Torsten Burmester kandidiert für die SPD bei der Oberbürgermeisterwahl im September. Im Interview spricht er über Ziele und seinen Führungsstil.
SPD-Politiker Torsten BurmesterKölner OB-Kandidat: „Man muss diese Stadt kraftvoll führen“
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Torsten Burmester beim Gespräch im Neven DuMont Haus
Copyright: Alexander Schwaiger
Herr Burmester, Sie haben angekündigt, bis zu den Kommunalwahlen alle Kölner Veedel besuchen und 10.000 Kölnerinnen und Kölner treffen zu wollen. Wie weit sind Sie?
Die Zahl läuft runter von 10.000, fast 400 Gespräche habe ich schon geführt. Veedel sind es aktuell über zehn.
Und macht es noch Spaß?
Sehr viel. Ich war zum Beispiel im nördlichsten Zipfel von Köln, in Worringen, bei einer Karnevalssitzung. Dort habe ich Engagement aus dem Veedel für das Veedel erlebt, das war beeindruckend. Ich habe bei meiner Vorstellung als OB-Kandidat auf das Thema Demokratie-Gefährdung verwiesen und das Akzeptanzproblem, das auch lokale Politik hat. Das bekommt man nur gedreht, indem man sich authentisch mit den Menschen vor Ort unterhält.
Sie waren bislang ein Mann der Verwaltung, standen immer eher abseits des Scheinwerferlichts. Warum zieht es Sie jetzt in die erste Reihe?
Es geht mir um die Gestaltung meiner Heimatstadt. Ich bin seit fast 40 Jahren in Köln, und meine Kinder wachsen hier auf. Ich will als Oberbürgermeister etwas zum Positiven zu verändern; ich will, dass diese Stadt wieder funktioniert, und das motiviert mich sehr. Tatsächlich gibt es hier in Köln ja eine Menge anzupacken.
Zur Person
Torsten Burmester, 62 Jahre, wurde in Niedersachsen geboren und wuchs in Remscheid auf. Er lebt seit 40 Jahren in Köln, ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er hat an der Deutschen Sporthochschule in Köln studiert, arbeitete von 2002 bis 2005 als persönlicher Referent von Bundeskanzler Gerhard Schröder, war Abteilungsleiter im Bundesinnenministerium sowie im Schul- und Wirtschaftsministerium in NRW. Nach zwei Jahren als Generalsekretär des Deutschen Behindertensportverbands war er von 2022 bis 2024 Vorstandsvorsitzender des Deutschen Olympischen Sportbundes.
Ihr letzter Arbeitgeber, der Deutsche Olympische Sportbund, hat Sie rausgeworfen, kaum dass Sie Ihre Kandidatur in Köln bekannt gemacht hatten. Schmerzt Sie das noch?
Wenn man diese Entscheidung trifft, muss man mit Konsequenzen rechnen, auch wenn man sie für falsch hält. Ich halte es nach wie vor für falsch, so mit Kandidaturen umzugehen. Unabhängig von meiner persönlichen Situation. Die ist geklärt. Jetzt heißt es: Volle Kraft für Köln.
Wenn Sie Oberbürgermeister werden, was ist dann Ihr wichtigstes Ziel?
Diese Stadt muss wieder funktionieren. Ich will die Probleme mit konkreten Maßnahmen angehen, im ÖPNV, beim Thema Sicherheit und Sauberkeit, bei Arbeitsplätzen und im sozialen Wohnungsbau.
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OB-Kandidat Torsten Burmester
Copyright: Alexander Schwaiger
Wie wollen Sie bezahlbaren Wohnraum in Köln schaffen?
Wir haben in Köln im Vergleich der Großstädte die größte Nachfrage nach Wohnungen – und die geringste Bautätigkeit. Das führt dazu, dass die Mieten 2023 in Köln, was Neubauten angeht, um 16,1 Prozent gestiegen sind. Das, was ich im Moment in der Pipeline sehe an Neuentwicklungen – mit der Parkstadt Süd, mit dem Deutzer Hafen oder dem Mülheimer Süden – sind maximal 14.000 bis 15.000 Wohnungen in den nächsten gut zehn Jahren. Das wird nicht ausreichen.
Wie wollen Sie die Probleme lösen?
Die Stärkung des genossenschaftlichen Bauens wird eine wichtige Rolle spielen. Und auch, dass wir Grundstücke im Erbbaurecht vergeben. Dort, wo öffentlich geförderter Wohnraum entsteht, ist das auch mit einem Zins von null Prozent möglich. Dann haben wir mal ein kooperatives Baulandmodell beschlossen, das ist bisher aber nicht umgesetzt worden. Wir müssen bei Baugenehmigungen schneller werden. Und es heißt immer, wir hätten keine Flächen mehr. Das ist falsch. Einige müssten nur in der Regionalplanung verankert und in der Bauleitplanung umgesetzt werden.
Ist das ein Plädoyer dafür, Grünflächen stärker zu versiegeln als bisher geschehen?
Im Vordergrund stehen innerstädtische, bereits versiegelte Flächen, die einer wohnungsbaulichen oder gewerblichen Nutzung zugeführt werden können. Das allein wird aber nicht reichen: Ich will dafür sorgen, dass zusätzliche Flächen in den Außenbereichen unserer Stadt weiterentwickelt werden, auch mit einem ökologischen Mehrwert. Mit Dogmen kommen wir nicht mehr weiter. Gewerbe, Industrie, Wohnungsbau – das alles braucht grundsätzlich Flächen. Im Vergleich zu anderen Großstädten ist Köln nicht so dicht besiedelt. München hat 1,5 Millionen Einwohner auf rund 200 Quadratkilometern. Köln hat gut eine Million auf 405 Quadratkilometern.
In Köln ist viel von fehlender Führung die Rede. Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Das ist ja wie ein Bewerbungsgespräch.
Sie bewerben sich doch auch, oder?
Ja, ich bewerbe mich bei allen Kölner Bürgerinnen und Bürgern. Ich habe viel Verwaltungserfahrung und viel Erfahrung in der Führung von Mitarbeitern und Teams. Ich glaube, dass man Menschen Verantwortung geben muss für ihr eigenes Handeln. Ich werde mit klaren Zielvorgaben führen und zugleich eine Kultur einführen, in der Fehler nicht bestraft, sondern als Chance zum Lernen begriffen werden. Und das alles zusammen führt dann hoffentlich dazu, dass es eine Stadtverwaltung gibt, die funktioniert, die motiviert ist und die diese Stadt trägt: dienstleistungsorientiert, bürgernah, unternehmensnah.
OB Henriette Reker hat zuletzt geklagt, dass Köln als Millionenstadt, deren Haushalt größer ist als der des Saarlandes, nicht mit ehrenamtlichen Politikern zu steuern sei. Was ist Ihre Meinung dazu?
An den Rahmenbedingungen kann ich nichts ändern, das wäre Ländersache. Aber selbstverständlich sehe ich auch die Belastung, die Ratsmitglieder auf sich nehmen. Nichtsdestotrotz kann und muss man diese Stadt kraftvoll führen und steuern. Auch in anderen Großstädten in Nordrhein-Westfalen gelingt das. Als Oberbürgermeister wird es meine Aufgabe sein, für meine Politik Mehrheiten im Rat zu finden. Da werde ich mich auf die SPD verlassen können, aber es braucht sicherlich auch weitere Partner.
Haben Sie ein Wunschbündnis?
Ich wünsche mir ein Bündnis, das die Probleme in Köln endlich anpackt und löst.
Keine Farben?
Farbenspiele sind immer schön, aber sie müssen sich an der Realität orientieren. Und die Realität wird es erst nach der Kommunalwahl im September geben. Über die AfD rede ich bewusst nicht. Da habe ich eine klare Haltung. Aber mit allen demokratischen Fraktionen muss man zusammenarbeiten können. Das ist ohne Alternative, wenn ich an die großen Projekte denke, die in Köln anstehen und entschieden werden müssen. Der Ausbau der Ost-West-Achse etwa ist ein Projekt, das man aus meiner Sicht nur mit einer ganz breiten Mehrheit entscheiden darf, weil es viele weitere Folgebeschlüsse geben wird.
Die OB bemängelte die Verwahrlosung der Stadt und sagte, die Situation ließe sich vor allem mit restriktiveren Mitteln verbessern. Wird es mit Ihnen restriktivere Maßnahmen für mehr Ordnung geben?
Entschiedenes Einschreiten ist genauso wichtig wie soziale Hilfsangebote. Es braucht dieses Tandem. Gäbe es nur restriktive Maßnahmen, würde das Problem an andere Stadtteile oder Orte verdrängt, das wäre falsch. Ich bin zum Beispiel für eine ständige Präsenz und eine ständige Ansprechbarkeit des kommunalen Ordnungsdienstes. Wir brauchen am Neumarkt eine Citywache, die mit Hilfe der Polizei dazu beiträgt, den illegalen Drogenhandel zu unterbinden. Es sind ja kriminelle Dealer, die sich rund um den Neumarkt angesiedelt haben.
Köln muss sparen. Sie haben gesagt, dass Sie die Einnahmen der Stadt steigern wollen. Wie?
Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt: Wenn wir in Köln in der Wirtschaftsförderung Rahmenbedingungen für Unternehmen setzen würden wie in Frankfurt, München, Hamburg oder Berlin, könnten wir die Gewerbesteuereinnahmen deutlich erhöhen. Ich will Wirtschaft und Arbeit stärken. Das erreichen wir, indem wir mit einer klaren Strategie innovative Branchen ansprechen, aber Handwerk und das produzierende Gewerbe nicht vergessen.
Sie kandidieren nicht für den Rat, sondern nur als Oberbürgermeister. Im Fall einer Niederlage hieße das, Sie kehren der Kölner Politik schnell wieder den Rücken?
Ich strebe kein Ratsmandat an, weil ich der Überzeugung bin, dass ich den Rat als Oberbürgermeister leiten werde. Und ich wäre auch nicht weg aus Köln, wenn es nicht so käme. Ich bin und bleibe in Köln und werde mich immer aktiv in die Kölner Politik einbringen.
Wenn Sie einem Freund aus Amerika oder Australien erklären müssten, warum Sie Köln ausgesucht haben als die Stadt, in der Sie leben und Oberbürgermeister werden wollen, was würden Sie sagen?
Köln hat eine starke, positive Haltung. Das ist es, was junge Menschen, die nach Köln kommen, begeistert und hier hält. Das hat mich übrigens vor 40 Jahren auch hier gehalten. Wer will, wird hier sehr schnell ein Teil von Köln und trägt die einzigartige Haltung der Menschen in unserer Stadt weiter.
Können Sie diese Kölner Haltung beschreiben?
Das ist dieses Gefühl, dass wir in Köln zusammengehören. Dass es egal ist, aus welchem Teil der Welt jemand kommt. Wir sind tolerant und tragen das nach außen. Ich denke da an die vielen Flaggen, die mitunter aus den Fenstern hängen: für das Veedel, gegen Rechtsextremismus. Für das Veedel mit Toleranz. Das mag ich.
Wo gehen Sie hin, wenn Sie entspannen wollen in Köln?
Auf den Fußballplatz in Sürth. Oder eine Runde am Rhein entlang über die Süd- und die Rodenkirchener Brücke. Oder zum kleinen Büdchen am Südpark, da kann man guten Kaffee trinken und sich austauschen.