Kölner Künstler-EhepaarAusstellung in der Kunsthalle Lindenthal
Lindenthal – Schwer zu sagen, warum Malerei bezaubert. Aber dass sie bezaubert, steht allemal fest. Wer allerdings einen Beweis braucht, ist in der Kunsthalle Lindenthal am richtigen Ort. Dort zeigen Matthias und Sigrun Brock in einer gemeinsamen Ausstellung, wie gemalte Farben mit einem einzigen Blick unsere seelische Verfassung bestimmen können. Ein sanft gebläuter Himmel zum Beispiel, und das schwebende Gewicht der erdigen Landschaft darunter. Oder mit Schwung gemalte Bäume, die, vom Wind durchweht, nicht nur das Gesetz der Geschmeidigkeit, sondern auch das der Verwurzelung erkennen lassen. Im Gesicht einer Frau fallen Ruhe und Traurigkeit auf berührende Weise malerisch zusammen. Und das Bild von Brot, Käse und einem Messer auf einer Tischplatte lassen wie beiläufig das Gefühl für die Poesie und tiefere Bedeutung der Dinge aufscheinen. Sigrun Brock führt uns die Schönheit und das Geheimnis von Naturlandschaften mit ebenso bewegten wie sanften, ebenso leuchtenden wie verhaltenen Aquarellfarben vor Augen. Matthias Brock macht uns die Schönheit des Menschen und der Dinge in fein gemalten Ölgemälden sichtbar, deren Präzision nie die Vagheit des Lebens aus dem Gespür verliert. Beide Künstler, die als Paar seit langem in Köln leben, lernten sich während des Studiums an der Kunstakademie in Münster kennen. „Wir waren die einzigen, die immer da waren und an unseren Bildern arbeiteten,“ sagt Sigrun Brock, die im Jahr 1964 in Hildesheim geboren wurde. „Und seitdem zeigen wir einander nicht nur, was wir gemalt haben, sondern diskutieren es auch kritisch,“ ergänzt der im Jahr 1962 in Bielefeld geborene Matthias Brock.
Die Leidenschaft und Ernsthaftigkeit im Umgang mit der Kunst ist ihnen ebenso gemeinsam wie die realistische Grundlage ihrer Malerei. Matthias Brock folgt in einer nahezu altmodisch anmutenden Malweise ganz der Tradition der alten Meister, malt barocke Stillleben und klassische Aktdarstellungen, als wolle er unmissverständlich klarstellen, dass es das Altmodische in der Malerei nicht gibt. Rembrandt van Rijn und Albert Marquet sind seine künstlerischen Leitbilder, was die Lebendigkeit des Pinselstriches und die Materialität der Farbkraft anbelangt. Auch Sigrun Brock nennt Marquet neben Gabriele Münter als ihren malerischen Orientierungspunkt, wenngleich die Beziehung zu ihrem Großvater, einem in Hamburger lebenden impressionistischen Maler, mehr als alles andere ihre künstlerische Entwicklung beeinflusste. „Malen war seit der Kindheit das Selbstverständlichste für mich,“ erklärt sie. Der Großvater Albert Feser brachte ihr auch bei, mit Papier, Pinsel und Farben direkt in die Natur hinauszugehen, und das bei jedem Wetter. Und das macht sie bis heute so.
Ihre Wolken, Bäume und Seen entstehen mitten in der Landschaft. Windzüge und Wolkenschatten, Sonnenleuchten und Wellenzittern gehen direkt in die Pinselbewegungen hinein. Malerische Aufregung und Besänftigung, realistische, impressionistische und expressionistische Elemente wechseln in ihren Bildern so wie die täglichen Wechselfälle des Wetters. Wenngleich Matthias Brock bisweilen Fotografien zu Hilfe nimmt, um sich an die Gestalten von Körpern und Gegenständen zu erinnern, zieht er gleichfalls das Malen vor dem Modell oder dem Arrangement der Gegenstände auf der Tischplatte vor. „Es kommt auf feine Nuancen an der Oberfläche an,“ weiß er. Allein für das Malen des Buches mit dem sanftgrünen Umschlag in einem Stillleben hat er weit mehr als eine Woche gebraucht. Die Dauer des Malprozesses bestimmt ebenso sehr den Charakter seiner Gemälde wie die Wahl seiner Motive.
Mit schnellen Blicken ist die Erfahrung nicht zu erfassen, die ihm wesentlich ist. In jedem einzelnen Bild geht es um die Materialität und Körperlichkeit unseres Lebens, um die Achtsamkeit für scheinbar banale Kleinigkeiten und um das letztlich unzugängliche Geheimnis unserer Existenz. Anders gesagt: In der Malerei von Matthias und Sigrun Brock geht es immer ums Ganze. Das kommt in einem aufgeschnittenen Kürbis ebenso zum Ausdruck wie in der vereisten Wasserfläche eines Weihers. So folgen sie dem Anspruch Paul Cezannes, einem der Begründer der künstlerischen Moderne vor mehr als hundert Jahren: Die Menschen mit einem gemalten Apfel in Erstaunen zu versetzen.
Brock-Art ist in der Kunsthalle Lindenthal im Bezirksrathaus Lindenthal Aachener Straße 220 zu sehen, geöffnet täglich von 16 bis 19 Uhr bis 16.12.
Matthias Brock über die Anfänge an der Kunstakademie Münster