MilieuschutzStadt Köln klammert zwei Mülheimer Straßen aus – Sorge vor hohen Mieten
- Mit einer sogenannten „Sozialen Erhaltungssatzung“ soll ein großer Bereich Mülheims vor Verdrängungsprozessen geschützt werden.
- Dazu sollten eigentlich auch die Berliner Straße und die Keupstraße gehören. Doch beide wurden überraschenderweise ausgeklammert.
- Vereine und Politiker sind sauer und fordern von der Stadt eine Erklärung.
Köln-Mülheim – Große Enttäuschung herrscht bei vielen Akteuren im Mülheimer Norden. Die Bezirksvertretung Mülheim beschloss zwar mehrheitlich gegen die CDU und Torsten Tücks (FDP), für große Teile Mülheims eine Soziale Erhaltungssatzung zu schaffen.
Doch die Quartiere um die Berliner Straße und die Keupstraße gehören nicht zum anvisierten Geltungsbereich. Dabei hatten sie im Vorfeld der Sitzung ein Schreiben an alle Fraktionen mit der Bitte geäußert, dieses Areal mit einzubeziehen.
Birgit Steck vom Amt für Stadtentwicklung und Statistik hatte das Projekt bei der jüngsten Sitzung vorgestellt. Demnach ist vorgesehen, für den Bereich Mülheim Süd-West eine Soziale Erhaltungssatzung aufzustellen. Das Areal umfasst weite Gebiete der historischen selbstständigen Stadt Mülheim innerhalb einer Grenze von der Einmündung Danzierstraße/Deutz-Mülheimer Straße im Südwesten, bis zur ICE-Trasse im Süden und Osten über Mündelstraße, Bergisch Gladbacher Straße und Holweider Straße im Nordosten, dann dem Clevischen Ring nordwärts folgend und endet im Norden in Höhe der Münsterer Straße. Westlich ist es durch den Rhein begrenzt.
Stadt Köln will Gutachten in Auftrag geben
Steck informierte, dass die Stadt ein Gutachten in Auftrag geben wolle, um für das besagte Gebiet Daten wie Einkommensstruktur der Bevölkerung, Mietpreise und mehr zu erheben. Diese seien Grundlage für die Milieuschutzsatzung. „Vielleicht fallen dann auch Teilgebiete heraus.“ Neue Bauanträge würden bis zum Inkrafttreten der Satzung zurückgestellt, um sie danach auf die neuen Zulassungsvoraussetzungen prüfen zu können.
CDU-Fraktionsvorsitzender Thomas Portz fragte, ob mit einer solchen Satzung in dem Gebiet nicht vorhandenes Entwicklungspotenzial gebremst werde: „Wir haben doch im Gegenteil Aufholbedarf.“ Winfried Seldschopf (Grüne) fragte Steck, warum die Keupstraße und die Berliner Straße ausgeklammert wurden. Sein Fraktionskollege Max Christian Derichsweiler wollte wissen, ob der Geltungsbereich später noch geändert werden könne. Das bejahte die Mitarbeiterin des Amts: „Wir haben erst einmal bestimmte Bereiche zusammenhängend ausgewählt. Es kann auch andere geben.“
Alexander Lünenbach, Vorsitzender der SPD-Fraktion, hält die Vorbereitung der Satzung durch die Stadt für mangelhaft: „Warum wurde durch den Stadtvorstand der Lebenslagenbericht zurückgezogen, der Auskunft über bedeutende soziale Entwicklungen im gesamten Stadtgebiet geben sollte?“ Dieser hätte auch einen größeren Zusammenhang hergestellt, auf dessen Grundlage beispielsweise der Geltungsbereich der Mülheimer Milieuschutzsatzung besser bestimmt werden könnte. Der Argumentation folgte auch Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs zu. „Will die Stadt für Mülheim-Nord etwa eine eigene Milieuschutzsatzung schaffen?“, fragt er sich.
Vereine sind von den Politikern enttäuscht
Engelbert Becker vom Verein Nachbarschaft Mülheim Nord ist vom Ergebnis enttäuscht: „Die Politiker hätten nicht nur nachfragen sollen, sondern auf einer Ausweitung auf Keupstraße und Berliner Straße bestehen.“ Gerade vor dem Hintergrund, dass auf dem Gelände des benachbarten ehemaligen Güterbahnhofs tausende neue Arbeitsplätze entstehen, werde das Interesse der dort Beschäftigten nach Wohnungen in der näheren Umgebung steigen. Dadurch steige das Risiko der Gentrifizierung.
Der Arbeitskreis Wohnen in der Stadtteilkonferenz Mülheim Nord sieht das ähnlich. Das von der Sozialraumkoordination geleitete Gremium, in dem Vereine, Bürgerinitiativen und soziale Einrichtungen des Quartiers vertreten sind, will ebenfalls eine Ausweitung. „Dafür haben wir uns eindeutig ausgesprochen“, erklärt Sozialraumkoordinatorin Nadja Oertel.