Unterschlupf bei den Katholiken
Riehl – Wenngleich die Vorfreude auf die runderneuerte Stephanuskirche und den Komplett-Neubau des evangelischen Gemeindezentrums groß sind, so liegt doch etwas Wehmut in der Luft. Das ist deutlich zu spüren im Gemeindesaal, wo das Presbyterium zu einer seiner Sitzungen zusammentritt – eine der letzten im alten Zentrum, wie man es seit den 1960er Jahren kennt. Denn die Räume an der Brehmstraße 6 werden in aller Kürze abgebrochen. „Binnen der nächsten Wochen, voraussichtlich Anfang Juni, beginnt der Rückbau des alten Gemeindezentrums“, erläutert der Riehler Pfarrer Uwe Rescheleit.
Die evangelische Gemeinde hat sich bereits feierlich von den Pfarrzentrums-Räumen sowie – zeitweilig – von der Kirche verabschiedet. Anfang Mai fand der Abschiedsgottesdienst in der Stephanuskirche statt; danach zog eine Prozession mit der Altarbibel und einigen liturgischen Gegenständen zur Kirche St. Anna auf dem Gelände der Sozial-Betriebe Köln (SBK). Hier finden während der nächsten zwei Jahre die Gottesdienste statt; das übrige Gemeindeleben wird in die katholische Kirche St. Engelbert im Riehler Ortskern und den Pfarrräumen der evangelischen Petri-Kirche in Niehl stattfinden. „Es war ein stimmungsvolles Abschiedsfest, das alle bewegt hat“, erklärt die Runde vor der Presbyteriums-Sitzung im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ einhellig.
Schon seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts, erläutert Rescheleit, habe es Neubaupläne gegeben für das Ensemble, das von 1963 bis 1965 entstand. Zum Entschluss für den Neubau habe beigetragen, dass sich die Bausubstanz des Gemeindezentrums maroder dargestellt habe als zunächst erwartet. „Wir dachten vorher, mit einer Renovierung für 100 000 Euro wäre es vielleicht auch getan.“
Ab 2011 begannen die konkreten Planungen für das neue Zentrum nach Entwürfen des Kölner Architekturbüros Klaus Zeller, das sich zukünftig über zwei Etagen erstrecken wird, inklusive drei Mietwohnungen im Obergeschoss, größerer Gemeinderäume und moderner Küche. Mit ein Grund war aber auch, dass die Gemeinderäume schon lange nicht mehr zeitgemäß und vor allem viel zu klein dimensioniert waren. Die Kirche selbst bekommt unterdessen eine neue Außenhaut und wird auch energetisch optimiert; wie auch bisher bleibt sie räumlich mit dem Gemeindezentrum verbunden. Etwas kurios: Der allererste Entwurf zu Beginn des Jahrtausends sah einen Gemeindezentrums-Neubau mit deutlich mehr Wohnungen vor – welche die Gremien damals als nicht nötig erachtete, heute aber dringend brauchen würde. Ein Arbeitskreis von zehn Personen, größtenteils Ehrenamtlern aus der Gemeinde, kümmerte sich ums Neubauprojekt und trieb es voran.
Eine Sorge, die die Runde außerdem plagt, scheint durch die Umbauarbeiten und den teilweisen Wegzug aus Riehl nicht mehr so präsent zu sein. „Wir sind zwei Jahre lang nicht mehr sichtbar, dadurch, dass wir nicht mehr da sind“, erläutert Rescheleit. „Doch wir freuen uns schon auf die Rückkehr in die Kirche. Sie ist schön, besitzt eine tolle Akustik und hat einfach Zukunft.“
Froh sind die Gemeindemitglieder außerdem über die guten Kontakte zu den Katholiken, die ein Interim in dieser Form erst möglich gemacht haben. „Das geht nur durch die Kooperation, es ist ein schönes Zeichen gelebter Ökumene.“ Da passte es auch ins Bild, dass der katholische Pfarrer Stefan Klinkenberg den Abschiedsgottesdienst gemeinsam mit Pfarrrer Rescheleit hielt. Und auch Vertreter der Liberalen Jüdischen Gemeinde, die ihren Sitz in der ehemaligen evangelischen Kreuzkapelle und heutigen Synagoge hat, feierten mit.
Pfarrer Uwe Rescheleit
Pfarrer Uwe Rescheleit