AboAbonnieren

ARD-KultserieRund 200 Leute demonstrieren in Köln gegen Absetzung der „Lindenstraße“

Lesezeit 3 Minuten
Demo Lindenstraße 2

Rund 200 Menschen haben in Köln gegen die Absetzung der Serie „Lindenstraße“ demonstriert.

Köln – Am Ende liegen sich die Fans walzertanzend in den Armen. Die Titelmelodie der Lindenstraße schallt aus den Lautsprechern am Roncalliplatz, Menschen schwingen im Schatten des Doms bunte Protestplakate zum Silvestertanz, der in der Serie eigentlich Tradition hat. „Aber sogar den haben uns die Verantwortlichen in diesem Jahr gestrichen“, ruft Mitorganisator Jörg Flöttl, der eigens aus Bayern angereist ist, mit zitternder Stimme ins Mikrofon.

„Lindenstraße forever“ steht auf dem blauen T-Shirt, das er übergezogen hat. Rund 300 Teilnehmer aus ganz Deutschland demonstrierten schlussendlich gegen die Absetzung der ARD-Kultserie – und doch wird ihr Protest am Ende wohl wenig Wirkung zeigen.

WDR-Zentrale nur wenige Meter entfernt

Nur wenige hundert Meter ist das Gebäude des WDR, der die Lindenstraße produziert, entfernt von der Menschenmenge, dem lauten Jubel der Fans für die Serie, den Buhrufen gegen den Sender, den blauen Spruchbändern, den bunten Plakaten. „Kein Sonntag ohne Lindenstraße“ und „Kult kennt keine Quote“, steht in Großbuchstaben auf ihnen, um die Wut gegen die Entscheidung der Programmverantwortlichen zu transportieren, die viele der Menschen hier im Bauch haben.

Im November hatte die ARD entschieden, die Lindenstraße nach 30 Jahren abzusetzen – schuld sollen die in den vergangenen Jahren zurückgegangenen Einschaltquoten sein.

Veranstalter rechnete mit mindestens 500 Teilnehmer

„Wenn die jetzt aus dem Fenster schauen, dann sehen die vielleicht mal, wie wichtig uns die Serie ist“, sagt der Kölner Mitorganisator Marcel Schenk auf der Bühne. Dabei hatten die Veranstalter im Vorfeld mit mindestens 500, wenn nicht mit über 1000 Teilnehmern gerechnet.

„Dafür, dass keine Prominenten da sind, sondern wirklich nur Fans, finde ich es für die allererste Demonstration aber wirklich super“, sagte Schenk später am Rande der Demonstration im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Keine Schauspieler auf der Demo

Im Vorfeld hatten sich die Organisatoren bewusst dagegen entschieden, Schauspieler der Serie in die Demonstration einzubeziehen – denn die Fans wollten zeigen, dass gerade sie es sind, die mit der Absetzung nicht einverstanden sind. Und eins ist bei der Demonstration offensichtlich: Für die Menschen hier wirkt die Absetzung der Serie durch die ARD-Programmverantwortlichen noch immer wie ein schlechter Scherz, unverständlich, unwirklich.

„Auch mir ist sie Familiending, ich sehe sie sonntäglich, und schmeißt der WDR sie hin, dann fehlte sie unsäglich“, verliest die Karlsruher Autorin Ruth Lingenfelser auf der Bühne ein Gedicht, das sie eigens für den Anlass verfasst hat. Tosender Applaus im Publikum brandet auf, die Menschen schwingen mit ihren Plakaten, ein Kind ruft: „Lindenstraße muss bleiben“.

„Als ich von der Absetzung hörte, dachte ich, es sei der 1. April, ich konnte es einfach nicht fassen“, berichtet Lingenfelser danach. Mancher hier hält die Absetzung gar für eine „Zensur“, wie SPD-Landtagsabgeordneter Frank Börner, der auf der Bühne davon spricht, wie er schon als Komparse bei der Lindenstraße mitspielen durfte. So wie er hoffen fast alle hier, dass ihr Protest Wirkung zeigen könne, die ARD auf den Druck der Fans wirklich noch einlenken könnte.

Kaum jemand hat mit der Serie abgeschlossen

Nur die wenigsten haben mit der Serie schon abgeschlossen. „Wir respektieren sehr, dass die treuesten Fans für die Lindenstraße sogar auf die Straße gehen“, erklärte der WDR auf Nachfrage dieser Zeitung am Samstag. „Die Fernsehprogrammkonferenz der ARD hatte sich dennoch mehrheitlich gegen eine Verlängerung des Produktionsvertrages ausgesprochen und es ist auszuschließen, dass dies revidiert wird.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Und doch: Die Fans wollen und werden weitermachen. Die Organisatoren planen zwei weitere Demonstrationen in Köln und München – und rechnen dann sogar mit mehr Demonstranten als bei der ersten Auflage am Wochenende, trotz oder vielleicht sogar wegen der bitteren Perspektive der Kultserie, deren letzte Folge Ende März 2020 über die Bildschirme flimmern soll.