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Kölns neuer UmweltdezernentWie William Wolfgramm die Stadt klimaneutral machen will

Lesezeit 7 Minuten
William Wolfgramm

Kölns Umweltdezernent William Wolfgramm.

KölnHerr Wolfgramm, Sie waren als Leiter des Büros der Oberbürgermeisterin mehrere Jahre lang an der Schaltstelle der Verwaltungsspitze. Was ist der Grund, dass Sie gesagt haben „Umweltdezernent, das wäre was für mich“?

Ich habe bisher eine tolle Aufgabe wahrgenommen, in Zusammenarbeit mit Frau Reker, bei der man die ganze Themenvielfalt abdeckt, was in der Stadtverwaltung passiert, was in der Politik passiert. Aber die konkrete Umsetzung von Projekten erfolgt in den Dienststellen. Ich habe in Bonn Geographie studiert und mich frühzeitig mit dem Thema Klimawandel und dessen Auswirkungen beschäftigt. Auch bei meinen nachfolgenden beruflichen Tätigkeiten spielte das Thema eine große Rolle. Als ich 2015 die Möglichkeit hatte, im Team Reker für die eigene Stadt zu arbeiten, musste ich nicht zweimal überlegen, auch wenn ich mich damit von meinem eigentlichen Fachbereich entfernt habe. Aber als jetzt die politischen Beweggründe dazu führten ein eigenes Dezernat für den Bereich zu gründen, hat mich gereizt, in einer entscheidenden Position für die Themen verantwortlich zu sein, die mir persönlich, aber auch gesellschaftspolitisch enorm wichtig sind.

Man sagt Ihnen nach, dass Sie den Grünen nahestehen, sind aber kein Parteimitglied. Warum nicht?

Die Grünen und ich haben sicherlich gerade bei den Themen Klima und Umwelt inhaltlich die größten Übereinstimmungen. Aber ich sehe auch bei den anderen Parteien in diesen Themen Schnittmengen.

Worin sehen Sie die größte Herausforderung eines eigenen Umweltdezernats und welche Rolle soll es spielen?

Das Dezernat hat eine bedeutende Aufgabe für die Zukunft. Entscheidend wird sein, dass es auch Querschnittswirkungen entfaltet. Ich möchte da hinkommen, dass wir – so wie das Konzerne auch machen – anhand von klimarelevanten Kennzahlen sektorübergreifend Steuerungsfunktion bekommen. In Form eines kontinuierlichen Monitorings und Controllings, mit einem klimarelevanten Controllingbericht im Verwaltungsvorstand, der dann unter der Federführung des Umweltdezernats läuft. Ich möchte messbare Größen, auch für die Abwägung politischer Entscheidungen in den Gremien.

Wie stark wollen Sie Zugriff auf Vorhaben anderer Dezernat erlangen?

Klimaschutz ist ein Querschnittsthema, da bin ich als Klima-, Umwelt- und Liegenschaftsdezernent an vielen Themen inhaltlich beteiligt. Die Frage ist aber auch, wie ist es im Verwaltungshandeln implementiert. Ich bin mit den Kolleginnen und Kollegen in sehr konstruktiven Austausch. Wir werden klimarelevante Ziele definieren, sie im Verwaltungsvorstand sichtbar machen und über den Verwaltungsvorstand dann eine Steuerungsfunktion haben. Das Monitoring und Controlling reklamiere ich für das Umwelt- und Klimadezernat.

Zur Person

William Wolfgramm (43, parteilos) wurde in Leverkusen geboren und hat in Bonn Geografie studiert. Seine Diplomarbeit schrieb er über Hochwasserschutz und Versicherungsmodelle am Beispiel Köln. Er arbeitete im Tiefbauamt Bonn und war anschließend in der Bezirksregierung Düsseldorf Dezernent in der Abteilung für Wasserwirtschaft und Umweltschutz, bevor er ins Büro der dortigen Regierungspräsidentin wechselte. Seit 2015 ist er bei der Stadt Köln tätig und wurde 2018 Leiter des Amts der Oberbürgermeisterin. Vorigen Juni wurde Wolfgramm auf Vorschlag der Grünen im Stadtrat mit großer Mehrheit zum Beigeordneten des neuen Dezernats für Umwelt, Klima und Liegenschaften gewählt. (og)

Sie sind auch Liegenschaftsdezernent und haben Kontrolle über die städtischen Grundstücke. Wie wollen Sie das Dilemma lösen, dass wir eine wachsende Stadt sind, gleichzeitig aber weniger Flächen versiegelt werden sollen?

Die Flächenkonkurrenz ist enorm. Das Liegenschaftsamt ist aus meiner Sicht die Dienststelle, die für ein ganzheitliches Flächenmanagement der Stadt verantwortlich ist. Da sind wir auch schon dran und wollen es weiterentwickeln. Wir müssen sehen, welche Flächen wir wie nutzen, um einen Überblick zu haben. Im Bündnisvertrag des Ratsbündnisses ist zum Thema Versiegelung zB ein Entsiegelungskataster festgelegt.

Wir haben jetzt beim KHD-Gelände das erste Mal erlebt, dass die Stadt ihr Vorkaufsrecht wahrgenommen hat. Wie wichtig ist Ihnen, dass die Stadt selber weitere Grundstücke kauft und damit die Kontrolle über sie behält?

Flächenpolitik ist eine Hauptaufgabe des Liegenschaftsamts. Das Vorkaufsrecht hat der Rat beschlossen und ist ein Instrument, das wir jetzt genutzt haben. Wichtig ist, dass die Flächen auch entsprechend entwickelt werden können. Auch das Thema Erbpacht ist eines der Themen, dem ich mich als Liegenschaftsdezernent konkret widmen möchte.

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Das Ratsbündnis will Köln 2035 klimaneutral gestalten, der Klimarat hält das Ziel für sehr ehrgeizig, Umweltschützer würden die Dekarbonisierung gerne früher erreichen. Was halten Sie für realistisch?

Das Thema kann nicht länger aufgeschoben werden und wir müssen endlich konkret handeln. Wichtig ist für mich, dass wir für alle Beteiligten verbindliche und einheitliche Ziele festlegen. Der Klimarat hat unter den bisherigen Rahmenbedingungen Zwischenziele für 2030 und 2040 definiert. Der Rat der Stadt Köln hat mit großer Mehrheit das Ziel der Klimaneutralität bis 2035 beschlossen. Die Rahmenbedingungen ändern sich. Ein für mich sehr positives Beispiel ist die erreichte Einigung zwischen der Bürgerinitiative Klimawende und der RheinEnergie. Gut ist, dass wir es in der Mediation geschafft haben, zwischen Rhein-Energie und Bürgerinitiative Klimawende ein Ziel festzulegen, das ehrgeiziger war, als was die Rhein-Energie sich zuvor gegeben hatte. Statt 2040 will sie nun in Strom und Wärmeerzeugung bis 2035 klimaneutral sein. Das ist ein maßgeblicher Schritt, um bei der Dekarbonisierung voranzukommen. Das kann Vorbild für andere Akteure sein. Als zukünftiger Vorsitzender des Klimarats will ich diese Diskussion vorantrieben. Ich weiß, dass sich zum Beispiel auch die Wohnungswirtschaft intensiv mit dem Thema Klimaschutz beschäftigt. Ich möchte eine möglichst große Allianz in der Sache erzielen, um unsere ambitionierten Ziele zu erreichen.

Die Rhein-Energie will auch bis 2035 klimaneutral werden. Kann das gelingen?

Aus den Gesprächen nehme ich mit, dass das Thema von Seiten der RheinEnergie sehr ernsthaft angegangen wird. Die Klimawende wollte ursprünglich mehr, aber auch die RheinEnergie musste sich ganz schön strecken. Am Ende haben wir ein Eckpunktepapier entwickelt, aus dem die Verwaltung nun eine Ratsvorlage macht. Das Ziel ist ambitioniert, aber realistisch, auch wenn es noch Unwägbarkeiten in den Rahmenbedingungen gibt, zum Beispiel beim technologischen Fortschritt.

Macht der Einstieg von Eon bei der Rhein-Energie die Umsetzung von Klimaschutz leichter oder schwieriger?

Dass sich die Rhein-Energie mit der Bürgerinitiative Klimawende in einem aufwändigen Mediationsverfahren an einen Tisch setzt, zeigt die Ernsthaftigkeit der Bemühungen aller Beteiligten.

Ein wichtiger Baustein ist, Photovoltaik auszubauen. Bislang hat die Stadt nur 1,4 Prozent der möglichen Solarflächen genutzt. Müsste die Kommune nicht ein Zeichen setzen und die Dächer städtischer Gebäude schnell mit Solaranlagen versehen?

Ja. Wir müssen das Potenzial, dass wir in der Photovoltaik haben, heben. Wenn wir unsere Ziele erreichen wollen, müssen wir stadtweit pro Jahr etwa 15.000 Dächer mit PV-Anlagen bestücken. Wir wollen die städtischen Dächer umrüsten, aber wir wollen auch Privateigentümer dazu bringen, das gleiche zu tun. Daher sind wir mit der IHK, der Handwerkskammer und der Rhein-Energie im Gespräch. Das Dezernat hat im Haushalt ein Finanzvolumen von 20 Millionen Euro erhalten, um entsprechende Förderprogramme auf den Weg zu bringen. Privateigentümer sollen Anreize bekommen, mitzumachen. Klar ist aber, es müssen auch Förderprogramme von Land und Bund greifen.

Köln hinkt bei der E-Mobilität hinterher. Bis 2040 sollen 12.000 Ladepunkte geschaffen werden, derzeit sind es gerade einmal 200. Warum geht das so langsam?

Das ist ein Bereich, den ich als Klimadezernent forcieren möchte. Es stimmt, dass wir schneller werden müssen. Da sind aber viele Dinge im Detail zu klären, vielleicht können die internen Abstimmungsprozesse unter den Beteiligten beschleunigen. Aber es ist richtig, dass viele andere Städte schon weiter sind.

Welchen Stellenwert messen Sie der Windenergie auf Kölner Stadtgebiet zu?

Wir werden das Thema Regenerative Energien ganz intensiv betrachten und dazu gehört auch die Windenergie. Zunächst wollen wir dem Rat vorschlagen, die bestehenden Windenergie-Konzentrationszonen aufzuheben und neue Flächen zu identifizieren.

Wie wollen Sie Bürgerinnen und Bürgern Einschnitte vermitteln, die der größere Umweltschutz etwa beim Thema Auto nach sich ziehen kann?

Ich will als Vermittler und Kommunikator unter meinen Kollegen und den Bürgerinnen und Bürgern auftreten. Wie gesagt: ich möchte eine größtmögliche Allianz in der Sache! Es werden nicht immer alle Menschen von alle Projekten erfreut sein, aber die dramatischen Ereignisse der letzten Wochen zeigen leider wieder sehr deutlich, dass wir handeln müssen. Ich glaube aber, dass da schon eine viel größere Bereitschaft in der Bevölkerung als vor einigen Jahren entstanden ist.

Gibt Ihnen das neue Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt Rückenwind?

Es gibt im Bündnis das klare Bekenntnis, dass wir mehr tun müssen. Auch der eben genannte Ratsbeschluss mit dem Ziel der der Klimaneutralität bis 2035 zeigt ein parteiübergreifendes Verständnis im Kölner Rat. Das stimmt mich optimistisch. Aber ich weiß sehr wohl, dass die Knackpunkte kommen, wenn es um einzelne Inhalte geht.