Luftverschmutzung„In Köln ist man einer ständigen Belastung ausgesetzt“
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Köln – Wenn Kinderarzt Christian Döring von No-Go-Areas spricht, meint er damit keine Orte, die durch ihre hohe Kriminalitätsquote auffällig geworden sind. Er spricht von Feinstaub-„Hotspots“, also von Bereichen, die durch einen besonders hohen Feinstaub-Anteil in der Luft belastet sind. Durch ein Gemisch aus Reifenabrieb, Dieselruß und Ozon entstehe ein „toxischer Cocktail“ – mit erheblichen Auswirkungen auf die Gesundheit.
„No-Go-Areas“, wie sie Döring beschreibt, gibt es auch in Köln – zumindest laut Radkomm, einem Verein, der sich zur Aufgabe gemacht hat, die Luftverschmutzung zu bekämpfen und „die Verkehrswende nach Köln zu bringen“. Eines der Gesichter hinter Radkomm ist Ralf Junker. Über mehrere Wochen hat er die Feinstaub-Belastung an verschiedenen Orten in der Stadt gemessen.
Eines der Messröhrchen trug er sogar ständig um den Hals. Sein Ergebnis: „In Köln ist man einer ständigen Belastung ausgesetzt“. Besonders betroffen seien der Clevische Ring und die Ecke Neusser Straße/Krefelder Wall. Dort beträgt der Anteil für die kleinsten Feinstaubpartikel 30 Mikrogramm pro Kubikmeter, der EU-Grenzwert liegt bei 20.
Seine Ergebnisse möchte Junker beim Kölner Fahrradwochenende am 17. und 18. Juni vorstellen. Rund 300 Besucher werden beim Kongress der Radkomm im Bürgerzentrum Ehrenfeld erwartet, darunter OB Henriette Reker. Es sei in der Vergangenheit viel informiert und kritisiert worden. Man wolle einen Raum schaffen, wo nicht nur geschimpft wird, sondern neue Ideen entwickelt werden.
Die Radkomm möchte am Wochenende vor allem auf die Luftverschmutzung aufmerksam machen – mit Workshops und Vorträgen, auch von Christian Döring. Sein Motto: „Aufklären ohne Panik zu machen“. Denn: Nicht jeder Feinstaub ist schlecht. Die Luft auf Nordney etwa enthält Salzpartikel, die die Atemwege reinigen. Schlechter Feinstaub ist durch Partikel mit rauer Oberfläche charakterisiert. Daran heften sich Schadstoffe, die dann über die Atemwege in den Körper gelangen. „Die feinsten Stäube sind die giftigsten“, so der Kinderarzt.
Stark belastete Gebiete in der Stadt sollten markiert werden
Sind sie erst einmal im Körper, verteilen sie sich in Niere, Herz, Lunge. „Und, was ich als Kinderarzt besonders beunruhigend finde, in den Mutterkuchen“. Das ziehe bei Schwangeren ein höheres Risiko für Frühgeburten oder Entwicklungsstörung nach sich. Die Situation in Köln sei schwierig. Daher wünscht er sich, dass stark belastete Gebiete in der Stadt markiert werden, um sie zu meiden.
„Unsere Stadt braucht mehr Radverkehr, um bessere Luft zu bekommen“, fordert auch Wolfgang Kissenbeck vom Verein zur Förderung der Kölner Fahrrad-Sternfahrt. Den Worten sollen am Fahrradwochenende Taten folgen: Tausende Teilnehmern werden erwartet, die aus neun Richtungen nach Köln radeln, um für bessere Radverkehrsbedingungen zu demonstrieren und ein Zeichen gegen Luftverschmutzung zu setzen.
Die Stadt beteiligt sich an bundesweiter Fahrrad-Kampagne mit Bürgerwettbewerb
Auch die Stadt möchte ein Zeichen für den Klimaschutz setzen und macht vom 17. Juni bis 7. Juli bei der bundesweiten Aktion „Stadtradeln“ mit. Die Kampagne ist als Wettbewerb aller teilnehmenden Kommunen angelegt. Teilnehmer melden sich in Teams auf der Internetseite von „Stadtradeln“ an und tragen ihre während des Aktionszeitraums zurückgelegten Kilometer in das System ein. Wer in Köln wohnt, arbeitet, einem Verein angehört oder eine (Hoch-) Schule besucht, sammelt so Kilometer für seine Stadt.
Im vergangenen Jahr erreichte Köln beim Wettbewerb den 14. Platz im bundesweiten Ranking. Rund 2300 Teilnehmer radelten damals eine Strecke von mehr als 500 000 Kilometer.
Organisiert wird „Stadtradeln“ in Köln als Gemeinschaftsprojekt der Koordinationsstelle Klimaschutz und des Teams des Fahrradbeauftragten. Ziel der Aktion ist es, Menschen dazu zu bewegen, drei Wochen lang vom Auto auf das Rad umzusteigen, umso CO2 zu sparen und das Bewusstsein für den Klimaschutz zu erhöhen.
Die Meldeplattform „Radar“ zeigt Gefahren im Radverkehr
„Beim Thema Klimaschutz spielt das Fahrrad in der Verkehrspolitik eine wichtige Rolle“, so Bürgermeister Andreas Wolter. Es gelte daher auch weiterhin den Zustand des Radverkehrs in Köln zu verbessern. Dabei helfen soll auch die Meldeplattform „Radar“: Im Internet oder per Handy-App können Radfahrer Gefahrenstellen im Radverkehr melden, die dann für andere Nutzer auf einer digitalen Karte angezeigt werden.
Die Meldungen werden zusätzlich an die Verwaltungsstelle gesendet – so soll die Verkehrssituation für Radfahrer in Köln kontinuierlich verbessert werden. „Radar“ wurde bereits im vergangenen Jahr beim „Stadtradeln“ getestet und soll auch in diesem Jahr wieder zum Einsatz kommen. Zukünftig sollen Kölner Radfahrer die Plattform dann auch außerhalb der Kampagne verwenden können. (pul)