„Kunst ist dafür da, um Diskurse auszulösen”Kölner Verein fördert ungewöhnliche Ideen
Köln-Ehrenfeld – An der Ecke der Vogelsanger Straße zur Hospeltstraße liegt das Seybold-Gelände. Benannt ist das vier Hektar große Areal nach der gleichnamigen Kartonagenfabrik, die hier einst ebenso beheimatet war wie die Maschinenfabrik Hermann Kolb. Inzwischen aber sind die Industriebetriebe gewichen. Zurückgeblieben sind einige Gebäude der Seybold-Fabrik, die heute vielfältig genutzt werden.
Neben Wohnungen beherbergen sie nämlich auch Büro- und Ateliergemeinschaften kreativer Ehrenfelder: „Hier leben und arbeiten ganz unterschiedliche Menschen”, sagt Iren Tonoian vom Kunstverein Artrmx, „es ist eine sehr angenehme, alte Ehrenfelder-Mischung.”
180 Quadratmeter große Halle für Kunst in Köln
Der Artrmx e.V. ist ein gemeinnütziger, ehrenamtlicher Kunstverein, der seit knapp zehn Jahren in den Räumen der ehemaligen Kartonagenfabrik zuhause ist. In einer 180 Quadratmeter großen Halle betreibt er das Atelierzentrum Ehrenfeld, in dem sich Künstlerinnen und Künstler unterschiedlicher Bereiche zu einer Gemeinschaft zusammengeschlossen haben: In elf Atelierräumen arbeiten derzeit rund 20 Kunstschaffende „mit- und nebeneinander”, wie Mitbegründerin Iren Tonoian erzählt: „Wir wollen zeitgenössische Kunst und ungewöhnliche Ideen fördern - dabei geht es auch darum, nicht unbedingt markttaugliche Konzepte voran zu bringen.”
Gegründet hat sich der Artrmx e.V. bereits 2006, als Iren Tonoian und ihre Mitstreiter zum Großteil noch studierten oder gerade ins Berufsleben starteten: „Wir waren schon immer kunstbegeistert und wollten unsere Leidenschaft in eine nützliche Beschäftigung überführen”, erklärt Tonoian, die den Verein zusammen mit Margrit Miebach leitet. Tonoian selbst ist keine bildende Künstlerin. Stattdessen kümmert sich die studierte Medienwissenschaftlerin, Germanistin und Slawistin um die Organisation und Kuration von Ausstellungen.
Diese finden in der Regel direkt im Atelierzentrum statt - schließlich weist die alte Fabrik genug Fläche für Veranstaltungen auf und kann dabei selbst durch ihre rustikale Ästhetik bestechen: Die hohen Decken und die zahlreichen Dachfenster sorgen für ideale Lichtverhältnisse, das Holzgebälk der ehemaligen Fabrik ist Blickfang und Erinnerung an das alte Ehrenfeld zugleich: „Die Halle kann auch von anderen Kulturschaffenden für Events gemietet werden”, erzählt Iren Tonoian, „aber das hat unter der Pandemie natürlich arg gelitten.”
Kölner Verein ist federführend bei Cityleaks
Überhaupt seien die letzten Jahre keine leichten gewesen - für die Kulturszene im Allgemeinen, wie auch für den Artrmx e.V. im Einzelnen: „Gleichzeitig ist es umso wichtiger, dass Kunst und Kultur jetzt nicht schweigen”, sagt Tonoian, die mit den anderen Vereinsmitgliedern weiter an tragfähigen Ausstellungskonzepten arbeitet. Schließlich sind Räume für die kreative und künstlerische Entfaltung ohnehin rar geworden - in Ehrenfeld, in Köln, aber auch in vielen anderen Städten.
Deswegen will der Artrmx e.V. auch unter erschwerten Bedingungen für eine vielfältige Kulturszene im Veedel einstehen: „Wenn sich die Situation entspannt hat, wollen wir auch wieder ein Ort der Begegnung und des Austauschs werden. Nicht nur für Kulturschaffende, sondern auch für die Menschen in der Nachbarschaft”, so Tonoian. Um Austausch und Anteilnahme geht es dem Artrmx e.V. auch beim CityLeaks Festival, das der Verein seit 2011 auf die Beine stellt. Gegenstand des Festivals ist dabei stets die Frage, wie der öffentliche Raum genutzt und gestaltet werden soll: „Kunst ist dafür da, um Diskurse auszulösen und die Menschen in ein Gespräch zu bringen”, sagt Iren Tonoian, „und das ist auch unser Anliegen als Ehrenfelder Kunstort.”