Kölnerin verzweifelt an höheren PreisenArm trotz Arbeit, Studium und vier Sprachen
- Von Butter bis Benzin: Krieg und Krisen treiben in Deutschland die Preise massiv in die Höhe.
- Gerade Menschen mit niedrigen Gehältern sind plötzlich gezwungen, extrem aufs Geld zu achten.
- So auch Valentina K. und ihre Familie. Ohne zusätzliche Nebenjobs kommen sie nur noch schwer über die Runden.
Köln – Valentina K. verdient mit einem 30-Stunden-Job bei einer Kölner Medienfirma gut 1000 Euro netto im Monat, ihr Freund kommt als Laborant bei einem Chemieunternehmen auf eine ähnliche Summe. Bislang habe das „gerade so zum Leben gereicht“, sagt sie. Staatliche Unterstützung hätte das Paar erhalten können, „das wollen wir aber nicht, wir arbeiten ja beide und wollen keine Staatshilfen beanspruchen“.
Rad statt Auto, keine Markenprodukte mehr
Inzwischen bringe sie ihren fünfjährigen Sohn nicht mehr mit dem Auto zum Kindergarten, sondern laufe die 20 Minuten zu Fuß. Bei jeder Strecke überlege sie, ob sie auch mit dem Rad zu bewältigen ist. „Ich habe ein gasbetriebenes Auto, aber der Autogaspreis ist fast noch stärker gestiegen als der Benzinpreis.“ Rund ein Euro kostet der Liter aktuell. „Als ich den Wagen gekauft habe, waren es 50 Cent, vor dem Krieg in der Ukraine unter 80 Cent.“
Studium abgeschlossen
Valentina K. kommt aus Belarus, dort hat sie Deutsch und Geschichte studiert, in Köln schloss sie ein Romanistik-Studium ab. Sie spricht fließend vier Sprachen und arbeitet trotzdem für ein Unternehmen, das gerade Mindestlohn zahlt. Auch ihr Freund arbeitet für den Mindestlohn – im Schichtdienst. „Deswegen bin ich nicht sehr flexibel und kann keinen zweiten Job annehmen“, sagt sie. „In der Kita haben wir einen 35-Stunden-Vertrag, der seit Corona auf 25 Stunden reduziert wurde. Da wir keine Eltern in der Nähe haben, gibt es einen Betreuungsengpass.“
Erhöhung der Nebenkosten kaum bezahlbar
Zu dem sich längst ein finanzieller gesellt: Jüngst hat der Vermieter eine Erhöhung der Nebenkosten angekündigt. Wie hoch die ausfalle, hänge davon ab, wie stark für ihn die Preise steigen. „Und da sehe ich kein Ende. Im Moment bin ich jeden Abend ein bisschen depressiv. Aber ich versuche, nach vorn zu gucken, weil ich nicht will, dass es unserem Kind an etwas fehlt.“
Längst gehe sie nicht mehr „einfach einkaufen“ und gucke, dass der Kühlschrank voll sei. „Der war bis vor einigen Monaten immer voll. Inzwischen ist das eher übersichtlich geworden.“ Aus vier oder fünf Käsesorten seien eine oder zwei geworden. Die Markenprodukte seien komplett weggefallen, auch die Einkäufe in den teureren Supermärkten.
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„Nur an die Frischfleischtheke gehe ich noch ab und an: Wenn mein Sohn frische Fleischwurst will, soll er sie bekommen, und wenn er Erdbeeren möchte, kaufe ich ihm Erdbeeren.“ Aber: „Das geht nicht jeden Tag. Und das muss ich ihm dann erklären.“
Verzicht auf Kurztrips ans Meer
Früher habe sie ein halbes Hähnchen gekauft, wenn es bei der Arbeit später wurde. Das kostet aber jetzt einen Euro mehr. „Und das geht dann eben nicht mehr.“ Am meisten schmerze sie, dass die Familie auf die geliebten Kurztrips ans Meer nach Belgien verzichten müsse. „Die Gas- und Spritpreise machen das unmöglich.“
Zumal die Familie versucht, noch Verwandte zu unterstützen: „Meine Mutter und die Familie meines Freundes leben in der Ukraine. Früher konnten wir regelmäßig Geld schicken. Das ist leider schwieriger geworden. Aber im Vergleich zu den Menschen dort geht es uns hier sehr gut.“
Wenn ihr Sohn wieder länger in die Kita gehen kann, wird Valentina K. versuchen, einen Nebenjob als Übersetzerin anzunehmen. Menschen mit perfekten Russischkenntnissen wie sie werden seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine gesucht.