Händler in Köln-SülzBei „Coco“ gibt’s jetzt Kleines für die Großen
Köln-Sülz – Gerade hat eine 90-jährige Dame ein altes Transistorradio gekauft – ganz einfach, weil sie es besser bedienen kann als moderne Geräte. Saskia Wichelhaus staunt über den pragmatischen Kauf. Eigentlich war es für Vintage-Liebhaber als Deko-Objekt vorgesehen. Aber der Kundenkreis und die Ansprüche von „Coco“ haben sich geändert, seitdem er kein Kinderladen mehr ist.
Wichelhaus freut sich über Neukunden, bedauert aber den schnellen Verlust des Radios. Schließlich ist die Liebe zu den alten Möbelstücken ganz frisch. Erst einige Zeit haben sie eine Daseinsberechtigung im Warenangebot, genauso bunt gemusterte Yogamatten und -Hosen, große Damentaschen aus indischen Saristoffen, Grünpflanzen und Hängetöpfe dafür, Vorratsdosen und Geschirr, das in allen Farben schimmert. Secondhand-Kleidung für Erwachsene hängt noch am Ständer in der Mitte. Nur wenige Artikel für die lieben Kleinen sind im Laden noch zu finden, ein bisschen Wäsche der Marke Petit Bateau und einige Geschenkartikel.
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Für Wichelhaus ist es ein großer Abschied. Vor knapp 18 Jahren hat sie „Coco der Kinderladen“ im Weyertal eröffnet. Nach einem Jahr zog sie in das größere Ladenlokal an der Euskirchener Straße, Ecke Sülzgürtel, nahm auch immer mehr Accessoires und neue Kindermode ins Sortiment und avancierte zur festen Anlaufstelle für Eltern im Viertel. Doch während die Zahl der jungen Mütter und Väter in Sülz steigt, trennt sie sich nun von ihrem ehemaligen Hauptgeschäftszweig, nicht trotz, sondern eher wegen des Babybooms im Kölner Westen.
Eine Wagenladung Kinderklamotten
„Wir werden der Kinder-Secondhand-Klamotten einfach nicht mehr Herr“, erzählt Wichelhaus. Sie war schon immer eine Geschäftsfrau mit Haltung. Sie machte keinen Unterschied zwischen teuren und günstigen Marken, zwischen Socken und Winterjacken, zwischen einer Tasche mit zwei Shirts und der Wagenladung Kinderklamotten. Sie möchte niemanden abweisen. In den vergangenen Jahren geriet sie aber mit dieser Geschäftsstrategie an eine Grenze.
„Mein Partner Michael Grauel musste kürzlich dreimal mit dem Bus fahren, um bei einer Mutter gebrauchte Kinderklamotten abzuholen“, erzählt sie. „Und eine andere Frau brachte mir zwölf Winterjacken in der gleichen Größe.“ Kaufen die Menschen zu viel? „Ganz klar, ja“, antwortet Wichelhaus. Dabei sei es dann ja gut, dass die Sachen wiederverkauft würden und so in dem Kreislauf blieben.
Doch statt auf dem Müll landeten sie bisher oft bei Wichelhaus. „Ich habe hier gut ausgebildete Mitarbeiter, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als Kinderklamotten bügeln, sie nach Größen zu sortieren und zu stapeln.“ Das Lager quelle über – und mit Secondhand-Kinderklamotten verdiene man für den Aufwand einfach nicht genügend Geld.
Das Umsatteln auf Neuware war keine Alternative. Auch das sei in der Kindermodebranche schwierig. „Es fehlen einfach Marken im mittleren Preissegment“, erzählt Wichelhaus. Michael Grauel ergänzt: „Die kleinen Labels, deren Produkte wir hatten, gibt es mittlerweile zu einem großen Teil nicht mehr. Sie wurden von großen Marken geschluckt.“ Es handele sich um eine ähnliche Entwicklung wie in der Lebensmittelbranche.
Bei den Kinderklamotten steht dann oft noch das Label des kleinen feinen Herstellers darauf, aber in Wahrheit sind es alles Produkte des gleichen Massenfabrikanten. Oft würden Kunden das an der gesunkenen Qualität bemerken.
Bei den großen Herstellern müsse man eine ganze Menge an Kleidung in verschiedenen Größen abnehmen. „Die könnten Sie in dem relativ kleinen Geschäft gar nicht lagern“, so Wichelhaus.
Aber 18 Jahre sind eben auch das passende Alter, um neue Schritte zu gehen. „Wir sind mit unseren kleinen Kunden erwachsen geworden“, sagt Saskia Wichelhaus. Es gibt jetzt nicht mehr große Mengen für die Kleinen, sondern eher Kleinigkeiten für die Großen.