Längerer Weg zum ArztNotdienstpraxen in Weiden und im Krankenhaus Weyertal schließen
Lindenthal/Weiden – Herzrasen, Atemnot, starke Schmerzen und andere akute gesundheitliche Probleme können so beunruhigend sein, dass die Betroffenen am liebsten sofort einen Arzt aufsuchen. Abends, nachts und an den Wochenenden übernehmen die ärztlichen Notdienste die Versorgung der akut erkrankten Menschen. Bislang konnten Patienten im äußersten Westen Kölns die Notdienst-Praxis an der Bunzlauer Straße ansteuern. Auch Pulheimer und Frechener Patienten wurden dort versorgt.
Seit dem 1. Januar ist das anders. Die Anwohner der westlichen Stadtviertel und Vororte müssen jetzt zur Uniklinik in Lindenthal kommen. Dort werden Patienten aus Weiden und Umkreis behandelt, aber auch diejenigen, die bislang zum Einzugsgebiet der Hausarzt-Praxis am Krankenhaus der Augustinerinnen in der Südstadt und am evangelischen Krankenhaus Weyertal in Lindenthal gehörten.
Bedingungen für Kölner Ärzte werden verbessert
Die drei Standorte sind nun an der Uniklinik in Lindenthal zusammengefasst. Insgesamt werden in Köln fünf von zehn Notdienstpraxen geschlossen. Zudem wird die Anzahl der diensthabenden Ärzte reduziert. Bislang waren außerhalb der Praxiszeiten rund um die Uhr jeweils ein Arzt und ein Sanitäter in der Notdienst-Praxis anwesend. Zusätzlich hatten jeweils ein weiterer Arzt und ein Sanitäter pro Praxis und Bezirk „Fahrdienst“.
Die Notfallpraxis an der Uniklinik macht nun spätestens um 24 Uhr zu, am Wochenende noch früher. In akuten Fällen steht den Kranken dann noch der Arzt im Fahrdienst zur Verfügung, der die Patienten zu Hause aufsucht. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) empfiehlt außerdem, außerhalb der Öffnungszeiten der Praxen zunächst den hausärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Rufnummer 116117 anzurufen. Er könne eine erste Einschätzung abgeben, wie dringend der jeweilige Fall ist und an welche Stelle Patienten sich wenden können.
Die KV Nordrhein begründet diese neue Strukturierung damit, dass die Bedingungen für die Kölner Ärzte und auch der Notdienst verbessert werden sollen. „Für die Konzentration des Notdienstes an der Uniklinik gibt es eine Reihe von Gründen“, sagt Jürgen Zastrow, Vorsitzender der KV-Kreisstelle Köln. „Die Notdienst-Praxen am Evangelischen Krankenhaus und am Krankenhaus der Augustinerinnen, die die Patienten bislang aufsuchen konnten, hatten nur an wenigen Wochentagen geöffnet“.
In Weiden sei die Praxis lediglich in gewerblichen Räumen untergebracht und nicht an ein Krankenhaus angeschlossen gewesen. „An der Uniklinik haben die Patienten jetzt eine Anlaufstelle, die täglich geöffnet ist, und wo Ärzte schwerwiegende Notfälle direkt an die nahen Fachkliniken weiterleiten können.“
„60 Prozent der Patienten in den Notfallambulanzen gehören dort nicht hin“
Ein weiterer wichtiger Grund sei die Überlastung der Ambulanz der Uniklinik gewesen, die bislang noch keine hausärztliche Notdienstpraxis besaß. Die Mediziner der Klinik hätten zusätzlich zu ihren stationären Patienten eine Vielzahl ambulanter Notfälle versorgen müssen. „Ziel der Neustrukturierung ist es deshalb auch, das medizinische Personal der Uniklinik von Bagatell-Fällen zu entlasten und den Patienten schneller eine bedarfsgerechte Behandlung zukommen zu lassen“, betont Zastrow. „60 Prozent der Patienten in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser gehören dort gar nicht hin“.
Die Ärzte des Krankenhauses der Augustinerinnen, deren hausärztliche Notfallpraxis geschlossen wird, kritisieren allerdings deren Verlagerung an die Uniklinik. „Es ergibt keinen Sinn, eine Klinik zu entlasten, aber an anderen Krankenhäusern die Situation zu verschlechtern“, kommentiert Assistenzärztin Dina Siebrasse.
Den hausärztlichen Notdienst am Krankenhaus der Augustinerinnen würden viele Patienten mit Husten, Schnupfen und Heiserkeit aufsuchen. Diese würden nun sicherlich nicht zur Uniklinik fahren. „Solche Patienten kommen künftig alle in unsere Notfallambulanz“, vermutet Siebrasse. „Dort sitzen die Patienten mit grippalen Infekten aber bereits jetzt fünf Stunden und müssen warten, weil alle ernsteren Fälle vorgehen.“
Längere Anfahrtswege und Wartezeiten für Patienten
Auch Haus- und Fachärzte kritisieren die Neustrukturierung heftig. „Wir sind gesetzlich verpflichtet, auch außerhalb der Öffnungszeiten unserer Praxen eine notdienstärztliche Versorgung unserer Patienten rund um die Uhr sicherzustellen“, schildert Claudia Dambowy, Hausärztin in Weiden. „Deswegen und damit wir an 365 Tagen im Jahr für Patienten im Notdienst eine effiziente medizinische Versorgung gewährleisten können, haben wir vor Jahren die Notdienstpraxen gegründet. Die Kosten tragen wir selbst und legen sie auf alle Ärzte um.“
Die KV würde nun dieses gar nicht von ihr errichtete und finanzierte System neu gliedern. Die viel größeren Einzugsgebiete bedeuteten für die Patienten längere Anfahrtswege und Wartezeiten, weil ein Arzt für eine viel größere Anzahl von Patienten zuständig sei. „Ich glaube nicht, dass Menschen aus Weiden, Frechen oder Pulheim, die nachts oder am Wochenende einen Arzt benötigen, in die Uniklinik nach Lindenthal fahren“, betont die Ärztin. Sie würden vermutlich eher die Notfallambulanzen der nächstliegenden Kliniken aufsuchen.
„Die Ambulanzen der Krankenhäuser sind jetzt aber bereits völlig überlastet“, sagt Dambowy. Dass der Sitzdienst während der Nacht gestrichen werde, habe zur Konsequenz, dass ein Arzt oder eine Ärztin allein nachts sämtliche Notfälle versorgen müsse und zwar in einem deutlich vergrößerten Einzugsgebiet, wo die Mediziner viel weitere Strecken zurücklegen müssten. „Das ist überhaupt nicht zu schaffen“, bemängelt Dambowy. Ihre Kollegin, Hausärztin Beata Lachowsky, schließt sich der Kritik an. „Das ist vor allem für die Patienten miserabel“, kommentiert sie. Man erschwere den Menschen den Zugang zur notärztlichen Versorgung.
Notdienstpraxis
- Notdienstpraxis an der Uni, Gebäude 43, Joseph-Stelzmann-Straße 24, 50937 Köln
- Patienten können den ambulanten Notdienst montags, dienstags, und donnerstags von 18 bis 24 Uhr, mittwochs und freitags von 13 bis 23 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen von 9 bis 21 Uhr aufsuchen.
- Hausärztlicher Bereitschaftsdienst, Telefon: 11 61 17
- Dina Siebrasse, Ärztin am Krankenhaus der Augustinerinnen
- Jürgen Zastrow, Kassenärztliche Vereinigung