In der Hummelsbergstraße schmücken Nachbarn die Vorgärten mit Tausenden Lichterketten. Warum es keinen Glühwein-Verkauf mehr gibt, erklärt der Initiator.
Zurück zu altem GlanzDie Kölner Weihnachtsstraße in Sülz leuchtet wieder
Die Lämpchen sind wieder an. 10.000 an der Zahl. Sie stecken an Büschen, Sträuchern und Hecken. Die „Weihnachtsstraße“ wird dieses Jahr ihrem Namen wieder gerecht – wenn auch nicht ganz so, wie in der Vergangenheit: Die Vollbeleuchtung mit einem ganzen Lichtermeer war in der Hummelsbergstraße während der Adventszeit Normalzustand – seit Reinhard Priebs Mitte der 80er-Jahre mit zwei Nachbarn die ersten paar Hundert Birnchen am Straßengrün anbrachte. Aus der Aktion wurde Tradition, die Straße jedes Jahr heller beleuchtet.
„Zuletzt haben wir die Sträucher und Bäume mit 30.000 Lämpchen bestückt“, erzählt Priebs. Ein Team von 30 Leuten war jeweils im Einsatz, mit mehreren Hubwagen. Jeden Sonntag gab es gegen Spende einen Glühwein für die Nachbarn. Doch weil die „Weihnachtsstraße“ mittlerweile Köln-weit für Furore sorgte, und Menschen aus der ganzen Stadt zum Glühweitrinken in die 125 Meter kurze Sackgasse in der Nähe der Luxemburger Straße pilgerten, wuchs die Besucherzahl. „Wir hatten einmal 500 Leute da“, erzählt Pries. „Ältere Nachbarn trauten sich nicht mehr aus dem Haus.“
Nachbarschaftliches Deko-Team in Köln-Sülz hat sich neu sortiert
Die gedimmte Version der Adventsbeleuchtung ist allerdings weniger der Tatsache geschuldet, dass die Nachbarn in der Hummelbergstraße zuletzt mit den Besucherströmen überfordert waren, als den zahlreichen Krisen: Zunächst sorgte das Coronavirus dafür, dass die Lichter ausblieben. Priebs schmückte nur ein kleines Bäumchen, um die Tradition aufrechtzuerhalten. Während die Menschen Abstand voneinander halten sollten, wollte er nicht verantworten, dass eine große Gruppe die Bäume schmückt und zahlreiche Besucher die Hummelsbergstraße bevölkerten.
Im Folgejahr ging das Licht kurz wieder an. Dann kamen der Ukrainekrieg und die Energiekrise. Tanja Decker, die ebenfalls seit Jahrzehnten zum Beleuchtungsteam gehört, erinnert sich, wie schwer den Anwohnern der Verzicht auf den Lichterglanz gefallen ist: „Wir hatten eine Krisensitzung und haben dann entschieden: Es kann ja nicht sein, dass alle Leute Energie sparen müssen, und wir beleuchten die ganze Straße.“
Doch in diesem Jahr sollte die Weihnachtsstraße endlich wieder in altem Glanz erstrahlen. Allerdings hatten sich mittlerweile die Bedingungen geändert: „Das feste Team aus 20 Leuten war über die Jahre auf vier geschrumpft“, erzählt Priebs. „Die Mitglieder waren zu alt geworden, weggezogen oder weggestorben.“ Die geschrumpfte Mannschaft konnte die Rundumbeleuchtung nicht mehr stemmen. Decker erläutert, welche Arbeit sie macht: „Wochen vorher testen wir immer alle Lampenketten, hängen sie auf Wäscheleinen auf und kontrollieren jedes Lämpchen.“
Zum Aufhängen bräuchten sie Leute, die bereit sind, drei bis vier Stunden oben auf dem Hubwagen zu stehen und die hohen Tannen zu schmücken. Auch die Bäume sind dem Weihnachtsstraßenteam im Laufe der vergangenen Jahrzehnte über den Kopf gewachsen. Bei den meisten Tannen an der Hummelsbergstraße handelt es sich um „gerettete Weihnachtsbäume“. Die Findelbäume stammen aus den 80er-Jahren. Damals hatten ihre Besitzer sie nach dem Fest am Straßenrand entsorgt. An der Hummelsbergstraße nahm man sich ihrer an, gab ihnen in den Vorgärten ein neues Zuhause, schmückte sie mit Lichterketten und sah ihnen beim Wachsen zu.
Hummelsbergstraße in Köln-Sülz wurde mithilfe von Hubwagen geschmückt
So mussten die Ketten immer länger werden, die Fahrten mit dem Hubwagenaufzug in immer schwindelerregendere Höhen führen. Die Zahl der Mutigen, die dazu bereit waren, sank. Dann machten Stürme und Trockensommer einigen Bäumen den Garaus. In einem Jahr fiel sogar eine voll beleuchtete Tanne um und lag auf der angrenzenden Rennebergstraße. Das Viererteam hatte sich in diesem Jahr eine andere Herangehensweise überlegt: „Wir haben nicht alles selbst geschmückt, sondern den Nachbarn die dafür nötigen Materialien zur Verfügung gestellt und ihnen dabei geholfen“, so Priebs. Die Aktion war ein voller Erfolg. Fast alle Nachbarn waren dabei. Zumindest die Hecken und Sträucher sind wieder vollbeleuchtet. „Das macht Hoffnung auf mehr“, sagt Priebs.