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Metropole Maidar CityKölner Architekt entwirft eine Metropole in der Mongolei

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Der Masterplan für Maidar City sieht vor, dass sich eigenständige Stadtteile zu einer Metropole zusammenfügen.

Köln – Musste es ausgerechnet die kälteste Hauptstadt der Welt sein? Es gibt angenehmere Arbeitsorte als Ulan Bator in der Mongolei, 1000 Meter über dem Meeresspiegel, eingebettet in die Hügellandschaft der Wüste Gobi, vom Smog der Kraftwerke und Kohleheizungen verpestet. Die Gegend, in der es in Oktobernächten schon mal zehn Grad minus werden kann, ist dem Architekten Stefan Schmitz ans Herz gewachsen. 6650 Kilometer östlich von Köln hat er die Aufgabe seines Lebens gefunden, die Planung einer neuen Stadt inmitten der Steppe. In Maidar City sollen einmal bis zu 300.000 Menschen wohnen, unter ökologischen Bedingungen, die weltweit vorbildlich sind.

„Wenn das so weiter geht, wird mich das mein ganzes Leben begleiten“, sagt der 60-Jährige in seinem Büro an der Cäcilienstraße und denkt dabei weit über die Pensionsgrenze hinaus. Seit Schmitz den Planungsauftrag vor zweieinhalb Jahren bekommen hat, sammelt er Freimeilen wie einst Außenminister Joschka Fischer. Einmal im Monat reist der zweifache Familienvater für mindestens eine Woche nach Ulan Bator. Zwei Zimmer in dem in die Jahre gekommenen Hotel Bayan Gol dienen seiner Firma RSAA als Niederlassung.

Die künftige Öko-Stadt wird 30 Kilometer südlich entstehen. Sie soll das neue geistige und kulturelle Zentrum der Mongolei werden. Die Regierung, sagt Schmitz, sei von dem Vorhaben dermaßen überzeugt, dass sie ihren Sitz von Ulan Bator nach Maidar City verlegen will.

Geist des Ortes erspürt

Den naheliegenden Vergleich mit Brasilia, einer ebenfalls auf dem Reißbrett entstandenen Stadt, hört Schmitz indes nicht so gern. Brasilia sei der Tropenlandschaft im zentralen Südamerika als Ganzes aufgedrückt worden. Maidar City hingegen soll so heranwachsen, als hätte es die Stadt schon immer gegeben – nur eben noch nicht in Stein gebaut.

Für die Menschen in der Mongolei spielen Naturreligionen ebenso wie der Buddhismus eine wichtige Rolle. Man habe ihm geraten, seine Arbeit damit zu beginnen, sich für mehrere Tage in die Steppe zu begeben, erinnert sich Schmitz. Sein Aufenthalt in der Natur, seine langen Wanderungen hätten ihm geholfen, den Geist des Ortes zu erspüren und in Gedanken die künftige Großstadt zu formen. Die ersten Skizzen habe er in einer traditionellen Jurte gefertigt. Es brauchte dann noch einige weitere Entwürfe, um die grobe Gestalt von Maidar City festzulegen.

Stadtplaner befassen sich nicht mit der Architektur einzelner Bauwerke, sondern mit der Bebauung insgesamt. Sie bestimmen die Lage von Wohngebieten, Geschäftsvierteln und Industrie; sie denken über den Verlauf von Straßen nach sowie über die Versorgung mit Energie und Wasser. Satellitenfotos von Maidar City werden einst erkennen lassen, wie der Ort gegliedert ist. Schmitz sieht vor, dass eigenständige Bezirke entstehen, die im Grunde keiner Erweiterung bedürfen; mit Schulen also, Krankenhäusern, Einkaufsstraßen, Bürovierteln, kulturellen Angeboten und Grünflächen. Hinzu kommen zentrale Einrichtungen wie Museen, ein Stadion, Vergnügungsstätten und eine Universität.

Öko-Siegel für die neue Großstadt

Ein Merkmal der Öko-Stadt: Fahrräder, Elektro-Autos und Bahnen genießen Vorrang. Das Trinkwasser wird aus Bergflüssen in Pflanzbeeten gefiltert und in einem See gespeichert. Der Strom stammt vorzugsweise aus Wind- und Sonnenenergie. Deutsche Umweltexperten, so das ehrgeizige Ziel, sollen Maidar City später mit dem Öko-Siegel adeln.

Schmitz war bis 2011 Vorsitzender des Bund Deutscher Architekten Köln. Von 2004 bis 2008 leitete er den städtischen Gestaltungsbeirat. Er hat den Umbau des Wiener Platzes geplant, ebenso die noch nicht eröffnete U-Bahnhaltestelle Kartäuserhof. In Montabaur im Westerwald wurde der ICE-Bahnhof nach seinen Vorstellungen hergerichtet. Wie kommt es zu dem gigantischen Auftrag in der Mongolei? Seine Tätigkeit in einer Reihe chinesischer Städte, seine Professur in Xuzhou und persönliche Kontakte nach Ulan Bator hätte ihm dazu verholfen, sagt Schmitz.

Anfangs hatte er eine Siedlung für 25.000 Bewohner entwerfen sollen, dann hätten sich die Dimensionen stetig vergrößert. Maidar City soll Ulan Bator entlasten, das den Zustrom der Nomaden nicht mehr bewältigen kann. „Die Stadt platzt aus allen Nähten, die Infrastruktur ist völlig überlastet“, sagt der Honorarkonsul der Mongolei, Heinrich Große-Sender, der die Planungen unterstützt.

Der erste Bezirk soll 2030 stehen

Die Mongolei verfolgt mit Maidar City noch ein weiteres Ziel: Die Regierung will, nach deutschem Vorbild, eine durch Gesetze geregelte Bauplanung schaffen. Ob inmitten der Wüste tatsächlich eine Musterstadt entstehen kann, dürfte maßgeblich vom Einfluss der künftigen Bauherren bestimmt werden. „Wir müssen eine Balance finden zwischen den Interessen der Investoren und den ökologischen Zielen“, weiß Schmitz.

Im Sommer wurde der Grundstein für das erste Gebäude gelegt. Bis 2030 soll der erste Bezirk für 90.000 Einwohner vollendet sein. Eine riesige Buddha-Statue, die derzeit mit Geldern einer Stiftung entsteht, soll den Mittelpunkt der neuen Stadt bilden. Mit einer Höhe von 54 Metern überragt sie sogar die Freiheitsstatue in New York.