Nach langem WartenErste Fahrradstraße für Köln-Nippes – weitere sollen folgen
- Der Stadtbezirk Nippes hat nun seine erste Fahrradstraße: Die Etzelstraße im Abschnitt zwischen Longericher Straße/Ossietzkystraße und dem Bahndamm-Tunnel.
- Und es könnten weitere Fahrradstraßen hinzukommen: Die Verwaltung hat zwei neue Strecken vorgeschlagen.
- Doch diese Pläne könnten auch zu Konflikten führen. Die Hintergründe.
Köln – Anfang April war es nach langem Warten soweit: Die Etzelstraße in ihrem 1,3 Kilometer langen Abschnitt zwischen Longericher Straße/Ossietzkystraße und dem Bahndamm-Tunnel wurde zur ersten Fahrradstraße im Stadtbezirk Nippes. Die Schilder hierfür standen schon anderthalb Jahre, waren zunächst jedoch noch per Leuchtband ungültig gemacht.
Von radelnden Schülern und Lehrern der Carl-von-Ossietzky-Gesamtschule wird die Route stark genutzt – die Schule, die nach den Herbstferien 2019 in ihr Neubauquartier im Longericher Süden einzog, hatte lange darauf hingefiebert; die meist bis zum letzten Bügel belegten Fahrradständer vor dem Hauptportal geben ein eindeutiges Bild. Aber auch sonstige Radler aus Longerich und dem übrigen Kölner Norden nutzen sie häufig in Richtung City.
Zahlreiche Klagen über Raserei von Autofahrern
Zwar gab und gibt es auf der Etzelstraße zahlreiche Klagen über Raserei von Autofahrern und das Ignorieren der gegenläufigen Einbahnstraße im 300-Meter-Abschnitt zwischen Auf dem Ginsterberg und Longericher Straße/Ossietzkystraße – doch der Anfang ist nun mal gemacht. Nach der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Nippes könnten nun weitere Fahrradstraßen hinzukommen: Die Verwaltung hatte zwei neue Strecken vorgeschlagen.
Die Müngersdorfer Straße zwischen Blücherpark und Parkplatz am Parkgürtel sowie den 200 Meter langen Südteil der Etzelstraße auf Mauenheimer Gebiet, zwischen Artushof und der Abpollerung zur Kempener Straße. Beide Straßen sind jedoch Sackgassen, mit wenig Autoverkehr. Die Politiker waren skeptisch, ob eine Fahrradstraße deshalb zusätzlichen Nutzen bringt, und beschlossen zunächst Ortstermine an beiden Strecken. „Es stellt sich die Frage, ob Fahrradstraßen hier erforderlich sind oder eher symbolischen Charakter haben“, gab Bezirksbürgermeister Bernd Schößler (SPD) zu bedenken. Auch sein Vize Daniel Hanna (CDU) merkte an: „Die Müngersdorfer Straße ist ein Parkweg, der stark von Fußgängern genutzt ist und nur vereinzelt von Autofahrern, die zur Kleingarten- oder Tennisanlage wollen.“
Fahrradstraße könnte sogar zu Konflikten führen
Das Miteinander funktioniere gut; eine Fahrradstraße könnte sogar zu Konflikten führen. Das neu entwickelte Clouth-Gelände in Nippes könnte zu einer Fahrradstraßen-Zone werden. Hierzu verabschiedeten die Bezirkspolitiker einen Prüfauftrag der Grünen. Demnach soll die Verwaltung mit der städtischen Entwicklungsgesellschaft Moderne Stadt „prüfen, ob das Quartier als Fahrradzone ausgewiesen werden kann“. Dies beträfe voraussichtlich Josefine-Clouth-Straße, Am Walzwerk, Auf dem Stahlseil, Kautschukstraße, Seekabelstraße und Franz-Clouth-Straße. Zur Sitzung hatten die Grünen Anwohner-Unterschriften für die neuen Fahrradstraßen mitgebracht.
Doch sind Fahrradstraßen, auf denen 30 km/h als Höchsttempo gelten, Radler nebeneinander fahren dürfen und allgemein Vorrang vor dem motorisierten Verkehr genießen, überhaupt sinnvoll? Ja, meint Wolfgang Kissenbeck, Mitglied im Verkehrsclub Deutschland (VCD) und im Arbeitskreis Fahrradfreundliches Nippes. „Das Konzept ist sinnvoll, wo heute schon vorrangig Radverkehr stattfindet. Gleiches gilt für Hauptverbindungsstrecken für Radler im Straßennetz.“
Hierzu gehört für ihn auch die Merheimer Straße, die vom Inneren Grüngürtel vor den Toren der City bis Weidenpesch – ihre Fortsetzung über Jesuitengasse und Simonskaul eingerechnet, sogar bis Longerich – reicht. Der Arbeitskreis setzt sich aber auch für gegenläufige Öffnungen von Einbahnstraßen für Radler ein. Sowie für Schutzstreifen, die auf einigen Hauptstraßen immer noch fehlen. „Ein solcher Streifen muss etwa an der Niehler Straße her. Da würden Radler gerne fahren, den meisten ist es aber zu gefährlich.“
Kommentar: Konzept sieht anders aus
Fahrradstraßen sind eine gute Idee – und bleiben meist genau das. Zumindest, wenn man sich die Bilanz in Nippes ansieht. Es gibt genau eine Fahrradstraße bisher, doch hier hapert es noch: Auf einem Teilstück der Etzelstraße gibt es Probleme mit Autofahrern, die die Einbahnregelung dort schlicht ignorieren und das Prinzip des Radlervorrangs nicht anerkennen.
Gut, dass nun endlich eine zweite Straße im Bezirk zur Radstraße erklärt werden soll: Die Müngersdorfer Straße, die Nutzer eher als das Stück asphaltierten Weg kennen, der vom Parkplatz am Parkgürtel aus in den Blücherpark führt. Ein echter Geniestreich. Da, wo sowieso schon Radler und Fußgänger regieren, noch schnell die passende Deklaration hinterherzuschieben, ist einfach, verbessert die Bilanz – und nützt wenig. Ein schlüssiges und mutiges Gesamtkonzept, das Vorfahrt für Radfahrer wirklich ernst meint, sieht anders aus.