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Engagement für LeseförderungDer „Bücherwurm“ in Köln-Holweide feiert sein 25-jähriges Jubiläum

Lesezeit 4 Minuten
Jutta Hetfleisch-Brandt in der Bibliothek „Bücherwurm“

Jutta Hetfleisch-Brandt hat in 25 Jahren Bibliothek „Bücherwurm“ viel erlebt und freut sich auf die kommenden Jahre.

25 Jahre gibt es den „Bücherwurm“ in Holweide und es hat sich in der Zeit viel verändert. Am Sonntag, 25. August, lädt das Team zur Jubiläumsfeier ein.

„Veränderung ist immer eine Chance“, sagt Jutta Hetfleisch-Brandt überzeugt. Sie ist Leiterin der Bücherei „Bücherwurm“ an der Versöhnungskirche in Holweide. Seit 25 Jahren verleiht sie vorwiegend Bücher für Kinder, veranstaltet Programme mit Kindergartengruppen und Schulklassen, feiert den jährlichen Vorlesetag und setzt sich für Sprach- und Leseförderung ein. Veränderungen haben sie und ihr ehrenamtliches Team in der Zeit etliche erlebt.

Angefangen hatte alles mit zehn Kisten Büchern, 15 Quadratmetern und drei Frauen. Die Pfarrbücherei der Gemeinde sollte damals geschlossen werden. Für die drei Mütter mit kleinen Kindern kam das nicht infrage. Also sagten sie dem Kirchenvorstand, dass sie die Bücherei übernehmen würden – ohne Vorerfahrung, aber mit einer Vision.

In einem Raum stehen Regale mit Büchern.

25 Jahre gibt es den „Bücherwurm“ in Holweide.

Sie wollten für die Menschen vor Ort da sein. Die, die an den Ort gebunden sind, weil sie noch nicht oder nicht mehr weit laufen können. Eine Bücherei für Kinder und ältere Menschen sollte es also werden. Für mehr sei auch gar kein Platz gewesen.

Köln-Holweide: Bücherwurm wird 25 Jahre alt

Der „Bücherwurm“ konnte in das freie Pfarrbüro ziehen. Dort packten sie die Bücher aus den Kisten und in die Regale. Schnell seien Kindergärten auf sie zugekommen, wollten in Gruppen vorbeikommen. „Dafür hatten wir keinen Platz“, erzählt Hetfleisch-Brandt, „also haben wir wieder Kisten gepackt und sind eben zu den Kindergärten gefahren.“

Geht nicht, gäbe es nicht. Das Vorlesen und gemeinsame Lesen sei zentral für Kinder, ist sie überzeugt. Aber es würde zu wenig vorgelesen, also übernimmt ihr Team das. Es ginge darum, die Kinder an Bücher zu gewöhnen und den Zugang zu schaffen.

Bücher mit Punkten markiert

Für alle Kinder soll der Zugang zum Lesen geschaffen werden – deswegen sind die Bücher mit farblichen Punkten für den Schwierigkeitsgrad markiert.

Die Bücherei ist deshalb komplett kostenlos. Bloß einen Ausweis müsse man für einen Euro kaufen, alles andere soll ohne Hürden zur Verfügung stehen. „Es kann nicht sein, dass der Zugang zu Bildung vom Geldbeutel abhängt, dann fallen gerade in Holweide 30 bis 40 Prozent raus“.

In der Zusammenarbeit mit Kindergärten und Schulen entstand auch das Programm „Bib Fit“, bei dem Kinder unter anderem lernen, wie eine Bibliothek funktioniert. Es seien die enge Zusammenarbeit, der Austausch mit den Kindern selbst, die Jutta Hetfleisch-Brandt antreiben. „Jedes Jahr gibt es mindestens eine Geschichte, die motiviert, immer und immer weiterzumachen“.

„Bücherwurm“ möchte für die Menschen vor Ort da sein

Sie erzählt mit leuchtenden Augen von Kindern, die über Wochen Vertrauen aufbauen und lauter, selbstbewusster werden. Kinder, die sich in Geschichten verlieren und davon in jeglicher Form inspiriert sind. Kinder, die nicht zugeben wollen, schlecht lesen zu können und im „Bücherwurm“ den Raum bekommen, das zu lesen, was sie können und wollen und nicht, was sie sollten.

In der Bücherei sind die Bücher deshalb mit Punkten markiert, die für bestimmte Schwierigkeiten unabhängig vom Alter stehen. „Es gibt zu viele Schubladen, die einschränken, dabei soll es doch einfach um Geschichten gehen“.

Und Geschichten können auch nur mit Bildern erzählt werden. So gibt es auch Bücher im Bücherwurm, die keinen Text haben. „Damit können wir zum Beispiel auch Sprachbarrieren überbrücken“, sagt Hetfleisch-Brandt begeistert.

Es kann nicht sein, dass der Zugang zu Bildung vom Geldbeutel abhängt
Jutta Hetfleisch-Brandt

Fünf Jahre nach Eröffnung steht die nächste Veränderung an: Die Kirche wurde zum Altenzentrum umgebaut. Nach einiger Zeit im Container wandert der „Bücherwurm“ in die Cafeteria des Zentrums. Die Zuwanderungswelle inspiriert zur Onleihe. „Wenn sie digital ist, kannst du die Bücherei überall nutzen“, sagt Hetfleisch-Brandt.

Eine Veränderung, die während der Corona-Pandemie ein unglaublicher Vorteil war. Es gibt Onleihe und trotzdem Ausleihe und Vorlesen vor Ort – auf dem Piccoplatz. Schnelle Ideenfindung sei für die gelernte medizinische Technologin für Radiologie gerade während der Pandemie Alltag gewesen.

„Aber die besten Ideen bringen nichts ohne ein Team, das sie umsetzt“, sagt sie. 22 Ehrenamtliche arbeiten im „Bücherwurm“ mit. Ohne sie wäre die Bücherei nicht möglich, betont Hetfleisch-Brandt.

Jubiläumsfeier am 25. August in der Versöhnungskirche

Nach Corona war der alte Standort keine Option mehr, also zog das Team in den überschaulichen Raum in der Versöhnungskirche. 2500 Kinderbücher haben dort Platz. Einige von ihnen packt Hetfleisch-Brandt nach unserem Treffen in das neue Lastenrad. Damit könne die Bücherei nun noch besser mobil sein.

Diese ganzen Veränderungen möchte die Bücherei nun am Sonntag, 25. August, von 12 bis 16 Uhr feiern und lädt alle ein. „25 Jahre sind ein Hauch von Zeit und vergangen wie im Flug“, sagt Hetfleisch-Brandt, die sich über das Jubiläum freut, „25 Jahre bedeuten nicht das Ende. Es ist viel passiert und hoffentlich passiert noch ganz viel mehr“.