Der Tag, an dem Elias und Finn getrennt wurden, sei der schlimmste gewesen.

Der Chirurg, die Fachärzte, der Kinderanästhesist, die Pflegerinnen und Pfleger, sie alle mussten zusammenarbeiten und am Tag der OP, der ursprünglich als Geburtstermin ausgerechnet war, funktionieren, sonst hätten die beiden keine Chance gehabt. „Wir mussten zwei OP-Teams aufstellen, denn von einem Moment auf den anderen hat man zwei Kinder, die zweieinhalb Kilo wiegen und dringend operiert werden müssen“, sagt Dübbers.

„Niemand kann garantieren, dass bei einem solchen Eingriff nichts schiefgeht“

Unklar war fast alles. Finn könnte doch unterentwickelt sein, fürchteten die Ärzte kurz vor der Operation. Wie der Kreislauf in zwei verwachsenen Körpern funktioniert, weiß niemand genau. Wie genau die Leber zu trennen ist, sodass beide ein funktionierendes Organ haben, klärt sich im Detail erst während des Eingriffs. „Niemand kann garantieren, dass bei einem solchen Eingriff nichts schiefgeht. Von Wissen kann man hier nicht sprechen. Wir haben unsere Einschätzungen fachlich gut getroffen, aber es waren viele Ungewissheiten dabei“, sagt Dübbers rückblickend. Alles lief nach Plan. Elias und Finn können, so die Einschätzung der Fachleute, ein normales Leben führen. Sie brauchen sich gegenseitig mehr als andere Zwillinge im selben Alter. Aber die Interaktion zwischen den beiden steht inzwischen weniger im Vordergrund, sie sind ihren Eltern nun viel näher als in den ersten Wochen. Eine zweite Geburt, das treffe es nicht ganz, sagt die Mutter, aber „es ist jetzt schon etwas Anderes.“

Das Interesse der Wissenschaft an dem Fall ist groß. „Wir werden ihn auf jeden Fall detailliert dokumentieren, damit er der Fachwelt zur Verfügung steht“, sagt Dübbers. Die gute Erfahrung macht Kinderchirurgen Mut, nicht nur in Köln. „Bei Fehlbildungen sollte niemand die Hoffnung verlieren, inzwischen ist vieles möglich.“