Wohnprojekt in Köln-MüngersdorfPetershof soll ein kleines Dorf werden
Köln-Müngersdorf – Eine bunte Menschenmischung soll es sein. Die künftigen Bewohner des Petershofs sollen unterschiedlich alt sein, verschiedene Berufe ausüben, diverse Biografien mitbringen. Das ist ein wichtiger Punkt auf der Wunschliste, die die Projektgruppe „Machbarschaft Petershof“ den Besuchern ihrer Informationsveranstaltung auf dem Müngersdorfer Marktplatz präsentierte. Sie sucht weitere Verstärkung, andere Kölner, die mit ihr den alten Vierkanthof in Müngersdorf beziehen möchten.
Jahrelang stand er leer. Bis 2015 war noch eine Kindertagesstätte dort beheimatet. Sie musste schließlich aus dem maroden Gebäude ausziehen. Der im Jahr 1896 erbaute Hof ist marode, eine Sanierung dringend nötig. Daher hatte die Stadt Köln, die Eigentümerin der Hofanlage ist, Anfang 2018 interessierte Bürger zu Werkstätten eingeladen, in denen sie mit dem Planungsbüro Luchterhand ein Nutzungskonzept erarbeiteten.
Kindertagesstätte geplant
Es sieht vor, dass auf jeden Fall wieder eine Kita im Petershof beheimatet sein soll. Zusätzlich soll Wohnen und Arbeiten dort möglich sein, Gewerbe angesiedelt werden und ein Raum für öffentliche Nutzungen entstehen. Seitdem warteten die Müngersdorfer und die Lindenthaler Bezirkspolitik darauf, dass die erarbeiteten Ergebnisse endlich Gestalt annehmen. Jetzt hat die Stadt ein Konzeptvergabeverfahren eingeleitet – für die Bezirksvertretung Lindenthal und den Bürgerverein Müngersdorf, die die Bürgerwerkstatt und die Konzeptvergabe mit initiiert hatten, überraschend. Lediglich der Liegenschaftsausschuss wurde über die Ausschreibung informiert. Daher hat die Bezirksvertretung Lindenthal in ihrer vergangenen Sitzung beschlossen, dass aus jeder ihrer Fraktionen ein Vertreter oder eine Vertreterin in das Gremium gesendet wird, welches das überzeugendste Konzept der Vermarktung des Petershofs in Müngersdorf auswählt.
Nutzungskonzept soll bis Ende Juli vorgelegt werden
„Die BV Lindenthal hat die Bürgerwerkstatt und die Erarbeitung intensiv begleitet,“ heißt es in der Beschlussbegründung. Jedoch sei kein Liegenschaftspolitiker und keine Liegenschaftspolitikerin dabei gewesen. Bereits bis Ende Juli sollen Interessenten nun ihr Nutzungskonzept für den Petershof vorlegen. Den Zuschlag in Gestalt eines Erbbaurechts bekommt dann derjenige Interessent oder diejenige Interessentin, die eine Jury mit ihrem Konzept am meisten überzeugt. Bei der Bewertung spielen mehre Kriterien eine Rolle, die fest auf der Liste der Stadt Köln stehen: 50 von insgesamt 100 Punkten bekommt der Bewerber dafür, dass er sich an das von der Bürgerwerkstatt erarbeitete Ergebnis hält.
Danach soll die Hälfte des zur Verfügung stehenden Platzes von rund 3500 Quadratmetern zum Wohnen genutzt werden, und zwar auf der Seite der Hofanlage, wo sich auch das Herrenhaus befindet. Die Kita soll wieder einziehen. Weitere Gebäudeteile sollen für Gewerbe „publikumsbezogene Nutzungen“ zur Verfügung stehen, beispielsweise für einen Begegnungsraum, einen Hofladen sowie für einen Multifunktionsbereich für Kurse oder Nachbarschaftstreffen.Genau das möchte die Projektgruppe auch umsetzen. Ihr Vorhaben plant sie in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Schaller.
30 Prozent für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen
Es sind Menschen aus verschiedenen Kölner Stadtteilen, die im Petershof eine neue Heimat finden wollen. Für insgesamt 50 Menschen im Alter von einem Jahr bis 65 Jahren soll Wohnraum entstehen, und zwar in Form von Wohngemeinschaften, Wohnungen und Clusterwohneinheiten, also private Wohnbereiche, die durch einen Gemeinschaftsraum miteinander verbunden sind. Die Gruppe möchte ihr Projekt als Genossenschaft oder mit dem Miethäusersyndikat, das selbstorganisierte Hausprojekte unterstützt, umsetzen – ohne dass ein Investor eingeschaltet wird.
Das Vorgehen hat einen großen Vorteil für die künftigen Bewohner: Das Wohnen wird bezahlbar sein. Zum einen sollen nach den Vorgaben der Stadt 30 Prozent sozialer Wohnungsbau entstehen. Aber auch die Mieten der anderen Wohneinheiten sollen geringer sein als an anderen Orten: „Wir müssen nur die Kosten, die wir haben, umlegen“, erläutert Hannah Espin Grau von der Projektgruppe. „Wir möchten keinen Gewinn erzielen.“
Sanierung kostet 10 Millionen Euro
Allerdings müssen die Bewohner trotzdem erst einmal viel Geld investieren: Zehn Millionen Euro kostet die Sanierung. Für ein schlüssiges Konzept zu deren Finanzierung gibt es weitere 20 Punkte bei der Bewertung des Vorhabens seitens der Jury.Für die Finanzierung der hohen Summe möchte die Projektgruppe einen Kredit bei einer Alternativbank, wie der GLS oder Umweltbank, aufnehmen. Voraussetzung ist allerdings, dass sie einen Eigenanteil von 30 Prozent, also rund drei Millionen Euro aufbringen.
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Um an ausreichend Eigenkapital zu kommen, haben die Gruppenmitglieder eine Idee: Sie möchten bei Privatpersonen „Direktkredite“ aufnehmen. Der Vorteil für die Kreditgeber: Ihre Schuldner möchten ihnen bis zu anderthalb Prozent Zinsen zahlen und sind damit eine attraktive Alternative zu einem Guthaben bei einer gewöhnlichen Bank, wo die Kontoinhaber derzeit Negativzinsen zahlen müssen. Christian Frings von der Projektgruppe fasst das Angebot scherzhaft zusammen: „Wir haben die passende Therapie für Millionäre mit finanziellen Sorgen.“
Gespräche mit potenziellen Interessenten dauern an
Auch ein Bewirtschaftungskonzept, also eine Refinanzierung durch weitere Partner oder soziale Träger, die sich ebenfalls im Petershof ansiedeln sollen, wird nach den Vorgaben der Stadt mit 20 Punkten belohnt. Insoweit ist die Projektgruppe mit mehreren potenziellen Interessenten im Gespräch: „Wir haben einen Träger für die Kita gefunden“, sagt Espin Grau. „Die Müngersdorfer wünschen sich zudem eine Bäckerei oder einen Laden. Aber auch mit einem kleinen Verlag und Künstlern, die dort Ateliers betreiben wollen, verhandeln wir.“
Schließlich soll der jeweilige Bewerber mit dem Bürgerverein Müngersdorf kooperieren. Dafür gibt es weitere zehn Punkte. Und so waren einige Vereinsmitglieder bei der Präsentation auf dem Dorfplatz dabei – und von den Ideen der Gruppe sehr angetan. „Da es mehr als einen Interessenten gibt, sind wir aber natürlich neutral“, betont die stellvertretende Vorsitzende Antje Frings. „Wir sind einfach froh, dass es jetzt endlich losgeht.“