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Kölner WirtschaftKölner Walzen für die Welt

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Die Produktion im Kölner Stammwerk in Müngersdorf.

Köln – Wer eine Zeitung und eine Getränkedose kauft und sich dann am Handlauf einer Rolltreppe etwa in der U-Bahn festhält, kommt gleich drei Mal mit Dingen in Berührung, bei deren Entstehung das Kölner Unternehmen Felix Böttcher eine entscheidende Rolle spielt.

Böttcher produziert neben Handläufen für Rolltreppen und Druckchemikalien vor allem Walzen und Walzenbeschichtungen etwa für die Kunststoff-, Metall-, Holz- und Textilindustrie, aber auch bei grafischen Verfahren wie Offset oder Tiefdruck kommen Kölner Walzen weltweit zum Einsatz. Das Unternehmen mit Sitz in Braunsfeld ist mit einem Marktanteil von 40 Prozent Weltmarktführer bei der Beschichtung von Industrie-Walzen. In der Druckbranche ist das Unternehmen Technologieführer. Rund 60 Prozent aller weltweit gebauten Druckmaschinen werden mit Walzenbeschichtungen aus Braunsfeld erstausgerüstet. Damit ist Böttcher ein typischer „Hidden Champion“, wie es zahlreiche in ganz Deutschland und der Region Köln gibt. Der Begriff bezeichnet in der Öffentlichkeit wenig bekannte Unternehmen, die in ihrem Segment jedoch weltweit führend sind.

Um die Marktführerschaft zu erhalten, ist etwa beim Gang durch die großen Produktionshallen, wo dutzende Walzen bei der Beschichtung rotieren, das Fotografieren nur an wenigen, ausgewählten Stellen erlaubt. Zu groß ist die Sorge von Böttcher-Chef Franz-Georg Heggemann, der das Familienunternehmen in achter Generation führt, vor möglicher Produktpiraterie. „Wir schicken die Gummimischungen von Deutschland aus zu unseren Produktionsstätten nach China, damit wir sichergehen, dass die Rezeptur nicht kopiert wird“, erläutert der 59-Jährige, der die Geschicke der Firma seit 1992 lenkt.

Entstanden ist Böttcher aus zwei Unternehmen, zum einen der 1725 in Köln von Jacobus Loosen gegründeten Gerberei und dem Leipziger Werk von Felix Böttcher für Gelatine-Walzen. 1910 schließen sich die beiden Mittelständler zusammen. 1952 werden Walzen erstmals mit formfesten Kunststoffen beschichtet. In den 70er Jahren wagt das Unternehmen mit einer Produktionsstätte in Mailand erstmals den Schritt ins Ausland. Ende der 80er folgt der Sprung in die USA. Mit dem Fall der Mauer bieten sich dem Unternehmen enorme Chancen im Osten Deutschlands und Europas. „Das hat uns ganz neue Möglichkeiten eröffnet, es war eine historische Chance, die wir genutzt haben“, sagt Heggemann, der die Expansion des Familienunternehmens maßgeblich vorangetrieben hat. 1996 folgte mit der Gründung von Böttcher Singapur der Schritt nach Asien, 2004 wurde die erste Produktionsstätte in China eröffnet.

80 000 Kunden weltweit

Heute ist das Unternehmen in 40 Ländern vertreten und beliefert 80 000 Kunden rund um den Globus. Wie weit verzweigt das Firmennetzwerk mittlerweile ist, zeigt sich auf der großen Weltkarte im Büro von Franz-Georg Heggemann. Sie ist bespickt mit kleinen Fähnchen, die anzeigen, wo Böttcher überall im Geschäft ist. Die traditionell wichtigsten Märkte sind neben Westeuropa vor allem Nordamerika. Mittlerweile haben aber vor allem Osteuropa, Asien und Südamerika stark an Bedeutung gewonnen. Rund 70 Prozent seines Umsatzes von über 200 Millionen Euro macht Böttcher im Ausland.

Zu den Kunden gehören neben den großen Druckmaschinenherstellern wie etwa Heidelberg oder KBA, Verpackungshersteller wie Tetra Pak, zahlreiche Verlage, aber auch Drucker-Giganten wie Hewlett-Packard oder Xerox. Auch beim Lebensmittel-Verpackungsdruck hat Böttcher eigene Werkstoffe entwickelt, die speziell auf die Anforderungen der Lebensmittelindustrie zugeschnitten sind. Insgesamt rund 1800 Menschen arbeiten für das Walzen-Unternehmen, davon 700 in Deutschland.

Trotz des starken Wachstums in den vergangenen Jahrzehnten ist die Arbeitsatmosphäre im Kölner Stammwerk noch immer familiär. Jeden Morgen geht Böttcher-Chef Heggemann erstmal durch die Produktion und schaut nach dem Rechten. Die Mitarbeiter kennt er nahezu alle namentlich. „Mir ist der Bezug zu meiner Belegschaft sehr wichtig“, sagt Heggemann. Fotografieren lassen möchte sich der Chef nicht. „Der Erfolg unseres Unternehmens ist allen hier zu verdanken, da sollte kein Einzelner im Vordergrund stehen.“