In Köln gibt es 34 erlaubte Wettbüros. Die Stadt Köln tappt beim Umgang mit ihnen im Dunkeln und findet Scheinlösungen für bekannte Probleme.
Illegales GlücksspielWie Kölner Wettbüros Gesetze brechen
Neue Wettbüros dürfen in Nordrhein-Westfalen seit dem vergangenen Jahr nicht näher als 350 Meter von Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen entfernt sein – doch in Köln-Mülheim halten viele Betreiber diesen Abstand nicht ein. Das haben Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ nahe des Wiener Platzes ergeben.
Aber das ist nicht das einzige Problem: Einige der Wettbüros haben nach Angaben der zuständigen Behörden gar keine Betriebserlaubnis, sind aber trotzdem geöffnet und bieten Wetten an.
Die Stadt Köln ist für die Überwachung von Wettstellen zuständig, hat aber laut eigener Aussage zu wenig Personal dafür. Im August 2021 hatte die Verwaltung dem Stadtrat mitgeteilt: „Um hier wirksam agieren zu können, wären mehr Kontrollen und Nachkontrollen erforderlich. Dafür wiederum bedürfe es mehr Personal, auch zur Einleitung und Bearbeitung entsprechender Bußgeldverfahren.“
Geringe Abstände zwischen Wettbüros in Köln-Mülheim gefährlich
Martina Kuhnt, Koordinatorin für Glücksspielsucht in der niedersächsischen Landesstelle für Suchtfragen, sieht die Nähe von Schulen zu Glücksspieleinrichtungen kritisch. „Das Bild von Wettbüros im Kindesumfeld suggeriert, dass Glücksspiel zum Alltag dazugehört und ein normales Freizeitangebot in der Gesellschaft ist.“ Das sei aber nicht der Fall. „Glücksspiel ist erstmal verboten, dafür braucht es in Deutschland eine Erlaubnis, keine einfache Genehmigung.“
Im Umfeld Berliner Straße, Keupstraße und Von-Sparr-Straße liegen Wettstellen teilweise nebeneinander, einmal sind es von einem Wettbüro zur nächsten Jugendeinrichtung nur 30 Meter. Fünf Schulen trennen weniger als 350 Meter von der nächsten Wettstelle. In der Rhodiusstraße ist ein Anbieter von Sportwetten nur 180 Meter von der Ferdinand-Lassalle-Realschule und der Elly-Heuss-Knapp-Gesamtschule entfernt.
Landesgesetz soll Glücksspiel eigentlich eindämmen
Laut dem Glücksspielstaatsvertrag aus dem Juli 2021 ist das verboten: Wettvermittlungsstellen dürfen nach einer Übergangsfrist seit dem 30. Juni 2022 grundsätzlich nicht näher als 350 Meter von Schulen und Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen entfernt sein.
Wettbüros, die schon vor diesem Datum eine Betriebserlaubnis hatten, genießen in NRW ein Stück weit Bestandsschutz. Sie müssen nur 100 Meter Abstand zu Einrichtungen dieser Art halten. Nur in absoluten Ausnahmefällen ist eine Unterschreitung der Mindestabstände möglich.
Der Glücksspielstaatsvertrag dient nicht nur dem Jugendschutz. Er sieht vor, „das Entstehen von Glücksspielsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen“. Ein begrenztes Glücksspielangebot soll den Spielbetrieb der Deutschen „in geordnete und überwachte Bahnen“ lenken.
Suchtexpertin Kuhnt erklärt: „Je früher der Kontakt zu Glücksspiel entsteht, desto höher die Gefahr, ein problematisches Glücksspiel-Verhalten zu entwickeln.“
Stadt und Bezirksregierung im Unklaren über Glücksspiel in Köln
Die Bezirksregierung Köln ist zuständig für die Erteilung einer Glücksspiel-Erlaubnis. Ihrer Aussage nach dürften mehrere der Wettbüros in Mülheim eigentlich nicht geöffnet haben, weil die Behörde den Betrieb nicht erlaubt habe.
Laut der Bezirksregierung gibt es in Köln 34 erlaubte Wettvermittlungsstellen, 98 Anträge seien bisher abgelehnt worden, 13 davon in Mülheim.
Zu den nicht eingehaltenen Mindestabständen und der fehlenden Erlaubnis teilt sie mit: „Sofern dort tatsächlich Wetten angeboten werden“ dürfe es sich „um unerlaubtes Glücksspiel handeln“. Die Bezirksregierung kündigte Gespräche mit der Stadt an. Die Stadt Köln erklärt auf Anfrage, Kontrollen von Glücksspielstätten gäbe es „in unregelmäßigen Abständen ohne besonderen Anlass und anlassbezogen“.
Zu wenige Kontrollen in Köln
Doch laut einem ehemaligen Mitarbeiter der Kriminalpolizei Köln, der namentlich nicht genannt werden will, finden Kontrollen ohne besonderen Anlass nur wenige Male im Jahr statt. Das begründet er mit zu wenig Personal, trickreichen Betreibern und hohem Aufwand. Glücksspieldelikten würde wenig Beachtung geschenkt.
Der Gesetzgeber macht bei Wettstellen einen Unterschied zwischen Spielhallen und Wettbüros, die Mindestabstände gelten nur für letztere. Um trotzdem verstärkt gegen Wettsucht vorzugehen hat Bremen den Mindestabstand von Wettbüros und Spielhallen zueinander und zur nächsten Schule auf 500 Meter erhöht. Zudem hat der Senat das Mindesteintrittsalter von 18 auf 21 Jahre erhöht.
Laut Martina Kuhnt hat die Untätigkeit der Ordnungsbehörden noch einen Grund: die Glücksspielsteuern. Der Staat hat damit im vergangenen Jahr Rekord-Einnahmen erzielt: 2,56 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Das entspricht einem Plus von zehn Prozent im Vergleich zu 2021. „Davon wird dann der neue Spielplatz gebaut und die Musikschule finanziert. Das ist natürlich im öffentlichen Interesse“, sagt Kuhnt.