Kölnisch Wasser4711 feiert 222-jähriges Bestehen

Geschäftsführer Thomas Seeger-Selbach sowie Mitarbeiterinnen Derya Irmak (l.) und Laurentia Scholz
Copyright: Goyert Lizenz
Köln – Ist von den Kölner Touristenattraktionen die Rede, werden in erster Linie Gotteshäuser genannt, obwohl ein durchaus weltliches, im Schatten des Doms gelegenes Gebäude jährlich immerhin 120.000 Besucher anlockt: Das 4711-Haus in der Glockengasse. Obwohl Echt Kölnisch Wasser in 65 Ländern vertrieben wird, und dieser Parfümklassiker alle fünf Sekunden irgendwo auf der Welt über eine Kassentheke geht, genießt das Kölner Stammhaus die größte Anziehungskraft. Selbst arabische Scheichs, Mitglieder von Königshäusern und Popstars standen in der Glockengasse schon ehrfurchtsvoll vor dem legendären Brunnen, aus dem seit Jahrzehnten Eau de Cologne sprudelt.
Am gestrigen Mittwoch war der Besucher-Andrang besonders hoch, weil sich der Tag, an dem die Geschichte dieses urkölschen Produkts begann, zum 222. Mal jährte: Es war der 8. Oktober 1792, als ein Kartäusermönch dem jungen Kaufmann Wilhelm Mülhens nach dessen Vermählung mit Katharina Schauberg das uralte Rezept eines Heilwassers überreichte, welches wegen seiner vielfältigen Wirkung „Aqua Mirabilis“ genannt wurde.
Revolutionärer Markenname
Die Rezeptur für 4711 wird bis heute in der Glockengasse angemischt. Die Abfüllung erfolgt beim Parfümhaus Mäurer & Wirtz in Stolberg, das 4711 und andere Kölner Traditionsmarken 2006 gekauft hat.
Die 4711-Produktion fand von 1874 bis 1943 und von 1946 bis 1993 in Ehrenfeld statt. Danach hat man sie nach Bickendorf verlegt. Das heutige 4711-Haus wurde im Jahr 1964 nur unweit vom ursprünglichen Standort in der Glockengasse auf einem Trümmergrundstück errichtet.
In Kölner Besitz ist die berühmte Marke seit 1994 nicht mehr. Damals verkauften die zerstrittenen Mülhens-Vetter Ferdinand Mülhens und Dieter Streve-Mülhens an Wella. (she)
Mülhens erkannte den Wert dieser Herstellungsanleitung offenbar sofort und begann mit dem Bau einer Manufaktur in der Glockengasse. Auch die Franzosen, die zu dieser Zeit das Rheinland besetzt hatten, waren höchst angetan von dem aus ätherischen Ölen von Citrusfrüchten, Rosmarin und Lavendel hergestellten Wunderwasser und schickten dieses „Eau de Cologne“ ihren Lieben daheim. Erst etwa zwei Generationen später, im Jahr 1881, ließ der Enkel des Firmengründers, Ferdinand Mülhens, den Firmennamen 4711 in der Glockengasse eintragen.
„Eine Zahl als Markennamen zu wählen, war absolut revolutionär“, sagt Thomas Seeger-Helbach, Geschäftsführer des in Stolberg bei Aachen ansässigen Unternehmens Mäurer & Wirtz, zu dem die Kölner Traditionsmarken 4711, Tosca, Sir und weitere Duftklassiker seit 2006 gehören. Die „geniale Verkaufsstrategie“, wie Seeger-Helbach betont, zahlte sich aus: 4711 wurde zu einem der ältesten Markenartikel Deutschlands.
Allerdings gab es in der langjährigen Firmengeschichte auch weniger glückliche Schachzüge. Dazu zählte, dass die seinerzeit völlig zerstrittenen Cousins Ferdinand (Ferdy) Mülhens und Dieter Streve-Mülhens die Marke 1994 an das Kosmetikunternehmen Wella verkauften, welches knapp zehn Jahre später wiederum von Procter&Gamble geschluckt wurde. Glücklicherweise wussten die Amerikaner nicht viel anzufangen mit diesem Wunderwasser made in Cologne, das noch immer in der unverwechselbaren sechseckigen Molanus-Flasche mit dem Etikett aus Bremer Blau und Gold vertrieben wird. So kam es, dass Mäurer & Wirtz, die ebenfalls ein Traditionsprodukt herstellen, nämlich das Aftershave „Tabac“, die Chance wahrnehmen konnte, 4711 wieder in rheinische Hand zu bringen.
Willkommene Alternative zum modernen Duft
Seitdem hat sich im Duftgeschäft viel getan. Immer mehr junge Leute betrachten das einstige Wundermittel zur inneren und äußeren Anwendung nämlich nicht mehr als Duft, der wie Oma riecht, sondern als willkommene Alternativ zu den modernen Düften, mit denen der Kosmetikmarkt Jahr für Jahr überschwemmt wird. 4711 erlebt auch dadurch eine Renaissance, dass Mäurer &Wirtz vor fünf Jahren mit Acqua Colonia eine Duftserie herausbrachte, die auf einem Aroma-Therapiekonzept beruht. Nach Worten Seeger-Helbachs bleiben nun auch die Promis aus Film und Fernsehen am entsprechenden Stand im Flughafen-Duty-Free-Shop stehen.
Passend fürs 222. Jubiläumsjahr ist nun auch noch ein Twin-Duft entwickelt worden, der in Anlehnung an das einstige „Aqua Mirabilis“ eigentlich auch nur den Namen bekommen konnte, den er nun auch trägt: Wunderwasser. Jetzt bleibt abzuwarten, ob der Rezeptur für dieses jüngste Eau de Cologne mit den Ziffern 4711 eine ähnliche Erfolgsgeschichte beschieden sein wird, wie dem echten Kölnisch Wasser.