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Cellitinnen fusionieren Mehr Betten als die Uniklinik – das ist Kölns neuer Klinik-Riese

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Der Eingangsbereich des Krankenhaus der Augustinerinnen „Severinsklösterchen“ in der Kölner Südstadt.

Hier werden „echte Kölsche“ geboren: das Krankenhaus der Augustinerinnen „Severinsklösterchen“.

Die beiden Cellitinnen-Stiftungen schließen sich zu einem medizinischen Verbund zusammen. Er wird zur Marktmacht in der Stadt.

Was für Uniklinik und städtische Kliniken derzeit auf Eis liegt, ist den beiden Stiftungen der Cellitinnen nun gelungen: Eine Krankenhaus-Fusion in Köln. Die Stiftung der Cellitinnen zur heiligen Maria und die Stiftung der Cellitinnen e.V. haben ihren Zusammenschluss verkündet. Sie werden den mit Abstand größten Klinikverbund Kölns bilden. Uniklinik und städtische Kliniken wollen sich nicht zu dem Vorhaben äußern, die Politik ist vom Zeitpunkt überrascht.

Die beiden Cellitinnen-Stiftungen betreiben in Köln acht Krankenhäuser: das Heilig Geist-Krankenhaus sowie das St. Franziskus-, St. Marien- und St. Vinzenz-Hospital, zudem das Krankenhaus der Augustinerinnen, das St. Antonius, St. Agatha und das St. Hildegardis. In diesen Häusern werden dann 2132 Betten zur Verfügung stehen. St. Agatha in Niehl wird jedoch ab kommendem Februar zur Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Alle anderen Abteilungen dort wie Chirurgie, Innere Medizin und Notaufnahme übernehmen andere Häuser.

Zum Vergleich: Die Uniklinik hat derzeit rund 1600, die drei städtischen Klinken insgesamt rund 1400 Betten. Überdies gibt es noch die kleine Kunibertsklinik, deren 13 Betten nicht zu den Krankenhausplanbetten der Cellitinnen gerechnet werden. Insgesamt gibt es in allen 23 Kölner Krankenhäusern verschiedener Träger laut Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen rund 7000 Betten.

Einrichtungen der Cellitinnen-Stiftungen haben 13.800 Mitarbeitende

Einrichtungen der Cellitinnen-Stiftungen haben 13.800 MitarbeitendeIn der Region unterhalten die Cellitinnen-Stiftungen noch weitere Krankenhäuser, zudem noch verschiedene Senioren- und Pflegeeinrichtungen, Wohn-, Arbeits- und Integrationsangebote, Rehabilitationskliniken und bieten Dienstleistungen im Gesundheitswesen an.

Die in beiden Stiftungen insgesamt rund 13.800 beschäftigten Mitarbeitenden wurden am Dienstagabend per Rundschreiben über die Fusion informiert. Künftig werden die Stiftungen unter dem gemeinschaftlichen Namen „Stiftung der Cellitinnen“ firmieren, der Hauptsitz wird das Cellitinnen-Haus neben dem Heilig-Geist-Krankenhaus in Longerich sein.

Die in beiden Stiftungen insgesamt rund 13.800 beschäftigten Mitarbeitenden wurden am Dienstagabend per Rundschreiben über die Fusion informiert. Künftig werden die Stiftungen unter dem gemeinschaftlichen Namen „Stiftung der Cellitinnen“ firmieren, der Hauptsitz wird das Cellitinnen-Haus neben dem Heilig-Geist-Krankenhaus in Longerich sein.Inwiefern die Fusion Auswirkungen auf die medizinischen Abteilungen haben wird, ob es also Schließungen und Bündelungen geben wird, ist unklar. Dafür müsse erst das Landesgesundheitsministerium die neue Krankenhausplanung abschließen, was im Laufe des Jahres 2024 der Fall sein soll, sagt Christoph Leiden, Sprecher der Cellitinnen zur heiligen Maria. In der Krankenhausplanung soll nicht mehr allein die Bettenanzahl entscheidend sein, sondern eine hochwertige Versorgung mit Spezialisierung und hohen Fallzahlen.

Führt Krankenhaus-Fusion zu schlechterer Grundversorgung?

Führt Krankenhaus-Fusion zu schlechterer Grundversorgung?Kritiker fürchten einen Verdrängungswettbewerb unter Krankenhäusern und eine schlechtere Grundversorgung. Die sieht Leiden weder jetzt noch künftig gefährdet, vielmehr sei die Fusion eine „Flucht nach vorn“, um auf alle Resultate der künftigen NRW-Krankenhausplanung vorbereitet zu sein. „Wir treten nicht an, um Schließungen voranzutreiben“, sagt Leiden. Die medizinische Versorgung, die in Köln durch seine Vielzahl an Krankenhäusern ohnehin sehr gut sei, bleibe erhalten.

Thomas Gäde (l.) und Dieter Kesper, Chefs der beiden Cellitinnen-Stiftungen.

Thomas Gäde (l.) und Dieter Kesper, Chefs der beiden Cellitinnen-Stiftungen.

„Wir haben vor, alle Abteilungen der Inneren Medizin und Chirurgie zu erhalten“, sagt Dieter Kesper, Vorstandsvorsitzender der Stiftung der Cellitinnen, der nun gemeinsam mit Thomas Gäde, Geschäftsführer der Cellitinnen zur heiligen Maria, den vereinigten Cellitinnen vorstehen wird. Laut Kesper werde es medizinische Schwerpunkte in den einzelnen Häusern geben, wobei die schon jetzt stark ausgebildeten Fachabteilungen bleiben und womöglich mit kleineren fachgleichen Abteilungen am bestehenden größeren Standort gebündelt werden.

„Wir haben vor, alle Abteilungen der Inneren Medizin und Chirurgie zu erhalten“, sagt Dieter Kesper, Vorstandsvorsitzender der Stiftung der Cellitinnen, der nun gemeinsam mit Thomas Gäde, Geschäftsführer der Cellitinnen zur heiligen Maria, den vereinigten Cellitinnen vorstehen wird. Laut Kesper werde es medizinische Schwerpunkte in den einzelnen Häusern geben, wobei die schon jetzt stark ausgebildeten Fachabteilungen bleiben und womöglich mit kleineren fachgleichen Abteilungen am bestehenden größeren Standort gebündelt werden.„Wir werden sicherstellen, dass man auch künftig für eine Behandlung nicht von Kölner Norden in den Kölner Süden fahren muss“, formuliert Kesper. Eine Novelle des Bundeskartellrechts hat den Zusammenschluss, den die Cellitinnen-Stiftungen schon seit 2016 anstreben, erst ermöglicht. Demnach können Krankenhäuser nun fusionieren, „wenn die medizinische Versorgung dadurch verbessert wird“, erläutert Leiden.

2018 hatte die Behörde die Vereinigung beanstandet, da „nach vorläufiger Beurteilung eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs auf den lokalen Krankenhausmärkten im linksrheinischen Köln“ zu erwarten sei. Die Mitarbeitenden sollten sich keine Sorgen machen, in die Arbeitslosigkeit zu rutschen, sagt Leiden. Angesichts der aktuell schwierigen Personalsituation in den Krankenhäusern und des anhaltenden Fachkräftemangels würden medizinische Kräfte überall händeringend gesucht. „Allein wir haben derzeit schon viele Stellen vakant“, sagt Leiden.

Die Cellitinnen werden zur Marktmacht
Ralf Unna, Aufsichtsratsvorsitzender der städtischen Kliniken

Für Uniklinik und die städtischen Kliniken ist der große Cellitinnen-Zusammenschluss eine gehörige Konkurrenz. Die Häuser können Verwaltungsstrukturen verschlanken und Doppelstrukturen im medizinischen Angebot vermeiden – und damit effizienter wirtschaften. Weder Uniklinik noch städtische Kliniken wollten sich auf Anfrage zu der Fusion äußern. Dafür aber Ralf Unna (Grüne), der Vorsitzender des Aussichtsrats der städtischen Klinken ist.

Die vereinigten Cellitinnen würden zur „Marktmacht“, die Uniklinik und städtische Kliniken unter Druck setzen werde, weil sie dann bald „wirtschaftlich und medizinisch im Vorteil sind.“ In dem Zusammenhang kritisiert Unna den aktuellen und ehemaligen Landesgesundheitsminister, weil sie sich in den vergangenen vier Jahren zu den Fusionsplänen von Uniklinik und städtischen Kliniken trotz Ratsauftrags noch nicht einmal geäußert hätten.

Zeitpunkt für Fusion der Uniklinik und städtischen Kliniken ist laut Unna abgelaufen

Auch im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen taucht das Vorhaben nicht mehr auf. „Damit verspielt das Land eine große Chance“, urteilt Unna. Und die Zeit dafür sei im Grunde abgelaufen, sagt er und zitiert Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die die Fusion als „tot“ bezeichnet hatte, wenn es nicht bis Ende des Jahres eine Einigung gebe. Die Fusion der Cellitinnen begrüßt Unna. Es sei richtig, hoch spezialisierte medizinische Schwerpunkt-Standorte zu haben, die routiniert auch schwierige Eingriffe in ihren jeweiligen Fachgebieten durchführen könnten.

Ein Krankenhaus, das alles anbiete, jedoch bestimmte Operationen nur sporadisch vornehme, könne diese Routine nicht haben. Deshalb würde die Qualität der medizinischen Versorgung durch derartige Zusammenschlüsse verbessert. CDU-Chef Bernd Petelkau äußert sich knapp und deutlich zurückhaltender: „Wir nehmen das zur Kenntnis und werden die weitere Entwicklung auch vor dem Hintergrund der kartellrechtlichen Bedenken und der damit verbundenen kritischen Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung und Arbeitsplätze in Köln weiter beobachten.“

Es darf nicht zu Schließung von Krankenhäusern kommen
SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Joisten

SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Joisten verweist auf den Druck, der derzeit auf dem gesamten Gesundheitssystem laste. „In dieser Situation muss die Sicherung der Gesundheitsversorgung in Köln an erster Stelle stehen. Den Zusammenschluss der Cellitinnen begrüßen wir, sofern dieser zu einer weiteren Verbesserung der medizinischen und pflegerischen Qualität des Krankenhausstandorts Köln beiträgt.“ Er dürfe aber „nicht zur Schließung von Krankenhäusern oder der Einschränkung in der medizinischen Versorgung der Kölner Bevölkerung führen.“

FDP hofft auf neue Impulse für Fusion von Uniklinik und städtischen Kliniken

„Gratulation an die Stiftungen der Cellitinnen, die sehr erfolgreich sind – anders als die städtischen Kliniken, die viele Millionen Euro versenken“, befand Ulrich Breite, Fraktionsgeschäftsführer der FDP. Die Cellitinnen seien jetzt in Köln „in der Poleposition“ der medizinischen Versorger. Breite hoffe, dass der Zusammenschluss auch der Fusion von Uniklinik und städtischen Kliniken einen neuen Impuls gebe.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken, Uschi Röhrig, war wie auch ihre Ratskollegen zunächst perplex, dass das Kartellamt der Vereinigung der Cellitinnen doch noch zugestimmt habe. Man müsse abwarten, inwiefern der Zusammenschluss Konkurrenz für die anderen Krankenhäuser darstelle. „Auch müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Cellitinnen-Stiftungen abgesichert sein“, Kündigungen dürfe es nicht geben und falls doch, müssten sie sozialverträglich vonstattengehen.