Kölner Ensemble „Comic-on"Theaterstück zeigt Wege aus der Mobbing-Spirale auf

Vanessa (Anna Sander, r.) verhält sich gegenüber Chris (Dorothea Salome Booz) gehässig.
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Köln-Nippes – „Wenn die Ober-Checker der Schule dich auf ihrer Liste haben, dann traut sich niemand, mit dir befreundet zu sein. Dann bist du alleine“, weiß der 16-jährige Jess (Yannick Hehlgans) aus eigener bitterer Erfahrung. Auf seiner alten Schule war er nämlich zur Zielscheibe von Mobbing geworden. Um seinem Frust darüber Luft zu machen und seine Peiniger ein wenig zu erschrecken, legte er ein Feuer, das außer Kontrolle geriet. Nach seinem Schulverweis will er in seiner neuen Klasse alles besser machen und sich aus allem heraushalten.
Doch ehe er sich versieht, findet er sich erneut in einem Intrigen-Geflecht wieder: Mit in seiner Klasse ist die nette, aber schüchtern-introvertierte Chris (Dorothea Salome Booz), die zudem einen bequemen Schlabberlook pflegt, statt den neuesten Modetrends zu folgen. Wie es sich herausstellt, kennen die beiden sich – ohne sich je zuvor persönlich begegnet zu sein – als erfolgreiche Teamgefährten aus einem Online-Strategiespiel, ihrer gemeinsamen Leidenschaft. Ebenfalls Interesse weckt Jess jedoch bei Vanessa (Anna Sander), der stylisch-schicken, jedoch oberflächlichen und intriganten „Wortführerin“ der Klasse, die Chris schon lange auf dem Kieker hat.
Diskussionsrunde nach Vorstellung
Die Sorge, ausgerechnet gegenüber der „uncoolen“ Chris bei Jess ins Hintertreffen zu geraten, stachelt sie zusätzlich an. Von einem inkriminierenden Video, bei dem sie heimlich die für den Neuzugang in der Klasse schwärmenden Chris filmt, bis zum Identitätsdiebstahl mittels Kapern von Jess' Smartphone – dessen Pin-Code sie sich zuvor listig erschlichen hatte –, reicht ihre fiese Palette, um Chris zu zermürben. Am Ende fällt ein Schuss aus dem Off, der mit einem Schlag die immer lauter anschwellende Kakophonie der Wortmeldungen und Reaktionen aus den sozialen Netzwerken auf das entblößende Video von Chris beendet.
„R@usgemobbt 2.0“ heißt das beklemmende gespielte neue Stück der Nippeser Jugendtheater-Gruppe Comic-on. Seit 1990 widmet sich das Ensemble auf theaterpädagogische Weise Themen wie Sexualität, Drogenmissbrauch, Gleichberechtigung, Zivilcourage, Kindesmissbrauch, Umweltschutz und Fremdenfeindlichkeit. Nach dem halbstündigen Stück diskutierte das Ensemble mit den in der Aula des Leonardo-da-Vinci-Gymnasiums zuschauenden fünften und sechsten Klassen – und Wege, sich dem Mobbing von Mitschülerinnen und -schülern entgegen zu stellen. „Es ist Tatsache, dass Jugendliche mitunter so gemobbt werden, dass sie sich am Ende das Leben nehmen“, betonte Hehlgans.
Eine Erkenntnis blieb aus dem Theaterstück hängen: „Wer entscheidet, dass Vanessa die Coolste der Klasse ist?“, fragten die Ensemble-Mitglieder in die Runde. Das könne sie nicht selbst entscheiden, sondern nur die Mitschüler. Durch ihr Mitlachen, ihr Schweigen und Nichtstun mache die Klasse das Mobbing möglich.
Hilfe bei Vertrauenslehrern suchen
Viele hätten die Angst, selbst gemobbt zu werden. „Dagegen anzukommen, braucht viel Mut! Aber ihr seid mit eurer Meinung nicht alleine, ihr findet Gleichgesinnte“, so ihr Appell. Es helfe, Vertrauenslehrer mit ins Boot zu holen; in extremen Fällen auch die Polizei. Zudem müsse man vorsichtig sein, welche Inhalte man teilt, oder auch nur auf dem Smartphone oder PC besitzt. „Vielleicht hat sich Vanessa unterlegen gefühlt gegenüber Chris, und hat sie dann erst recht gemobbt, damit sie wieder über ihr steht“, hatte ein Schüler vermutet. Doch alles hätte nicht funktioniert, wenn Jess in einem Punkt achtsamer gewesen wäre, so die Schüler. „Es ist wichtig, den eigenen Pin-Code niemandem zu verraten, eben so wenig wie Passwörter.“