Das weltbekannte Verkehrsmittel wurde Ende des 19. Jahrhunderts in Mülheim hergestellt.
„Das historische Köln“Nachkoloriertes Bild zeigt seltenes Motiv von Schwebebahn durch Köln
Ein seltsam anmutendes Foto macht in sozialen Netzwerken die Runde: Eine leicht rostrot schimmernde Schwebebahn gleitet über Köln, mit Passagieren besetzt, aus dem nebligem Hintergrund sticht der Dom. Einfach schön, aber wie kann das sein?
Das Motiv ist bereits 127 Jahre alt. Es entstand auf dem Schwebebahn-Testgelände in Deutz, auf dem Grundstück der Waggonfabrik van der Zypen & Charlier im Jahr 1896. Die Rechte an dem Foto liegen heute bei der Deutz AG. „Die Schwebebahn fuhr in Köln ausschließlich auf einer eigens dafür gebauten Teststrecke“, sagt Sprecherin Simone Keiner. „Sie war hier nie in Echtbetrieb.“
Das historische Foto wurde vom Kölner Medienunternehmen „Wegen de Leut“ aufwendig bearbeitet und mit künstlicher Intelligenz koloriert. Zuvor wurden „grobe Altersspuren und kleine Beschädigungen retuschiert“, erklärt Firmenchef Klaus Hausmann, der auf seiner Facebookseite „Das historische Köln“ viele Storys, Fotos und Videos aus dem alten Köln zeigt. „Manchmal muss man zweimal hinschauen, wenn man auf den ersten Blick nicht versteht, was man sieht“, sagt Hausmann, als er das Motiv der ersten Schwebebahn entdeckte.
Schwebebahn Wuppertal: Ursprünge liegen in Köln-Mülheim
Die Ursprünge der Wuppertaler Schwebebahn liegen in fünf Fabrikhallen an der Deutz-Mülheimer Straße in Mülheim, die zwischen 1888 und 1905 von der Eisenbahn-Waggonfabrik van der Zypen & Charlier errichtet wurden. Durch Zufall war der im Mai dieses Jahres verstorbene Walter Buschmann, lange Jahre Referent für Technik und Industriedenkmäler beim Landschaftsverband Rheinland, in den frühen 2000er Jahren auf „einen der wichtigsten industriekulturellen Orte in Köln“ gestoßen. Jahrzehntelang hatte sich niemand um diesen Ort gekümmert, die Waggon-Produktion wurde 1967 eingestellt.
Es war der Kölner Ingenieur und Fabrikant Eugen Langen, der sich 1893 eine „Hochbahn mit freischwebend hängenden Personenwagen“ patentieren ließ. Langen war Teilhaber der Gasmotoren-Fabrik von Nicolaus August Otto, Aufsichtsratsvorsitzender der Maschinenfabrik Humboldt in Kalk und Zuckerfabrikant. Aber er war auch erfinderisch. Das Schwebebahn-System, das er in seinen Zuckerfabriken zum Materialtransport anwendete, wollte er auch zur Beförderung von Personen einsetzen.
Langen bildete mit van der Zypen & Charlier und der Elektrotechnikfirma Siemens-Schuckert ein Konsortium zur Entwicklung der Schwebebahn. Auf dem Gelände von van der Zypen & Charlier, das in unmittelbarer Nachbarschaft zur Gasmotoren-Fabrik Deutz lag, wurde 1893 eine Teststrecke gebaut, von der es auch heute noch Überreste gibt. In einer der fünf Hallen sind zwei etwa zehn Meter lange Eisenschienen unter dem Dach zu sehen.
Sie führen auf eine mittlerweile zugemauerte Öffnung, durch die vor mehr als 100 Jahren die Prototypen ein- und ausfuhren. Wo genau die Teststrecke herführte, ist unklar. Es hat sich offenbar um ein etwa 120 Meter langes Oval mit Anbindung an die Fabrikhalle gehandelt.
Schwebebahn bis nach Vohwinkel: Baubeginn 1898
In Mülheim sollte die neuartige Hängebahn, deren Räder erst an zwei, später nur noch an einer Schiene hingen und von Elektromotoren angetrieben wurden, getestet und potenziellen Kunden vorgestellt werden. Das Konsortium gründete sogar eine Vertriebsgesellschaft, die sich weltweit um Aufträge bemühte. Aber nur die Städte Barmen und Elberfeld – später zu Wuppertal vereinigt – zeigten Interesse an Langens Konstruktion. Die Stadtvertreter sahen ein, dass die Verkehrsprobleme angesichts der engen Tallage und der schmalen Straßen nur mit einer Hochbahn gelöst werden konnten. Eine Standhochbahn, wie es sie in Berlin gab, wäre zwar günstiger gewesen, aber die Schwebebahn mit ihren eisernen Tragkonstruktionen konnte filigraner ausgearbeitet werden.
Also entschieden sich Barmen und Elberfeld im Dezember 1894 für den Bau einer 13,3 Kilometer langen Schwebebahn-Strecke durch das Wuppertal bis nach Vohwinkel. 1898 wurde mit dem Bau begonnen. Die Tragkonstruktion kam zwar nicht aus Mülheim, wohl aber die ersten Wagen. Sie bestanden nur aus Eisen und waren deshalb sehr fortschrittlich. In den Hallen an der Deutz-Mülheimer Straße standen wohl auch Presswerke, mit denen die Bleche in Form gebracht wurden.
Walter Buschmann sorgte dafür, dass die seit Jahrzehnten verwaisten Fabrikhallen 2003 unter Denkmalschutz gestellt wurden – sechs Jahre nach der Wuppertaler Schwebebahn. Es handele sich um „eine der großen technischen Innovationen, die von Köln ausgegangen sind“, sagte der Industriedenkmal-Pfleger dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ 2016. Übertroffen nur vom Viertakt-Motor von Otto, der in direkter Nachbarschaft zu Langens Schwebebahn das Licht der Welt erblickte.