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OrdnungsamtEinsatz im Naturschutzgebiet

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Das jähe Ende eines so entspannt geplanten Badetages in den Ferien. Beim nächsten Mal fällt die Strafe höher aus.

Köln – Es ist schon extrem verlockend, das gibt Uwe Bracke auch zu. „Aber wissen Sie“, sagt der Beamte zu den beiden jungen Männern, die ihm trübselig aus dem Wasser entgegen waten, „Sie dürfen dieses Gebiet hier eigentlich gar nicht erst betreten.“ 35 Euro Verwarnungsgeld muss er ihnen abnehmen, ihre Personalien aufnehmen und sie des Geländes verweisen. Bracke ist von der Unteren Landschaftsbehörde der Stadt Köln. Seine Mission am Dienstagmittag: Seen-Razzia in den nördlichen Naturschutzgebieten Kölns. Von der Badenberger Senke zum Stöckheimer See über den Pescher See zum Ginsterpfad.

Die Aktion war seit einigen Monaten geplant, am Dienstag will man zuschlagen: Es ist heiß, die Leute zieht es nach draußen, die Freibäder sind teuer und überfüllt. In der Kiesgrube am Ginsterpfad aber ist das Wasser klar und fast karibisch türkisfarben. Drumherum zirpen die Grillen, die Blumen blühen in Rot, Pink, Gelb, in allen Farben. Und diese Ruhe. Klar, dass die Menschen lieber dorthin gehen, um zu entspannen. Doch das ist verboten.

Der Ginsterpfad in Weidenpesch ist ein Naturschutzgebiet, eins der heiligsten Güter des Landschaftschutzes. In diesen Gebieten, die in Köln zwei Prozent der Gesamtfläche ausmachen, steht der Schutz der Natur an oberster Stelle. „Insekten und Amphibien haben hier ihren Lebensraum“, sagt Brackes Kollegin Julia von Schweinitz. Am Ginsterpfad lebt die vom Aussterben bedrohte Wechselkröte, außerdem ist er ein Rückzugsbiotop für viele Wasser- und Wiesenvögel. Seit 1991 ist er Naturschutzgebiet, und das heißt: Betreten des gesamten Geländes verboten, Baden verboten, Hunde verboten.

Ordnungsamt regelmäßig im Einsatz

Das Ordnungsamt ist hier regelmäßig im Einsatz, „zuletzt wurden im Frühling 112 Menschen hier erwischt“, sagt Klaus Simon vom Naturschutzbund, der sich seit Jahren dem Schutz des Ginsterpfads verschrieben hat. Die letzte groß angelegte Aktion wie jene am Dienstag fand vor sechs Jahren statt. Auch damals wurden einige Kräfte mobilisiert. Diesmal hat Bracke drei Kollegen der Unteren Landschaftsbehörde (ULB) mitgebracht und auch der zuständige Polizeibeamte des Bezirks Nippes ist dabei. Die sechs Kollegen des Ordnungsamtes, die bei der Aktion in den nördlichen Naturschutzgebieten eingeplant waren, haben den Trupp schon vor dem Besuch beim Ginsterpfad verlassen: Die Bomben-Entschärfung in Porz erforderte mehr Personal als gedacht.

„Man weiß nie, wie die Leute reagieren“, sagt Bracke. Er sei am Ginsterpfad auch schon „von einem umgehauen worden, den ich des Geländes verwiesen habe.“ Weidenpesch sei ein sozialer Brennpunkt, „da ist das Klientel oft nicht einfach.“

Der große Ansturm blieb aus

Der große Ansturm auf die geschützten Seen bleibt am Dienstag jedoch aus – zur Überraschung der Beamten der Unteren Landschaftsbehörde. Als sie gegen elf Uhr an die Baadenberger Senke kamen, war dort niemand, am Stöckheimer See ertappten die Beamten zwei Hundebesitzer, die ihre Tiere frei laufen ließen – auch das ist im Naturschutzgebiet verboten. In der Kiesgrube am Ginsterpfad, wo die meisten illegalen Besucher erwartet wurden, halten sich gegen 14 Uhr gerade einmal fünf Menschen auf, unter anderem die zwei 19-jährigen Jungs, die Bracke als erstes verwarnt. Sie zeigen sich reuig, „ja, ja, schon klar, muss wohl sein“, nehmen ihre Fahrräder und verabschieden sich. Eine Familie ist mit drei Hunden gekommen, auch sie bekommen eine Strafe, die sie zerknirscht dreinblickend akzeptieren. Auch ein junges Paar, das durch die Wiese radelt, wird verwarnt, 35 Euro für beide.

„Viele Leute wissen nicht Bescheid“, sagt Beatrice Schumacher von der ULB, „aber Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.“ Die meisten Naturschutzgebiete sind nicht eingezäunt, dreieckige Schilder mit einem Adler in der Mitte verweisen auf das Gebiet, daneben steht meist ein Nicht-Betreten-Schild.

Aktionen wie diese sollen in Zukunft häufiger durchgeführt werden, auch an Nachmittagen, Abenden und Wochenenden.