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„In Kinderhirnen gibt es keine Vorurteile“Kölner Schülerinnen und Schüler für Geschichtsbeiträge ausgezeichnet

Lesezeit 3 Minuten
Moderatorin Ruth-Anne Damm (r.) im Gespräch mit den beiden Zeitzeugen Tamar Dreifuss und Leon Weintraub.

Moderatorin Ruth-Anne Damm (r.) im Gespräch mit den beiden Zeitzeugen Tamar Dreifuss und Leon Weintraub.

Bei der Preisverleihung des Zweitzeugen-Geschichtswettbewerbs ging es vor allem um die Wichtigkeit des Erinnerns.

„Den Holocaust vergessen zu lassen, würde bedeuten, die vielen unschuldigen Opfer nochmal zu töten“, sagte Leon Weintraub, Überlebender des Holocausts und am Donnerstag als Zeitzeuge in der Kulturkirche Ost. Erinnern, nicht vergessen zu lassen, darum ging es an diesem berührenden Abend in Mülheim. Schülerinnen und Schüler wurden im Rahmen des ersten Zweitzeugen-Geschichtswettbewerbs für ihre Beiträge zur Erinnerungskultur ausgezeichnet.

Für den Wettbewerb waren junge Menschen aus Köln vom Verein Zweitzeugen aufgerufen, aktiv zu werden. Der Verein bringt Überlebende und Zeitzeugen des Holocaust mit Jugendlichen zusammen, um Erzählungen und Schicksale weiterzutragen. Bei dem Geschichtswettbewerb sollten Jugendliche ihr Engagement gegen Antisemitismus, Rassismus und andere Diskriminierungsformen zeigen.

Köln-Mülheim: Preisverleihung des Zweitzeugen-Geschichtswettbewerb.

Wie die Beiträge aussehen sollten, wie die Jugendlichen erinnern sollten, war nicht vorgeschrieben. Schlussendlich gab es sieben unterschiedliche Einreichungen von drei Schulen. „Die Beiträge haben mich und uns unglaublich berührt“, sagt Ruth-Anne Damm, Gründerin von Zweitzeugen. Die Beiträge zeigten, wie unterschiedlich Erinnern aussehen kann. „Es ist so schön zu sehen, dass junge Leute sich mit unserer Geschichte beschäftigen und sagen, nie wieder ist jetzt“.

Den ersten Platz erreichten Konstantin Kastner und Robin Öksüz.

Den ersten Platz erreichten Konstantin Kastner und Robin Öksüz.

Unterstützt wurde der Wettbewerb durch die GAG Immobilien AG, FC Stadionakademie und RheinEnergie Stiftung. In der Jury waren Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Antisemitismusbeauftragte des Landes NRW, Carina Gödecke, Präsidentin des Landtags a.D., Susanne Hilger, RheinEnergie Stiftung, Melanie Purps, GAG Immobilien AG, Wencke Stegemann, Stories for Tomorrow.

Vier Beiträge ausgezeichnet

Die fünfköpfige Jury zeichnete vier Beiträge aus: Den dritten Platz teilten sich zwei Gruppen. Drei Schülerinnen des Heinrich-Mann-Gymnasiums verglichen in einem Video den Alltag von Jugendlichen früher und heute. Grundlage dafür waren antijüdische Gesetze. Ebenfalls den dritten Preis bekam eine große Gruppe des Ursulinengymnasiums, die eine Ausstellung über den Kindertransport von Köln nach England erarbeitet hatten.

Der zweite Platz ging an das Video „Erinnerung nicht vergessen“. Darin erzählten Schülerinnen des Heinrich-Mann-Gymnasiums die Geschichte der Holocaustüberlebenden Tamar Dreifuss anhand von alten Bildern und einer Präsentation. In dem Video wird die Frage „Das war Tamars Vergangenheit, könnte es unsere Zukunft sein?“ gestellt. Eine Frage, die durch den Abend hallte.

Zeitzeugin ist schockiert über Europawahlergebnisse

In einem Gespräch zwischen Tamar Dreifuss, Leon Weintraub und Ruth-Anne Damm wurde deutlich, wie wichtig den Zeitzeugen ist, dass ihre Geschichten weitererzählt werden. „Wenn aus den Zahlen einzelne Geschichten werden, vergessen die Leute sie nicht“, sagte Weintraub, „Es funktioniert nur, wenn die Geschichten Mensch zu Mensch weitergegeben werden“.

Dreifuss zog einen Bogen zur jüngsten Europawahl. „Ich bin schockiert, dass junge Menschen wählen, was sie gewählt haben“, sagte sie berührt. Dass aus der Vergangenheit nicht gelernt würde, treffe sie. Doch sie finde auch Trost in dem Abend und ihrer Erinnerungsarbeit. „Es ist eine Genugtuung zu wissen, dass zumindest die über 1000 Schüler, mit denen ich gesprochen habe, nicht die AfD wählen werden“, sagte sie, „Da habe ich nicht versagt“.

Auch die Gewinner des ersten Platzes sprachen über die Geschichte von Tamar Dreifuss in ihrem Video „Stationen des Rassismus“. Darin berichten Konstantin Kastner und Robin Öksüz vom Heinrich-Mann-Gymnasium über unterschiedliche historische Ereignisse und führen Handlungsmöglichkeiten für heute an. So appellieren sie auch an die Zuschauenden „Jetzt seid auch ihr Zweitzeugen“.

Ein Appell, eine Verantwortung, nun auch aktiv zu werden. Und so machte es auch Leon Weintraub deutlich: „In Kindergehirnen gibt es keine Ansichten, da gibt es keine Vorurteile, sie werden eingepflanzt und wir können sicherstellen, dass kein Unkraut eingepflanzt wird“.