Das „Pesche Hüsje“ ist bedroht, da es von einem Neubau überschattet werden könnte. Jetzt hat sich die Politik eingeschaltet und will das Ortsbild wahren.
Aufregung um OrtsbildPolitiker sorgen sich um das „Pesche Hüsje“ in Müngersdorf – Neubau geplant
Das Fachwerkhaus an der Belvederestraße 39 ist winzig, aber ein Hingucker. Es erinnert an die Zeit als Müngersdorf noch ein echtes Dorf war, erzählt seine Geschichte und prägt seinen Standort, den alten Ortskern. Das „Pesche Hüsje“ wurde Mitte des 16. bis Anfang des 17. Jahrhunderts erbaut und zählt somit zu den ältesten Häusern Kölns. Benannt ist es nach einem ehemaligen Bewohner: dem Bahnwärter des Bahnhofs Belvedere Hermann Pesch, der dort mit seiner Frau Anna-Maria und ihren 14 Kindern wohnte. Das Denkmal ist nun bedroht.
Bauherr hat Ausnahmegenehmigung für Neubau in Müngersdorf beantragt
Ein Bauherr möchte auf dem Nachbargrundstück an der Belvedere Straße 41 und Herrigergasse 2 ein Backsteingebäude abreißen und einen Neubau errichten. Dieser wird das Pesche Hüsje wohl deutlich überragen. Weil die Erhaltungssatzung Müngersdorf aber bereits seit langer Zeit das dörfliche Erscheinungsbild des Viertels schützt, hat der Bauherr eine Ausnahmegenehmigung von der Satzung beantragt. Das war vor sieben Monaten.
Die Bezirksvertretung Lindenthal erfuhr durch Zufall von dem Vorhaben. Sie reagiert mit Empörung – und einem Dringlichkeitsbeschluss, mit dem sie eine längst getroffene Entscheidung noch einmal ausdrücklich bekräftigt: Bereits im Dezember 2021 hatte sie beschlossen, dass die Stadtverwaltung die Bezirksvertretung bei allen Bauvorhaben im Geltungsbereich der Erhaltungssatzung Müngersdorf frühzeitig informieren und einbinden soll.
Genehmigung aus der Vergangenheit sorgt immer noch für Diskussionen
Ohne diese Beteiligung soll die Verwaltung keine Ausnahmegenehmigung von der Erhaltungssatzung und keine Baugenehmigung erteilen. Auslöser für den damaligen Beschluss war ein anderes Bauvorhaben im Ortskern von Müngersdorf: Die Stadtverwaltung hatte einem Bauherrn erlaubt, ein zweistöckiges Häuschen am Lövenicher Weg 2 abzureißen und es durch einen vierstöckigen Neubau mit Mansardendach zu ersetzen.
Das abgebrochene Gebäude gehörte ebenfalls zu den ältesten Wohnhäusern in Müngersdorf, war allerdings wegen baulicher Veränderungen, die ein ehemaliger Eigentümer vorgenommen hatte, nicht mehr denkmalgeschützt. Dennoch prägte das Häuschen in prominenter Lage am Lövenicher Weg/ Ecke Belvedere Straße das dörfliche Erscheinungsbild des Viertelskerns. Damals waren die Bezirkspolitik, der Bürgerverein Müngersdorf und die Müngersdorfer Bürger auch der Meinung, dass der Abbruch und Neubau gegen die Erhaltungssatzung verstießen. Doch ihr Einwand kam zu spät.
Kölner Stadtverwaltung prüft geplanten Abbruch in Müngersdorf
Die Verwaltung hatte das anders bewertet und die Baugenehmigung bereits erteilt. Zuletzt hielten Bürger Mahnwachen vor dem Häuschen ab und stellten Kerzen auf. Dennoch wurde es abgerissen. Nun steht ein weiterer Eingriff in den Ortskern an – ohne, dass die Stadtverwaltung die Bezirkspolitik eingebunden hat. Der Müngersdorfer Bezirkspolitiker Roland Schüler schildert die Situation: „Der von dem Neubau betroffene Eigentümer konnte gerade erst nach vielen Versuchen Akteneinsicht bekommen. Der Bürgerverein Müngersdorf hat selbst mehrfach an die Stadtverwaltung und den Baudezernenten geschrieben. Er hat auch keine Antworten erhalten.“
Die Stadtverwaltung bestätigt, dass ein Baugenehmigungsverfahren für das Grundstück läuft: „Es liegt ein Abbruchantrag erhaltenswerter Bausubstanz vor. Eine Entscheidung über eine Zustimmung wurde bislang nicht getroffen“, schreibt eine Sprecherin der Verwaltung. „Sobald nachvollziehbare und stichhaltige Gründe für eine Beseitigung vorliegen, wird die Bezirksvertretung informiert.“
Das ist aus Sicht der Bezirkspolitik nicht nur zu spät, sondern berücksichtigt auch nicht, dass das Bauvorhaben Auswirkungen auf das Ortsbild hat: „Der Bauherr hat den Antrag gestellt, für den Neubau das Backsteinhaus Belvedere Straße 41 abzureißen“, kommentiert Roland Schüler. Die Stadtverwaltung arbeite sich ausschließlich an der Frage ab, ob der Bau abgebrochen werden darf. Die wichtige Frage, welche Auswirkung die Höhe und Dimension des Neubaus auf das Denkmal „Pesche Hüsje“ hat, berücksichtige sie jedoch nicht.