Kölsch am BüdchenWeniger Club-Einnahmen durch Kiosk-Konkurrenz?
Köln – Macht das Bier vom Kiosk die Clubkultur kaputt? Der beliebte Club King Georg am Ebertplatz schließt im Februar. Fehlende Umsätze, die die Betreiber im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ unter anderem der Konkurrenz durch die nahen Kioske zuschrieben, haben den Ausschlag gegeben. Auch andere Musikkneipen fürchten über kurz oder lang ein ähnliches Schicksal.
Vier Clubs und drei Kioske an einer Kreuzung: Im Bermudadreieck an der Luxemburger Straße ist die Konkurrenz nicht zu übersehen. Martin Scheferhoff kommt gerade von nebenan, die Packung mit halbschwarzem Tabak in der Hand. Er betreibt das Stereo Wonderland. Eine Tür weiter ist ein Kiosk. „Wir verstehen uns gut. Die Fassade haben wir für die mitgestaltet“, sagt er. Er erzählt aber auch, dass er einen Türsteher engagieren musste. Nicht wegen der aggressiven Gäste, sondern, um einige von ihnen davon abzuhalten, das beim Kiosk gekaufte Bier durch das Fenster in seine Kneipe zu schmuggeln. Ja, auch er sagt, das sei ein Problem, aber nichts Neues.
Rauchverbot hat Probleme verschärft
Das Rauchverbot dürfte es verschärft haben. Ein Wirt, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, erläutert: Wenn die Gäste zum Rauchen den Club verlassen, geht in fast jeder größeren Runde einer in der Zwischenzeit zum Kiosk und holt Bier für alle. „Auch das gut situierte Publikum bei unserem Poetry-Slam macht das“, sagt der Wirt. Der Preis könne dabei kaum eine Rolle spielen.
Zwischen 1,60 und 1,80 Euro kostet das Kölsch an der Theke der meisten Clubs. „Wir leben vom Umsatz, nicht von den Bands“, sagt Stefan Büttner vom MTC auf der Zülpicher Straße. Mit seinem Bruder betreibt er über dem Kellerclub auch die Kneipe im Erdgeschoss. Nebenan: ein Kiosk. „Ich kann nicht verstehen, warum die das Bier so raus hauen dürfen“, sagt Büttner. Auch andere Clubbetreiber kritisieren, dass für ihre Betriebe zahlreiche Vorgaben gelten, die von den Kiosken unterlaufen werden – nicht zuletzt zum Leidwesen der Anwohner.
Handlungsbedarf für die Stadtverwaltung?
„Man kann den Leuten doch nicht vorschreiben, wo sie ihr Bier kaufen,“ sagt Jagjit Pasemann, der in seinem Kiosk nur wenige Schritte entfernt steht. Er hat am Wochenende bis spät in die Nacht offen. Reich wird er damit nicht. 30 bis 40 Cent verdiene er an der rund 6,50 Euro teuren Zigarettenpackung. Das sei tagsüber das Hauptgeschäft. Von den Vorschlägen, den Alkoholverkauf oder die Öffnungszeiten für Kioske zu beschränken, hält er nichts. „Das wäre mein Verlust“, sagt er. Miete, Lohn, Rechnungen – das würde für ihn und seine Familie nicht mehr funktionieren.
Scheferhoff vom Stereo Wonderland glaubt zudem nicht, dass sich das Problem auf diese Weise lösen lasse. Er spricht von einer Entscheidung des Publikums, eine Abstimmung mit den Füßen. Das Wetter spiele eine Rolle, sagt Büttner, der Trend, sich draußen zu amüsieren, das veränderte Freizeitverhalten. „Da geht keiner mehr in den Keller“, sagt er. Vielleicht liegt es auch an der Vernetzung in den sogenannten sozialen Netzwerken, die eine Stammkneipe für spontane Treffen überflüssig machen.
Rettende Idee fehlt
Fest steht: Die rettende Idee fehlt. Mindestverzehr sei nicht zu vermitteln. Andere versuchen, ihren Gästen den Wiedereinlass zu verwehren, wenn sie einmal draußen waren. Auf Lounge oder Restaurant umzuschwenken – für die meisten der altgedienten Clubbetreiber ist das schwer vorstellbar.
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Jan van Weegen, Vorsitzender der Interessenvereinigung Klubkomm, sieht ebenfalls keine Lösung in Verboten, die ohnehin auf Landesebene verankert werden müssten. Eine Förderung aus dem städtischen Haushalt für die technische Ausstattung gibt es zwar. Für einen Barbetrieb lässt sich das aber sicher schwer rechtfertigen. Und auch Van Weegen sieht das Problem vor allem in einer gewissen „Nachlässigkeit in der Haltung“ des Publikum. Vielen sei schlicht nicht klar, wie sehr sie dem Geschäftsmodell der Veranstalter schaden. Denen bleibe letztlich nur der Appell an die Gäste, die Getränke dort zu verzehren, wo man auch die Musik hören möchte. Als Konsequenz drohe sonst, dass es weniger solcher Orte geben wird. „Der Kiosk-Mann wird aber die Band, die ich gerne sehen möchte, sicher nicht nach Köln holen“, sagt er.