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Kritik vom MietervereinKöln verliert bis 2033 mehr als die Hälfte seiner Sozialwohnungen

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14.06.2022, Köln: Kölner Masterplan zur nachhaltigen Bekämpfung von Wohnungslosigkeit. Blick von oben auf das Kunibertsviertel. Foto: Arton Krasniqi

14.06.2022, Köln: Kölner Masterplan zur nachhaltigen Bekämpfung von Wohnungslosigkeit. Blick von oben auf das Kunibertsviertel. Foto: Arton Krasniqi

Die Situation auf dem Kölner Wohnungsmarkt ist dramatisch, kritisiert der Mieterverein. Wie viel bezahlbarer Wohnraum fehlt - und warum die Grundsteuerreform die Lage verschlechtert.

Die Situation auf dem Kölner Wohnungsmarkt ist weiterhin dramatisch. So fasst der Mieterverein das vergangene Jahr zusammen und kritisiert die Stadt Köln scharf: Ohne ein entschiedenes Eingreifen würden langfristig gravierende Folgen für die Stadt und ihre Bewohner drohen. Besonders die Grundsteuerreform ist dem Mieterverein, der 70.000 Haushalte vertritt, ein Dorn im Auge. „Mieter dürfen nicht weiter durch Fehlentscheidungen bei der Grundsteuer belastet werden“, sagt Vorstand Franz-Xaver Corneth.

Damit meint er vor allem die Entscheidung der Stadt, den Grundsteuer-Hebesatz für Wohngrundstücke und Gewerbeimmobilien einheitlich zu gestalten. Die Stadt Köln weist auf Anfrage darauf hin, dass „insbesondere das hohe Rechtsrisiko einer Differenzierung maßgeblich für den Verwaltungsvorschlag und letztlich auch die Ratsentscheidung war“. Der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein hält dagegen: „Andere Kommunen machen das. Die Stadt Köln macht das nicht, weil das arbeitsintensiv ist. Ein einfacher Hebesatz lässt sich leichter berechnen als die differenzierte Variante“, sagt Hauptgeschäftsführer Thomas Tewes. Von der Stadt Köln heißt es, dass die überwiegende Anzahl der Kommunen die Einschätzung der Stadt teile – und dass man technisch auch eine Differenzierung hätte umsetzen könnte.

Nur 6,5 Prozent der Wohnungen sind öffentlich gefördert

Was bei den Mieter- und Eigentümerfürsprechern bleibt, ist das Bild einer Stadtverwaltung, die „zu nichts kommt“, wie es Corneth vom Mieterverein ausdrückt. Seit 22 Jahren sitzt er im Vorstand des Vereins, verfolgt die Planung genau und rechnet der Stadt regelmäßig deren Versäumnisse vor. „Wenn die Bauprojekte in Kreuzfeld, Porz-Wahn, Rondorf und im Deutzer Hafen endlich mal vorangehen würden, hätten wir 22.000 Wohnungen mehr“, sagt er.

Die Realität ist jedoch: In Köln fehlt bezahlbarer Wohnraum. Vor allem öffentlich geförderte Wohnungen werden immer weniger. Anfang der 1990er-Jahre seien noch mehr als 20 Prozent aller Wohnungen in Köln öffentlich gefördert gewesen, so der Mieterverein. Insgesamt gibt es laut aktuellem Wohnungsmarktbericht für Köln Ende 2025 noch 37.580 Wohnungen mit gebundenen Mieten. Das sind gerade einmal 6,5 Prozent des gesamten Bestandes. Dabei wäre fast die Hälfte der Kölnerinnen und Kölner berechtigt, diese vergünstigten Wohnungen zu mieten.

Ziele werden regelmäßig verfehlt

Ein Bündnis aus Wohnungswirtschaft und der Stadt Köln hatte sich zum Ziel gesetzt, jedes Jahr 1000 neue, öffentlich geförderte Wohnungen zu schaffen. „Das wurde regelmäßig verfehlt. Doch selbst wenn dieses Ziel erreicht würde, wäre es nicht ausreichend, um überhaupt den Status Quo zu halten“, sagt Corneth. 2025 fallen 4548 Wohnungen aus der öffentlichen Bindung, bis 2033 werden es 22.500 sein. „Das bedeutet, dass Köln die Hälfte seiner verbliebenen Sozialwohnungen verlieren wird“, sagt Corneth.

Das Hans-Böckler-Institut hatte 2018 errechnet, dass in Köln 86.000 bezahlbare Wohnungen fehlen. Als bezahlbar bewerten Wissenschaftler eine Wohnung, deren Miete weniger als 30 Prozent des monatlichen Haushaltseinkommens beträgt. Alles, was darüber hinausgeht, gilt als unangemessen hoch. Im Schnitt wohnen 1,87 Menschen in einer Wohnung – somit fehlt es an bezahlbarem Wohnraum für knapp 161.000 Menschen. „Die würde ungefähr der Bevölkerung des gesamten Bezirks Ehrenfeld entsprechen plus der Veedel Nippes und Riehl“, rechnet der Mieterverein vor.