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Oh, du fröhliche Nachbarschaft

Lesezeit 3 Minuten

Katja Masuhr (l.) und einige ihrer Nachbarn, die alljährlich aus ihrer Sackgasse einen riesigen Adventskalender machen.

Bickendorf – Der Rotdornweg ist ein beschauliches Sträßchen. Die Reihenhäuschen aus den 20er-Jahren, die Wilhelm Riphahn einst erbaute, stehen individuell Seit an Seit und geben dem ganzen Viertel ein beschauliches Flair. 4, 20 Meter breit sind sie, nur die Hausnummer 41 ist doppelt so breit. Die Bewohner legten zwei Häuschen zusammen. Hier im Garten von Martina Lanzerath trifft sich an einem Sonntag im Advent die ganze Nachbarschaft – zumindest die, die am Projekt Adventskalender beteiligt sind.

Keiner der Nachbarn erinnert sich an das genaue Premieren-Jahr, aber „der Jan war da noch ganz klein, es muss also mindestens zehn Jahre her sein“, erinnert sich Katja Masuhr, die damals den Anstoß gab. „Ich dachte, dass wir uns doch dekomäßig einfach zusammentun könnten, die meisten waren dann sofort dabei.“

Zunächst wurden Pappzahlen ins Fenster gestellt, doch schon im zweiten Jahr wurde fleißig gewerkelt. Im „Baustellenhaus“ von Walter Neis. „Wir bauten damals das Haus für unsere Tochter um. Da ich alles selbst machte, dauerte es halt länger und das Haus hatte seinen Spitznamen weg“, sagt der 69-jährige Neis. Ein idealer Ort jedenfalls für eine temporäre Holzwerkstatt: Die Männer aus der Nachbarschaft taten sich zusammen und sägten die Zahlen aus. Wer welche bekam, bestimmten die Kinder. Martina Lanzeraths Tochter wollte unbedingt die Nikolaus-6, die Jahr für Jahr am Spielhaus in ihrem Garten leuchtet. Katja Masuhrs Sohn bestand auf der 24. Inzwischen ist das Glühweintrinken im Garten fester Bestandteil des alljährlichen Rituals. Und auch am Vorabend von Heiligabend hat sich ein besonderes Prozedere eingebürgert. „Mit ein paar Nachbarinnen gehen wir dann ein Bierchen trinken und wenn wir zurückkommen, gibt es um Punkt 24 Uhr einen Schnaps, einen Weihnachts-Absacker. Dann wird auch die 24 eingeschaltet“, erzählt Katja Masuhr. Dazu gesellen sich dann auch die Brüder Martin und Lukas von gegenüber, die mit Posaune und Klarinette Weihnachtslieder spielen. Im Laufe der Jahre sind die Leucht-Zahlen auch schon von einem Besitzer zum anderen gewandert. Heiko Schmidt etwa lebt erst seit drei Jahren im Rotdornweg. Dass er die 19 übernahm, war Ehrensache. „Das ist doch logisch, dass ich da mitmache, das ist doch ein schönes Zeichen für eine lebendige Nachbarschaft“. Alle paar Jahre geht Katja Masuhr von Haus zu Haus und wirft Zettel ein, mit der Frage, ob die Nachbarn weiterhin am leuchtenden Adventskalender teilnehmen wollen. „Sonst wandert eine Zahl halt auch mal weiter“. Klärchen, die mit 92 Jahren älteste Nachbarin, ist von Anfang an stolze Besitzerin der 8. Und für die Kinder, die zum Spielplatz am Ende der Sackgasse kommen, ergibt sich ein alljährliches Suchspiel. „Die schauen immer genau, ob auch alle Zahlen leuchten“. Ein Ritual – fast so schön wie Weihnachten.

Die 6 trägt natürlich eine Nikolausmütze. Die Collage zeigt fast alle Zahlen.

Katja Masuhr

Die 6 trägt natürlich eine Nikolausmütze. Die Collage zeigt fast alle Zahlen.

Die Häuser in der Riphahn-Siedlung sind alle verschieden, die Adventskalender-Zahlen wurden gemeinschaftlich gefertigt.

Die Häuser in der Riphahn-Siedlung sind alle verschieden, die Adventskalender-Zahlen wurden gemeinschaftlich gefertigt.