Seit 1985 machen die Balkone am Colonia-Hochhaus Probleme. Ab 2023 sollten sie ersetzt werden, doch auch da gab es Schwierigkeiten. So geht es weiter.
Es geht um viel GeldNach zwei Jahren Baupause geht es bei Kölns 147-Meter-Hochhaus weiter

Köln-Panorama: Der Blick auf Dom, Mülheimer Brücke und Colonia-Hochhaus
Copyright: Thilo Schmülgen
Das ist die Geschichte der Balkonsanierung an Deutschlands einst höchsten Wohnhochhaus. Und das ist die Geschichte, warum sich der Austausch der insgesamt fünf Kilometer langen Brüstungen seit Jahren immer wieder verzögerte, teurer wurde – und welche Rolle Bundesschatzbriefe bei alldem spielen.
Es ist die Geschichte des Colonia-Hochhauses in Riehl. Die seit zwei Jahren ruhende Baustelle soll dieses Jahr wieder aufgenommen werden, das Hochhaus bis Frühjahr 2027 eine neue Außenhaut erhalten. Es geht um viel Geld: 26,7 Millionen Euro. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Worum geht es bei der Sanierung in Köln?
Um das Colonia-Hochhaus, das auf der linken Rheinseite zwischen Mülheimer und Zoobrücke steht. Es stammt aus dem Jahr 1973 und war mit 147 Metern lange Deutschlands höchstes Wohnhochhaus, mittlerweile liegt es laut der zuständigen WEG-Hausverwaltung auf Rang zwei hinter dem 180 Meter hohen Grand Tower in Frankfurt. In Köln ist nur der Köln-Turm im Mediapark mit 148,50 Meter etwas höher, wenn man Kirchtürme oder Sendemasten nicht einrechnet. Die Zeitung „Welt“ überschrieb 1973 einen Artikel über die 45 Etagen mit: „Die senkrechte Gesellschaft“.
Rund 1000 Menschen leben in dem Haus in 352 Eigentumswohnungen, zudem sind 21 Gewerbefläche vorhanden. 60 Prozent der Wohnungen nutzen die Eigentümer, 40 Prozent sind vermietet. David Hüßler, Vorsitzender des Eigentümerbeirats und selbst Bewohner, sagt: „Im Colonia-Hochhaus zu wohnen, ist schon etwas Besonderes wegen des Ausblicks, aber auch wegen des Schwimmbads, der Sauna, des Fitnessraums oder des Pförtners.“ Inklusive Antenne misst es 155 Meter, die Spitzen des Kölner Doms sind nur etwas höher mit 157,22 und 157,18 Meter. Weil das Gebäude mal der Axa-Versicherung gehört und der Schriftzug an der Gebäudespitze zu sehen ist, nennen es viele Axa-Hochhaus.
Was ist das Problem am Colonia-Hochhaus?
Die Balkonbrüstungen aus Waschbeton – und zwar schon lange. Im Jahr 1985 sichern die ersten Bewohnerinnen und Bewohner ihre Balkone mit Zugklammern. Die Planer hatten die Windkräfte laut WEG um 50 Prozent unterschätzt, Wasser und Sauerstoff drangen in die entstehende Fuge ein und zerstörten die Verankerung. Die WEG schreibt: „Die Konstruktion der Brüstungselemente entsprach nicht den Regeln der Technik, da Schwarzstahl anstelle von rostfreiem Stahl verwendet wurde.“ 2009 stellten Sachverständige Schäden am Beton fest, es brauchte zusätzliche Sicherungen. Ein Fangnetz über dem Eingang soll herabfallende Betonteile aufhalten.
Und was passierte danach?
Es brauchte eine umsetzbare und bezahlbare Lösung, auf die sich alle Eigentümer einigen konnten. Und das war alles andere als einfach. Am 21. Januar 2013 schrieb der „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Balkonstreit entzweit die Hochhaus-Bewohner.“ Viele befürchteten angesichts der damals geschätzten Kosten von insgesamt 17 Millionen Euro, sich die Balkonsanierung nicht leisten zu können. Die Kosten werden auf die Bewohner umgelegt, die Größe ihrer Wohnung ist entscheidend. Mehrere zehntausend Euro pro Wohnungen standen schon damals im Raum. Von neuen Glasbalkonen statt des Waschbetons war die Rede. Doch 2015 veränderte sich die Situation.

Colonia-Hochhaus: Das kleine Bild stellt das alte und neue Material gegeneinander (links). Rechts der Testbalkon am Hochhaus.
Copyright: Wansleben Architekten
Warum veränderte sich die Situation am Colonia-Hochhaus?
Weil Stadtkonservator Thomas Werner das Hochhaus am 2. Juni 2015 unter Denkmalschutz stellte. Und für ein Denkmal ist es wichtig, wie es nach außen wirkt, also ob die Balkone eins zu eins durch neuen Waschbeton oder Aluminium oder Glas ersetzt werden. Laut Werner ist die Antwort auf diese Frage „entscheidend“, ob der Denkmalwert erlischt, wenn ein Material gegen ein anderes ausgetauscht werde. 2015 planten die Eigentümer mit einer neuen Aluminiumlösung, sie war mit 17,5 Millionen Euro angesetzt und damit neun Millionen Euro günstiger als ein Waschbeton-Austausch.
Aber es werden jetzt doch Glasbalkone?
Ja. Auf das Aluminium verzichteten die Eigentümer doch, stattdessen war 2021 in Verkaufsanzeigen für Wohnungen die Rede davon, „die bestehenden Beton-Balkonbrüstung durch eine Leichtbaukonstruktion mit eingespanntem Glas zu ersetzen“. Die Lösung soll die Windkräfte besser verteilen. Optisch handelt es sich um bedrucktes Glas, dessen Aussehen dem bisher verwendeten Waschbeton nahekommen soll. Stadtkonservator Werner macht den Status als Denkmal abhängig davon, ob das „charakteristische Erscheinungsbild“ auch nach dem Austausch erhalten bleibt.

Die neuen Balkonbrüstungen lagern in einer Halle.
Copyright: WEG/Petr
Wann beginnt der Austausch der Balkone?
Er hätte eigentlich dieses oder nächstes Jahr beendet sein soll. Im Juni 2023 wurden die beiden großen Kräne auf das Haus gehievt (wir berichteten), nach dem Aufbau der Baulogistik sollte es losgehen. Doch es passierte nichts, nur die Kräne sind weiterhin zu sehen. Laut WEG-Geschäftsführer Michael Petr gab es Probleme mit der Baulogistik-Firma, sie wurde gegen zwei neue Unternehmen ausgetauscht. Am 27. März hat die Eigentümerversammlung ihr Okay gegeben. Für den Austausch lässt die WEG nicht das gesamte Haus einrüsten, sondern die Arbeiter arbeiten sich über sogenannte Mastkletterbühnen von oben nach unten. Im Mai oder Juni soll der Aufbau der Bühnen beginnen, im September soll der erste Balkon abgesägt werden. Bis Ende des Jahres laufen die Arbeiten und der Aufbau der Logistik laut Petr parallel. Der neue Ablaufplan ist aber noch im Feinschliff.
Die neuen Balkonbrüstungen liegen schon in einem Kölner Lager. Petr sagt: „Es ist uns trotz der Verzögerungen gelungen, all die Firmen bei Laune zu halten. Mit dem neuen Bauzeitplan hoffen wir, im Frühjahr 2027 mit dem Austausch der Balkonbrüstungen fertig zu sein. Wir sind zuversichtlich, dass uns das gelingt.“ Auch Bewohner Hüßler sagt: „Wir sind sehr froh, wenn es losgeht und hoffen, dass der Bau dann zeitig abgeschlossen ist.“

Die Außenansicht des Colonia-Hochhauses in Köln am Rhein.
Copyright: Thilo Schmülgen
Was bedeutete die Verzögerung?
Dass ein Teil des Risikobudgets aufgebraucht wird. Jeder Eigentümer zahlte nochmal 50 Euro je Quadratmeter, was bei einer Gesamtwohnfläche von 28.075 Wohnfläche einen Puffer von 1,43 Millionen Euro macht. Hüßler sagt: „Wir sind gut aufgestellt und haben gut vorgesorgt mit dem Puffer für Unwägbarkeiten.“ Laut Petr haben die Eigentümer wegen der Verzögerung einen hohen Millionenbetrag in Bundesschatzbriefe angelegt, um das Geld zu vermehren.
Was heißt das für die Eigentümer im Colonia-Hochhaus?
Dass sie viel Geld bezahlen müssen: Pro Quadratmeter müssen sie 950 Euro zahlen. Die kleinsten Wohnungen im Haus haben 35 Quadratmeter, ihre Eigentümer mussten 33.250 Euro zahlen. Die größten Wohnungen verfügen über 118 Quadratmeter, was 112.100 Euro Umlage entspricht. Manche besitzen auch mehrere Wohnungen und müssen mehr zahlen. Zwei der rund 300 Eigentümer haben gegen die Umlage geklagt, sie müssen für ihre jeweils 66 Quadratmeter großen Wohnungen 62.700 zahlen. Laut Petr verloren sie den Rechtsstreit und müssen jetzt auch für die Kosten aufkommen.