WilhelmplatzTaj Mahal in Köln-Nippes könnte bald Geschichte sein
- Bezirkspolitiker wollen Neugestaltung prüfen lassen – Bürgerbeteiligung und Hochschul-Wettbewerb gefordert
Köln-Nippes/Riehl – Eines scheint klar: Der scherzhaft „Taj Mahal“ genannte Trafo-Überbau mit großer Treppe und Flugdach auf dem Wilhelmplatz wird in diesem Leben keinen Schönheitspreis mehr erhalten. Auch eine Würdigung als Weltkulturerbe dürfte wohl dem Original im indischen Agra vorbehalten bleiben. Und auf dem Nippeser Marktplatz selbst gibt es stadtgestalterisch ebenfalls sicher noch eine Menge Luft nach oben.
Das finden auch die Nippeser Bezirksvertreter – und regen 26 Jahre nach der letzten Platz-Umgestaltung, in deren Rahmen auch das umstrittene Bauwerk entstand, einen Befreiungsschlag an: Sie wollen eine komplette Neuplanung des Platzes in Gang bringen. Ideen hierzu soll ein Gestaltungs-Wettbewerb liefern, an dem Architektur-Studenten von Hoch- und Fachhochschulen teilnehmen können. Hierzu stellen die Politiker 5000 Euro aus ihrem Etat für bezirksorientierte Mittel als Preisgeld zur Verfügung.
Die Umgestaltung könnte, so der gemeinsame Antrag von SPD, CDU und Bündnis 90/Grünen, auch den Abbruch des „Taj Mahal“ und die Verlegung der Trafos unter die Erde bedeuten. Bei der Neugestaltung sollen außerdem mehr Fahrrad-Parkplätze und eine funktionierende Toilette auf dem Platz entstehen (die bestehende im Taj Mahal ist seit acht Jahren defekt und nicht wirtschaftlich reparabel). Denkbar wäre auch Fläche für Außengastronomie. Bei alledem solle der Wochenmarkt in seinem bisherigen Umfang erhalten bleiben.
Sitzung im Zoo-Restaurant in Riehl
Den Antrag beschloss die Runde einstimmig, bei Enthaltung des parteilosen Michael Gabel (Ex-„pro Köln“). Doch bei der mit mehr als 30 Gästen sehr gut besuchten Sitzung im Zoo-Restaurant wurde deutlich: Auch dem derzeitigen Zustand können die Bürger einiges abgewinnen – und hätten gegen eine Komplett-Neugestaltung Bedenken. „Ich nutze die Taj-Mahal-Treppe als Balkon, weil mir selber in der Wohnung einer fehlt“, erzählte ein Anwohner des Wilhelmplatzes. „Dass direkt ein Abriss gefordert wird, hat mich schockiert. In jüngerer Zeit habe ich mit vielen Leuten dort gesprochen, wohl niemand von ihnen hätte dafür plädiert, dass die Treppe abgebrochen werden soll.“ Der Ort sei auch wichtig als offener Treffpunkt „ohne Konsumpflicht, wo man jederzeit kommen und gehen kann und auch nach Ladenschluss verweilen darf“, merkte er an. Nur die Treppenstufen könnten häufiger gereinigt werden, fand er.
„Wir sind sehr eng und haben kaum Platz in Nippes, aber hier haben wir mal einen richtigen Platz“, ergänzte Künstlerin Oda Lang. „Beim Open-Air-Theater dachte ich mir, das ist nun der Auftakt, dass der Wilhelmplatz multifunktionell genutzt wird.“ Auch die Betreiberinnen des Kaffeekiosks im Taj-Mahal-Seitenflügel, Marthe Berens und Ilka Buchloh, die vor kurzem ihr fünfjähriges Bestehen feierten, sorgten sich um den Fortbestand ihres Kiosks, sollte das Bauwerk einmal verschwinden. „Unser Kiosk hat den Platz verändert, wir ziehen Menschen an – junge, alte, auch Flüchtlinge, die auf der Treppe sitzen. Dass der Marktplatz genutzt wird, ist das, was uns sehr glücklich macht.“
Die Politiker versuchten, die Sorgen der Anwesenden zu zerstreuen. „Es geht uns darum, perspektivisch etwas zu entwickeln“, beruhigte Bezirksbürgermeister Bernd Schößler (SPD). „Unser Antrag ist als Denkanstoß zu verstehen; eine Verlegung der Trafos würde auch nicht von heute auf morgen passieren.“ Man sei im Übrigen sehr froh, dass der Kiosk den Platz so belebe. Auch eine Bürgerbeteiligung sei fest angedacht. „Wichtig bei all den Punkten ist auch die Möglichkeit, den Platz nichtkommerziell zu nutzen, wie jetzt beim Freiluft-Theater“, ergänzte Andree Willige (Linke). „Das sollten wir als Zielpunkt mit aufnehmen.“ Und Winfried Steinbach (SPD) betonte: „All das, was die Bürger sich wünschen, wäre nicht ausgeschlossen, sondern könnte mit einer Neugestaltung sogar intensiviert werden.“ Das Taj Mahal sei auf Dauer nicht mehr zu gebrauchen, „es ist von innen so marode wie die VfL-Tribüne“, meinte er in Anspielung auf die älteste noch erhaltene Fußball-Besuchertribüne von 1920 auf dem Pferderennbahn-Gelände, wo einst sogar Endspiele zur Deutschen Meisterschaft stattfanden.
Eine weitere Anwesende brachte einen möglicherweise lohnenden Gedanken auf: Man könne doch die Bürgerbeteiligung vor dem Architekten-Wettbewerb stattfinden lassen. „Das könnte die Kriterien der Bürger für eine Umgestaltung definieren und den studentischen Planern eine Grundlage schaffen.“