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Nach 177 JahrenSchokoladenfabrik Stollwerck kehrt Köln endgültig den Rücken

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Stollwerck warb schon in den 1920er Jahren im Hamburger Hauptbahnhof - in dessen Nähe nach Norderstedt das Unternehmen jetzt zieht.

  1. Es ist das Ende einer Ära: Nach fast zwei Jahrhunderten haben sich die Tore des Schokoladen-Unternehmens Stollwerck in Porz am Donnerstag endgültig geschlossen.
  2. Die Stadt verliert eine ihrer bekanntesten Marken. Es bleibt ein vielbesuchtes Museum.

Köln – Für Köln ist es das Ende einer Ära: Am Donnerstag schlossen sich nach 177 Jahren für immer die Tore des Schokoladen-Unternehmens Stollwerck in Porz. Damit verliert die Stadt eine ihrer bekanntesten Marken.

Ein Rückblick in das Jahr 1839: Der Bäcker Franz Stollwerck verkaufte Schokolade und selbst hergestellte „Brustbonbons“. Diese entwickelten sich zum Verkaufsschlager und brachten Stollwerck das Hoflieferantendiplom ein.

Anfang der 1860er Jahre wandte sich Stollwerck verstärkt der Süßwarenproduktion zu. Seit 1865 an der Hohe Straße nahe dem Dom ansässig, konnten die Flaneure der Schokoladenproduktion hinter dem Schaufenster zusehen – fast so wie heute am Schokoladenbrunnen im Schokoladenmuseum.

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Nach dem Tod des Vaters fusionierten seine Söhne die Unternehmen unter „Gebr. Stollwerck“ und wurden auch zum „Kaiserlichen Hoflieferanten“. Die Beziehungen zum preußischen Herrscherhaus bestanden bereits seit 1847.  

Franz Stollwerck war ein Patriarch, der mehrfach vor dem Bankrott stand. Seine Söhne verließen ihn und gründeten als Gebrüder Stollwerck ein Konkurrenzunternehmen. Nach dem Tod des Vaters wurden die Firmen dann vereint.

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Tafelschokolade zum Massenprodukt. Dies erforderte höhere Produktionskapazitäten, die man von 1872 im Severinsviertel schaffte. Eigene Maschinenfabrik, Automaten und Werbeabteilung machten Stollwerck zu einem der ganz Großen.

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1872 zog das Unternehmen von der Innenstadt ins Severinsviertel, an den südlichen Rand des damaligen Stadtgebiets, um sich dort ausdehnen zu können. 1880/82 wurde mit den beiden imposanten Türmen an der Severinsmühlengasse – die Kölner nannten diese „d’r Kamelledom“ – auch ein Anspruch als Großunterunternehmen dokumentiert.

1912 präsentierte das Unternehmen Werbung auf einem Zeppelin. Berühmt wurde Stollwerck durch seine Sammelbilderalben und die Schokoladenautomaten.

1902 erfolgte die Umwandlung in eine AG, die Familie war auf dem Rückzug. Im Jubiläumsjahr 1938 arbeiteten 700 Mitarbeiter, darunter viele Frauen, und 300 Vertreter bei Stollwerck.

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Die „Schokoladenmädchen“ bei der Arbeit.

Nach dem Krieg und Wiederaufbau konnte Stollwerck nicht an vergangene Ruhmeszeiten anknüpfen – bis der sogenannte Schokoladenkönig Hans Imhoff 1972 das Unternehmen mehrheitlich übernahm. Er verlegte den Sitz nach Porz – und schaffte es, Stollwerck noch einmal erstarken zu lassen. Bekannte Marken wurden eingekauft, etwa Sprengel und Sarotti.

Weniger Furore war verbunden mit der „Stollwerck-Besetzung“ im Zuge des Abrisses der alten Gebäude in der Kölner Südstadt. Dabei hatte das Schokoladenunternehmen nichts mehr damit zu tun. In Folge der Hausbesetzungen entstanden Bürgerinitiativen und zahlreiche Kulturgruppen. Das heutige Bürgerhaus Stollwerck gehörte jedoch nie zum Unternehmen, sondern war Munitionsdepot und später Postgebäude.

Zum 150-jährigen Jubiläum zeigte Imhoff eine Ausstellung zur Kulturgeschichte der Schokolade, der Ursprung des 1993 eröffneten Schokoladenmuseums im Rheinauhafen. Imhoff verkaufte das Unternehmen 2002 an die schweizerische Firma Barry Callebaut, die die Produktion am Standort Köln 2005 aufgab und nur die Verwaltung dort beließ.

2011 erwarb das belgische Unternehmen Baronie die Firma und verlegte jetzt die Reste nach Norderstedt. So endet ein langes Kapitel Kölner Wirtschaftsgeschichte. Es bleibt ein beachtenswertes Museum, das Lebenswerk eines Schokoladenbegeisterten.