Hochpolitische WanderungJohn Sykes aus Nippes will einmal um England herum
Nippes – Zehn Jahre ging John Sykes mit der Idee schwanger, zehn Jahre will er sich dafür Zeit nehmen: die Umrundung seiner Heimat England. Im Januar 2022 hat der Reiseführerautor und Übersetzer aus Nippes in der Gegend von Liverpool die ersten sechs Etappen absolviert. Sein ganzes Berufsleben lang hat der mittlerweile 66-Jährige die regulären Wanderrouten beschrieben - „das, was eben rein muss“.
Jetzt will Sykes endlich wieder draufloslaufen und sich von dem, was er sieht, inspirieren lassen. Seine Impressionen in Text und Bild – selbstredend zweisprachig - macht er auf einer eigens eingerichteten Internetseite öffentlich. „Klar möchte ich Verständnis wecken für England. Das Image hat ja durch den Brexit sehr gelitten“.
In England und Deutschland zu Hause
Wenn jemand in beiden Ländern zuhause ist, dann John Sykes. Geboren in der nordenglischen Mittelstadt Southport, zog es ihn nach dem Uni-Examen ins Ausland. In Köln nahm er 1980 eine Stelle als Englischlehrer an, lernte hier seine jetzige Frau kennen und lebt seitdem in Nippes.
Und bringt den Deutschen England sowie den Engländern Deutschland nahe. So bietet er für Briten und Amerikaner von den Flusskreuzfahrtschiffen Führungen durch Köln an. Für die hiesigen Englandbegeisterten hat Sykes zahlreiche Wanderführer und ein London-Handbuch geschrieben. Bei angesehenen Verlagen wie Dumont und Emons ist er seit Jahren fest im Programm.
5.300 Kilometer an der Küste entlang
Mit dem Eintritt ins Rentenalter zu Jahresbeginn hat Sykes einen populären Rat beherzigt: Nimm’ Dir etwas Großes vor. So entstand die Idee einer England-Umrundung. „Ein Sport-Event in zwei Monaten soll es aber nicht sein“, schränkt Sykes ein. So etwas hat es durchaus schon gegeben.
Anregen ließ er sich aber von einem Fotografen, der die Auftragsflaute während der Corona-Pandemie zu einer England-Rundtour genutzt hat. Die rund 5.300 Kilometer Wanderweg verlaufen überwiegend an der Küste. Lediglich für 400 Kilometer – an den Grenzen zu Wales und Schottland – muss Sykes auf Meerblick verzichten. Aus gutem Grund absolviert er seine England-Umrundung gegen den Uhrzeigersinn: „Dann kommen rasch die anstrengenden Etappen im Südwesten, solange ich noch fit bin.“
Wandern durch England hochpolitisch
Pro Jahr will Sykes viermal eine gute Woche zum Wandern auf die Insel reisen. Gerne auch mit Freunden, die er einlädt oder die sich für das Projekt begeistern. Übernachtet wird in Pensionen, aber das Gepäck muss selbst getragen werden. „Vielleicht organisieren wir auch mal einen Gepäcktransport“, schmunzelt Sykes.
Für Tagesetappen von 20 Kilometern fühlt er sich jedenfalls ausdauernd genug. Seit einer Alpenüberquerung zu Fuß vor sechs Jahren weiß er auch, wie man mit Steigungen fertig wird.Wandern in England ist nicht nur eine touristische Angelegenheit, sondern hochpolitisch. Denn anders als in Deutschland sind Felder und Wälder nicht durch öffentliche Wege erschlossen.
Vielmehr muss für jeden Acker oder jede Wiese ein Wegerecht eingeräumt werden. Diese oft Jahrhunderte alten Rechte sind teilweise in Vergessenheit geraten und müssen gegenüber den Grundeigentümern durchgesetzt werden. „Daher ist der offizielle Weg zur England-Umrundung immer noch nicht fertig“, berichtet Sykes. Als Wander-Profi macht er sich aber keine Sorgen und nimmt Umwege zu schmucken Städtchen landeinwärts gerne in Kauf.http://www.beatingthebounds.eu