Street ArtKölner Künstler hinterlässt filigrane Zeichnungen
Mülheim – Herr Ossege, seit einiger Zeit sind vielerorts in Köln Ihre Street-Art-Werke zu finden, vor allem in Mülheim und Ehrenfeld. Was ist Ihre Motivation?Mein Antrieb ist, mehr Farbe in das häufig eintönige Stadtbild zu bringen. Ich verstehe Urban Art oder Street Art als Form, die Stadt in der ich lebe mit zu gestalten und als Angebot für die Betrachter. Niemand sollte ins Museum gehen müssen, um sich Kunst anzusehen. Das gilt auch für meine Heimatstadt Köln, der ich mich sehr verbunden fühle.
Wie funktioniert die „Stencil-Kunst“ handwerklich?
Ich fertige mir Skizzen und Collagen als Grundlagen für Schablonen an, die ich einzeln farbig besprühe und dann übereinandergelegt auf Papier ausdrucke. Damit und einem Eimer Kleister ziehe ich los und suche den passenden Ort. Wenn das Bild eine Harmonie mit seinem Untergrund, beziehungsweise ein Kontext mit dem Hintergrund entsteht, dann habe ich die perfekte Stelle gefunden.
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Davon befinden sich in Köln viele eher auf der rechtsrheinischen Seite?
An Ehrenfeld kommt man in Köln als Künstler kaum vorbei, dort tummeln sich viele Kreative. Da ist viel los, das macht Spaß und das ist auch in Ordnung. Um einen eigenen Stil zu entwickeln, finde ich aber Platz wichtig und natürlich freut man sich, wenn das eigene Bild länger als zwei Tage zu sehen und nicht sofort übermalt worden ist. Gerade Mülheim, der Stadtteil, in dem ich auch aufgewachsen bin, ist unter anderem durch die alten Gebäude mit der industriellen Geschichten und das schöne Rheinufer sehr spannend. Dort leben viele unterschiedliche Menschen und es verändert sich momentan einiges, wenn auch nicht nur zum Besten, wie etwa die Debatte um den Erhalt des „Raum 13“ und anderen Orten für Kunst und Kultur in Mülheim zeigen.
Tim Ossege aka Sei Leise
Tim Ossege (36), alias „seiLeise“, ist ein Street-Art-Künstler aus Köln. Infos über seine Arbeit sind online auf den Seiten der „Urbanshit Gallery“ zu finden, eine Hamburger Online-Galerie für Kunst an der Schnittstelle von Urban Art und zeitgenössischer Kunst. Im Fokus stehen internationale Graffiti- und Street-Art-Künstler. (ihi)
Ein Junge schaut auf einen Globus, der in sich zusammengesackt ist, ein Mädchen mit Rettungsweste in einem Boot hält einen Koffer mit EU-Aufkleber fest. Würden Sie sich als politischen Künstler beschreiben?
Ich habe mit 16 Jahren in einem Kölner Vorort angefangen, Graffiti an Brücken und Wände zu sprühen. Das war ein bisschen jugendlicher Protest, wurde aber irgendwann langweilig. So bin ich auf Stencil-Kunstwerke und andere Techniken gekommen. Für mich gehört zu Street- und Urban Art, damit gesellschaftliche Entwicklungen und das globale Geschehen zu kommentieren. Klimakrise, Corona-Pandemie, soziale Ungleichheit – es gibt viele Themen, die man aufgreifen kann und die sich in allen Metropolen auf der Welt wiederfinden. Meine Inhalte und Botschaften will ich aber dezent und in leichter Bildsprache transportieren, nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Darum bringe ich statt zu sprühen auch Papier an, das der Regen irgendwann von selbst wieder entfernt – das passt besser zu dem Wandel in einer Großstadt, auch in Köln.
Im Netz gibt es einen Spaziergang durch Mülheim zu Osseges Werken.