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FassadenspaziergangBewachsene Häuser in Köln-Sülz sorgen für besseres Klima

Lesezeit 3 Minuten

Neben dem blauregengeschmückten Haus mit der Nummer 51 in der Palanterstraße ist das Nachbarhaus mit wildem Wein überwuchert, der anders als der Blauregen, ohne weitere Hilfe die Fassade hochklettert.

Sülz – Eine Kletterpartie. Dafür sind nicht nur manche Menschen zu haben, sondern auch zahlreiche Pflanzen. An Häuserfassaden ranken sie sich in die Höhe, verleihen ihnen einen grünen Mantel und manchmal auch ein Blütenkleid, so wie der Blauregen, der an der Palanterstraße das Haus mit der Nummer 49 schmückt.

Ulla Theisling von der Nachbarschaftsinitiative Sülz und Ludwig Arentz, Mitglied des Stiftungsrats und Mitbegründer der Bürgerstiftung Köln, präsentieren das schmucke Fassadengrün sowie andere bewucherte Häuserwände und -dächer mit einem neuen Format namens „Fassadenspaziergänge“, die sie durch Sülz anbieten. Sie haben dafür einen Grund: Die Teilnehmer sollen sich für die grünen Fassaden und Dächer im Viertel begeistern und dadurch dazu inspiriert werden, selbst ihr Haus zu begrünen oder bei dessen Eigentümer um Erlaubnis zu bitten, dies zu tun.

Am Haus an der Marsiliusstraße 11 befindet sich im Hof ein wild bewuchertes grünes Dach, als ein Anreiz für die Zukunft. Noch sind begrünte Häuserdächer eine Seltenheit in Köln. Arentz wünscht möglichst viele davon in der Stadt. Theisling ergänzt: „Wichtig ist, dass möglichst viele Menschen ihre Häuser begrünen. Für jeden ist es ein kleiner Beitrag, aber je mehr es tun, um so größer ist die Wirkung.“ Das, was in der Marsiliusstraße 11 zu sehen sei, begeistere als wunderbar intensive Begrünung“, lobt Arenz. „Und man merkt, dass die Luft hier dadurch kühler ist, wenn man den Hof betritt.“

Das Engagement hat einen ernsten Hintergrund, wie Arentz, der selbst lange im Umwelt- und Verbraucherschutzamt tätig war, erläutert: „Es geht darum, die Stadt an den Klimawandel anzupassen, damit die steigenden Temperaturen, die ohne Zweifel auf uns zukommen, keine gesundheitlichen Probleme bei den Menschen verursachen“, betont er.

Bewachsene Hausfassaden kühlen

Denn die grünen Fassaden und Dächer kühlen die Luft in den Städten. „Die Pflanzen geben das Wasser durch die Spaltöffnungen ab“, erläutert Arentz. „Für die Verdunstung brauchen sie Energie, die sie sich aus der Umgebung holen. Dadurch sinken dort die Temperaturen.“ Auch vor der starken Sonneneinstrahlung in den heißen Sommern schützt das Fassadengrün. Die Temperaturen im Hausinneren bleiben niedriger.

An der Marsiliusstraße 53 wachsen Blauregen und Knöterich. „Das sind schon ältere Pflanzen, die wieder zurückgeschnitten wurden“, so Arentz. Dadurch ist die Rankhilfe direkt auf der Fassade sichtbar, ein gutes Beispiel für eine professionelle Lösung. „Wichtig ist, dass die Pflanzen am Anfang gut gegossen werden und gut anwachsen. Dann entwickeln sich die Wurzeln von selbst ins Erdreich und nehmen Grundwasser auf.“ Wo es keinen Vorgarten gibt, können in Absprache mit der Stadt – wenn möglich – Platten aus dem Gehweg entfernt werden, damit die Gärtner Zugang zum Erdreich finden. 

Besonders effektiv sind laut Arentz begrünte Dächer. „In der Regel erfordert intensive Dachbegrünung, dass dort zunächst eine Bodenschicht angelegt wird“, sagt der Experte. „Wenn Regen fällt, bleibt das Wasser im Boden und verschwindet nicht durch die Regenrinne im Kanal. Wenn es dann heiß wird, verdunstet es und kühlt die Umgebung“, so Arentz.

Ein weiterer Vorteil: „Ein grünes Dach heizt sich wesentlich weniger auf, als wenn das grüne Dachpfannen oder Beton- oder Teerpappenflächen sind“, erläutert er. „Gerade über den letztgenannten Flächen bilden sich gerne Hitzeinseln.“ Eine Dachbegrünung mindert hingegen die Aufheizung und ist daher für das Stadtklima sehr wichtig.

Ein bunter Strauß befindet sich an der Hausfassade Gustavstraße 42. Dort blühen eine Kletterhortensie und eine Kletterrose, die Rankhilfen benötigen. „Die Kletterhortensie ist mehr oder minder ganzjährig schön grün“, sagt Ludwig Arentz von der Bürgerstiftung. Neben ihr wächst wilder Wein, der hingegen die Blätter im Herbst verliert, was laut Arentz auch einen Vorteil hat: „Im Sommer heizt sich das begrünte Haus nicht so auf. Im Winter möchte man die Solarwärme aber ins Gemäuer lassen, da ist es hilfreich, dass der wilde Wein entlaubt ist.“ Auch Efeu wuchert hier, der wie Wein auch ohne Hilfe rankt.

Deswegen unterstützt auch die Stadt mittlerweile die Begrünung: Über das Programm Grün hoch 3 fördert sie die Begrünung von Dach- und Fassadenflächen sowie die Wiederbegrünung von versiegelten Flächen durch finanzielle Zuschüsse. Die Pflege des Grüns ist dann allerdings alleinige Sache des Hauseigentümers.

Fassadenpflanzen brauchen regelmäßig Pflege

Wenn die Pflanzen eine gewisse Größe erreicht haben und über den Dachvorsprung wachsen, müssen sie regelmäßig beigeschnitten werden, was Kosten verursacht. Mit 1000 Euro müssen sie laut Ludwig Arentz für einen Schnitt mit Hebebühne und Personal rechnen.

Dafür sparen sich Hausbewohner die Klimaanlage, außerdem sehen die begrünten Fassaden schön aus – so wie an der Palanterstraße 51.

Neben dem blauregengeschmückten Haus mit der Nummer 51 in der Palanterstraße ist das Nachbarhaus mit wildem Wein überwuchert, der anders als der Blauregen, ohne weitere Hilfe die Fassade hochklettert. Das Ergebnis ist sehenswert und hat sich über Jahrzehnte entwickelt: „Das sind Begrünungen, die sind von der Stadt   entweder in den 80ern oder Anfang der 90er Jahre gefördert worden“, kommentiert Ludwig Arentz von der Bürgerstiftung. Das Haus 49 ist ein Paradebeispiel dafür, wie schön das Grün Altbaufassaden ergänzen kann. Allerdings ist laut Arentz auch jede andere Häuserwand für diese Art  der Bepflanzung geeignet. 

Infos zum Thema und zu weiteren Aktivitäten gibt es bei der Nachbarschaftsinitiative Sülz.