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Ladendiebstahl auf RekordniveauWo in Köln am häufigsten geklaut wird – und was die Täter am liebsten mitnehmen

Lesezeit 3 Minuten
Security-Mitarbeiter im Supermarkt eines Discounters

Viele Supermärkte werden inzwischen von Sicherheitspersonal bewacht, vor allem in den Abendstunden.

Die Polizei zählte 27 Prozent mehr Diebstähle als im Vorjahr, aber das Dunkelfeld ist enorm.

Die Einzelhändler in Köln haben ein zunehmendes Problem mit Ladendiebstahl. Fast 40 Taten pro Werktag sind im Vorjahr bei der Polizei angezeigt worden, insgesamt 11.600 – ein rekordverdächtiger Wert. Das sind 27 Prozent mehr als im Jahr 2022 und auch deutlich mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019; damals waren es 9100 Taten. Besonders drastisch fiel der Anstieg laut Kriminalstatistik in Geschäften in der Innenstadt, in Ehrenfeld und in Kalk aus.

Aber auch in allen übrigen Kölner Polizeiinspektionen sind die Zahlen gestiegen, teilweise auf den höchsten Wert seit zehn Jahren. Die meisten Diebstähle wurden in der Innenstadt angezeigt. Eine Polizeisprecherin führt das auf Anfrage vor allem auf die Citylage zurück mit Schildergasse, Hohe Straße und Ehrenstraße. Im Bereich der Polizeiinspektion 3 in Ehrenfeld wurden die meisten Taten auf der Venloer Straße bekannt, in Kalk unter anderem in den Köln-Arcaden.

Schaden durch Ladendiebstahl beträgt bundesweit vier Milliarden Euro

Welchen finanziellen Schaden Ladendiebe voriges Jahr in Köln angerichtet haben, ist unklar. Einer aktuellen Studie des Handelsforschungsinstituts EHI Retail Institute e.V. mit Sitz in Köln zufolge betrug der bundesweite Gesamtschaden durch Ladendiebstahl im Vorjahr 4,1 Milliarden Euro.

Nach Einschätzung der befragten Unternehmen sind auf Ladendiebstähle durch Kundschaft rund 2,8 Milliarden Euro zurückzuführen. Den eigenen Angestellten werden Verluste in Höhe von 910 Millionen Euro angelastet, dem Personal von Lieferanten und Servicefirmen 370 Millionen Euro. Statistisch gesehen entfalle damit auf jeden oder jede Deutsche jährlich ein Warenwert von 34 Euro, der nicht bezahlt werde.

Laut EHI ist dies allerdings nur die absolute Spitze des Eisbergs, denn den Wissenschaftlern zufolge werden gerade mal weniger als zwei Prozent der Ladendiebstähle angezeigt. Der Rest bleibt in der Regel unentdeckt. Ein weiterer Grund für diese geringe Zahl sei eine gewisse „Anzeigemüdigkeit“ aufgrund mangelnder Strafverfolgung und effektiver Bestrafung der Täter, schreiben die Autoren der Studie. Auf den Punkt gebracht bedeutet das, dass deutschlandweit jährlich etwa 24 Millionen Ladendiebstähle im Wert von je 117 Euro unentdeckt blieben.

Köln: Begehrt sind Lebensmittel, Videospiele und Kosmetik

Besonders begehrt bei den Tätern seien im Lebensmittelhandel Alkohol und Tabak, in Modegeschäften hochwertige Kleidung sowie Sonnenbrillen, Tücher, Schals und Gürtel, in Technikläden Speichermedien, Konsolen- und Videospiele und in Baumärkten vor allem akkubetriebene Maschinen. Auch Kosmetik sowie Fleisch- und Wurstwaren wurden häufig gestohlen.

Ein Grund für die vermehrten Diebstähle sei die zuletzt starke Preisentwicklung bei vielen Produkten, sagt der Leiter der EHI-Studie, Frank Horst. „Dadurch sind einige Menschen in finanzielle Nöte geraten und haben häufiger geklaut.“ Ein weiteres Problem sei der Fachkräftemangel im Einzelhandel. Dadurch hätten Diebe leichteres Spiel.

Vor zehn Jahren seien „99 Prozent der Diebstähle von Drogensüchtigen verübt worden“, sagte zum Beispiel der Leiter eines Mülheimer Supermarktes dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor einer Weile. Im Laufe der Jahre habe sich das Bild gewandelt. Inzwischen überführten seine Detektive und die Überwachungskameras Rentner und Kinder, Väter und Mütter, für die Kinder Schmiere stünden, Menschen am sozialen Rand, auch Mittelständler.

Natürlich lasse sich an Diebstählen in Supermärkten ablesen, wie es um eine Gesellschaft bestellt sei, ergänzt ein erfahrener Kölner Ladendetektiv, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Je ärmer die Menschen, desto mehr wird gestohlen. Das war immer so und wird so bleiben.“ Daneben bereitet dem Einzelhandel und der Polizei aber auch eine wachsende Zahl an Profibanden Sorge, die Diebstähle professionell und in großem Stil begehen.

Angesichts des hohen Dunkelfeldes von geschätzt 98 Prozent aller Ladendiebstähle sind Rückschlüsse auf die Täter und Täterinnen zwar mit großer Vorsicht zu behandeln. Aber immerhin das ist bekannt: Unter den ermittelten Beschuldigten im Vorjahr waren 60 Prozent Männer. Der Ausländeranteil war mit 46,4 Prozent (Vorjahr 43,4 Prozent) laut den EHI-Forschern fast viermal so hoch wie der entsprechende Bevölkerungsanteil von rund zwölf Prozent.