Neues Stadtviertel soll entstehenStadt Köln will KHD-Gelände in Mülheim kaufen
Mülheim – Die Stadt will sich aktiver an der Entwicklung des ehemaligen KHD-Geländes im Mülheimer Süden beteiligen. Nach Informationen des Kölner Stadt-Anzeiger laufen Verhandlungen zwischen der Landesgesellschaft NRW-Urban und der Kölner Stadtwerke Tochter „Moderne Stadt“ über den Kauf eines zentralen Grundstücks zwischen dem Mülheimer Hafen und dem ehemaligen Verwaltungsgebäude des Konzerns an der Deutz-Mülheimer Straße.
Im Mülheimer Süden soll in den nächsten Jahren ein neues Stadtviertel mit Tausenden Wohnungen entstehen. Kommt es zum Kauf, könnte die Stadt hier eine Entwicklung befördern, die auf den umliegenden Arealen gefährdet ist.
Zwar gelten klare Vorgaben und Ziele, die in ihren öffentlichen Verlautbarungen auch die privaten Investoren unterstützten – so das Versprechen, hier eine soziale Mischung zu ermöglichen und möglichst viel der attraktiven Bausubstanz der faszinierenden Industriegeschichte der Stadt zu erhalten.
Doch immer wieder kommen Zweifel auf, ob die guten Vorsätze auch überall in die Tat umgesetzt werden. So verkaufte die Deutz AG als KHD-Nachfolger das letzte von ihr genutzte Grundstück östlich der Deutz-Mülheimer Straße für 125 Millionen an die Düsseldorfer Gerch-Gourp. Der hohe Kaufpreis lässt viele vermuten, dass hier wenig entsteht, was dem Investor nicht auch viel Geld einbringt.
Grundstück zum Gegensteuern
Die Stadt könnte mit dem direkten Zugriff auf ein großes Grundstück in zentraler Lage gegensteuern. Die Leiterin des Stadtplanungsamts, Anne-Luise Müller spricht von einem „Schlüsselgrundstück“. Auf dem Areal, über das nun mit NRW Urban verhandelt wird, befinden sich mehrere große Fabrikhallen, darunter auch die denkmalgeschützte Möhring-Halle. Die Stahlfachwerk-Halle war 1902 für die Düsseldorfer Kunst- und Gewerbe-Ausstellung gebaut worden. Danach wurde sie aufwendig zerlegt und auf dem Gelände der Deutzer Gasmotorenfabrik wieder aufgebaut.
Im vorgelagerten KHD-Verwaltungsgebäude, das ebenfalls von einem Investor gekauft wurde, werben seit Jahren Künstler dafür, hier eine Stadtentwicklung auf den Weg zu bringen, die neue Akzente setzt. Während die Stadtplaner bei den Überlegungen, wie ein neues Stadtviertel aussehen könnte, eher einzelnen Teilen eines Quartiers bestimmte Funktionen – eine Ecke fürs Wohnen, eine andere fürs Gewerbe und ein Eckchen für die Kultur – zuordnen, wollen sie eine möglichst kleinteilige Mischung: Wohnen für jeden Geldbeutel, Gewerbe, Schulen, Kunst und Kultur sollen Tür an Tür in bester Nachbarschaft leben – vielleicht sogar in einem gemeinsamen Haus.
In dem riesigen Backsteinbau mit rund 30.000 Quadratmeter Fläche, den sie seit 2011 mit einem spannenden, kulturellen Angebot als „Zentralwerk der Schönen Künste“ beleben, wäre das aus ihrer Sicht genauso möglich wie in den großen Hallen dahinter.
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Kunstprojekt „Raum13“
Das Kunstprojekt „Raum 13“ von Anja Kolacek und Marc Leßle, das Kunst, Tanz und Theater mit einem geschichtsträchtigen Ort und Ideen für eine Stadt der Zukunft verbindet, lädt in den nächsten vier Wochen zum „Lab 1869 Zukunftswerk Stadt“, um über die Zukunft des Quartiers zu diskutieren und nachzudenken. Einerseits wollen sie die Architektur und somit auch Freiräume für Kunst, Kultur und Experimente retten, zum anderen geht es ihnen um nicht weniger als eine Stadt, „in der das menschliche Miteinander Mittelpunkt und Maßstab bildet“.
Nicht nur auf dem sogenannten Otto-Langen-Quartier, zu dem das NRW-Urban-Gelände und das Verwaltungsgebäude gehören, sind in den vergangenen Jahren viele spannende Initiativen entstanden. Künstler, Kultur-Veranstalter und kleine Unternehmen haben sich angesiedelt, am Hafen finden in mehreren Hallen Partys, Empfänge, Seminare und andere Events statt. Wie viel davon erhalten werden kann, ist eine offene Frage.
So haben die Betreiber der „Boulehalle“, in der in den vergangenen Jahren nicht nur Sport betrieben wurde sondern auch Tausende Kölner Hochzeiten, Geburtstage und andere Partys gefeiert haben, aufgeben müssen. Die Interessen des Investors und die Lärmbedürfnisse der Neu-Mülheimer in den schicken neuen Häusern in der Nachbarschaft sorgten für Konflikte. Hinzu kam offenbar ein Konkurrenzkampf zwischen einigen Protagonisten der Mülheimer Kulturszene. Immerhin: Der Investor hat zugesagt, die Halle an der neuen Rheinpromenade erhalten zu wollen. Wahrscheinlich wird sie irgendwann zu einem Restaurant.
Debatten und Anregungen aus der „Zukunftswerk Stadt“
Die „Lab 1869 Zukunftswerk Stadt“ wird am Samstag, 5. Mai, um 18 Uhr eröffnet. Das ehemalige KHD-Verwaltungsgebäude an der Deutz Mülheimer Straße 147-149 soll sich in einen „vielfältigen Marktplatz der Innovation“ verwandeln, so die Künstler des „Raum 13“. Man kann das Haus erkunden, sich informieren und mitdiskutieren. Eintritt: 5 Euro.
Im Rahmen einer Fotoausstellung über das Quartier werden am 12. Mai, ab 19.30 Uhr, auch Bilder der Stadt-Anzeiger Fotografen Arton Krasniqi, Max Grönert und Martina Goyert gezeigt.
An allen Wochenenden im Mai wird es an den Samstagabenden und jeden Sonntag um 12 und 15 Uhr verschiedene Aktionen, Führungen und Diskussionsrunden geben, bei denen Experten aus ganz verschiedenen Bereichen aufeinander treffen und sich Kunst mit stadtentwicklungspolitischen Debatten verbindet. Für die sonntäglichen Führungen durchs Haus wird eine Reservierung empfohlen.
Ein eigenes Motto für jedes Wochenende ist geplant: Auf die „Kunst der Revolution“ an diesem Wochenende folgen die „Kunst der Demokratie“, die „Kunst der Transformation“ und die „Kunst der Freiheit“. Am 2. und 3. Juni findet eine Abschlusspräsentation statt.
Alle Infos zum Programm unter www.raum13.com