Manager Hendrik Biergans will für die CDU Kölns OB werden. Doch der CDU-Vorstand hat Parteichef Karl Mandl als Kandidat nominiert.
OB-Kandidat der Kölner CDUErster Gegenkandidat für Parteichef Mandl steht fest
Am Tag danach geht es um die Deutungshoheit in der Kölner CDU. Was sind 17 Ja-Stimmen, neun Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen für Parteichef Karl Mandl wert – wenn nur er als OB-Kandidat sich dem erweiterten Parteivorstand präsentiert?
Dieses Ergebnis hat Mandl am Montagabend eingefahren, das Gremium nominiert ihn als OB-Kandidaten für die Wahl im Herbst 2025. Die absoluten Zahlen entsprechen einer Zustimmung von 60,7 Prozent und einer Ablehnung von 32,1 Prozent. Die CDU selbst zählt die Enthaltungen nicht mit und spricht von 65 und 35 Prozent.
Mandl spricht von Rückenwind
Üblicherweise gelten nach der Logik der Partei rund 61 Prozent als kein gutes Ergebnis, doch Mandl selbst spricht am Dienstag in einer Pressemitteilung von „Rückenwind“. Tatsächlich handelt es sich um eine Mehrheit.
Trotzdem teilen viele Mandls Einschätzung nicht, unter anderem Hendrik Biergans (44), der ebenfalls OB-Kandidat der Kölner CDU werden will. Das kündigt Biergans nach der Vorstandssitzung an, der Innenstadt-Politiker gehört dem Vorstand nicht an und ist damit offiziell der zweite Kandidat für die Wahl der CDU am 30. November.
Biergans kündigt Kandidatur an
Biergans sagt: „Es ist ein deutliches Zeichen, dass bei einer Abstimmung, bei der nur ein Kandidat zur Verfügung steht, ein Drittel des Vorstandes gegen diesen Kandidaten stimmt.“ Daher sei für ihn nun klar, dass nun der richtige Zeitpunkt für eine Kandidatur gekommen sei. Biergans sagt: „Die CDU Köln hat auf dem Aufstellungsparteitag eine Option verdient, die für Ehrlichkeit, Integrität und Führungsstärke steht.“
Auch andere Vorstandsmitglieder teilen Mandls Einschätzung nicht, sie bezeichnen das Ergebnis als „bemerkenswert negativ“ oder als „ehrlich“. Letzteres gilt im Politiker-Deutsch als verklausulierte Formel, um ein maues Ergebnis zu beschönigen. Nachfragen zum Ergebnis und auch zu weiteren Themen an Mandl selbst sind laut Partei nicht möglich, sie verweist auf eine Pressekonferenz am Donnerstag.
Am heutigen Mittwoch soll zunächst noch die 20-köpfige Fraktion im Rat über Mandls Kandidatur abstimmen. Stimmt auch sie mehrheitlich zu, hat Mandl die beiden wichtigsten Gremien hinter sich. Wie viel und ob das etwas wert ist, wird sich am 30. November in der Kölner Messe zeigen, wenn die Mitglieder den Kölner CDU-Kandidaten aufstellen.
Gremium scheitert mit Kandidatenfindung
Denn die Nominierung der Gremien ist eine Empfehlung, aber sie sind nicht bindend. An Tag der Aufstellungsversammlung zählt vor allem, wer wie viele Mitglieder für sich mobilisieren kann. Das gilt auch für Kandidaten, die am Tag selbst sich noch für eine Kandidatur entscheiden können.
Rund drei Stunden hatte der erweitere Vorstand am Montag in hybrider Sitzung getagt, ein Teil nahm also digital teil. Zunächst stellte Vize-Parteichef Thomas Schneider den Bericht der Vorschlagskommission vor, er gehörte selbst dem Gremium an. Weil die acht Mitglieder sich nach monatelanger Suche auf keinen Kandidaten einigen konnten, hatte die Kommission das Verfahren ohne Empfehlung zurück an den Vorstand gegeben – und Mandl sich als Kandidat selbst ins Spiel gebracht. Obwohl er mehrfach betont hatte, dass Mitglieder der Kommission nicht infrage kämen.
„Peinlich“, „desaströs“ oder „Armutszeugnis“ sind die Begriffe, die mehrere Mitglieder aus Fraktion, Vorstand oder Partei verwenden, unter anderem das frühere Ratsmitglied Lothar Lemper. Laut „Rheinischer Post“ hatte die Kommission auch den Mediziner Klaus Goder aus Neuss zu Gesprächen eingeladen, doch der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsunion lebt mittlerweile in der Schweiz und beide Seiten einigten sich demnach darauf, dass andere Kandidaten geeigneter sind.
Biergans selbst konnte seine Kandidatur am Montagabend nicht in der Sitzung verkünden, er zählt nicht zum Vorstand. Laut mehrerer Teilnehmer fragte ein Mitglied, ob es weitere Interessenten neben Mandl gibt, sonst mögen sie „für immer schweigen“. Doch auf diese offenbar eher humorvoll gemeinte Einlassung verkündete niemand anderes sein Interesse.
Kehrl schweigt weiter
Beispielsweise auch der frühere Landtagsabgeordnete Oliver Kehrl tat das nicht, ihm werden seit Monaten Ambitionen nachgesagt. Kehrl wiederholte am Dienstag seine Aussage von Sonntag: „Kein Kommentar“.
Mandl selbst teilte mit: „Als OB werde ich mich für die Interessen aller Kölnerinnen und Kölner einsetzen. Lassen Sie uns gemeinsam anpacken für ein besseres Köln, in dem wir leben wollen.“ Er will eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur schaffen, Köln sicher und sauber machen und der Wirtschaft Impulse verleihen.
Biergans, CDU-Vorstandsmitglied des Bezirks Innenstadt, sagte: „Um den Krisenmodus zu beenden, bin ich der Überzeugung, wir brauchen einen starken CDU-Oberbürgermeister, der aufräumt, durchgreift und dabei stets die Kölnerinnen und Kölner in den Mittelpunkt stellt.“ Er will einen Mobilitätsmix, mehr Ordnung und Sicherheit und die Wirtschaft fördern. Biergans arbeitet als Manager für Tabakwarenhersteller JTI, ist verheiratet und hat zwei Kinder.