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Partnerschaft mit KlagenfurtStadt Köln empfängt umstrittenen Jörg-Haider-Freund

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Der umstrittene Bürgermeister von Klagenfurt, Christian Scheider

Köln – Im Kölner Hotel Maritim dürfte am Donnerstagabend ab 19.19 Uhr das eine oder andere Kölsch getrunken werden – auch wenn es sich offiziell um einen „Kärntner Abend“ handelt. Der Anlass: Klagenfurt als größte Stadt des österreichischen Bundeslands und die Stadt Köln gehen eine sogenannte privilegierte Partnerschaft ein.

Laut der Gästeliste, die der Köln-Kärntner Wirtschaftsdialog erstellt hat, ist Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) angefragt, Bürgermeister Ralph Elster (CDU) und Klagenfurts Bürgermeister Christian Scheider (Team Kärnten) stehen auch auf der Liste.

Unternehmer Schwarz: „Der Kölner und Kärntner verstehen sich“

Den seit 2013 bestehenden privat aufgebauten Wirtschaftsdialog hat laut eigener Aussage der Kölner Unternehmer Jürgen Schwarz forciert. Als Partner sind unter anderem der Wirtschaftsclub Köln und das Amt für Wirtschaftsförderung aufgeführt. Schwarz sagte: „Der Kölner und Kärntner verstehen sich.“

In der Vergangenheit reisten Kölner nach Klagenfurt, darunter Bürgermeister Hans-Werner Bartsch und Alt-OB Fritz Schramma, der städtische Spitzenbeamte Engelbert Rummel (alle CDU), Norbert Walter-Borjans (SPD) oder auch Reker. Das Ziel: netzwerken. Zur Partnerschaft mit der Stadt Köln heißt es von Seiten der Initiative: „Nun erfolgt also die offizielle Einordnung dieser Initiative.“

Privilegierte Partnerschaft zwischen Köln und Klagenfurt wirft Fragen auf

Ein prominentes Kölner Ratsmitglied sagt hinter vorgehaltener Hand: „Über diese Verbindung wundere ich mich. Was soll eine privilegierte Partnerschaft überhaupt sein?“ Man habe Städtepartnerschaften – die müsste aber der Rat abnicken.

Ein paar Stunden vor dem „Kärntner Abend“ empfängt Reker die Delegation aus Kärnten offiziell im Rathaus. Doch der Termin wirft eben jene Fragen auf, die das Ratsmitglied anspricht: Was ist eine privilegierte Partnerschaft? Warum erhält gerade Klagenfurt diese Verbindung, die Köln unter diesem Namen zum allerersten Mal überhaupt aufbaut? Weil allerlei Prominenz mit Verbindungen ins Rathaus sich jährlich trifft?

Stadt Köln erklärt Partnerschaft mit Würdigung des bürgerlichen Engagements

Die Verwaltung teilt dazu mit, dass das bürgerschaftliche Engagement gewürdigt werde, „es gibt keinerlei formelle Verpflichtungen“. Gerade in Krisenzeiten komme einer über Ländergrenzen reichenden, interkommunalen Zusammenarbeit zunehmende Bedeutung zu.

Es gebe andere ähnliche Verbindungen mit chinesischen Städten und Provinzen, die aber nicht privilegierte Partnerschaft heißen. Trotzdem bleibt die Frage: Warum empfängt Kölns erste Bürgerin Reker die Delegation und warum trägt sich dabei Klagenfurts Bürgermeister Christian Scheider in das offizielle Gästebuch der Stadt Köln ein?

Bürgermeister von Klagenfurt: umstrittene Aussage zur Ursache für den Zweiten Weltkrieg

Also jener Scheider, der in der „Kronen-Zeitung“ im Interview zu Jörg Haider mit den Worten zitiert wird: „Ich habe ihn von 1989, als ich sein persönlicher Sekretär wurde, bis zu seinem Tod 2008 begleitet. Sein Tempo war hoch, er hatte Disziplin, Umsetzungsvermögen, Willenskraft. Vieles, das man in die eigene Politkarriere mitnehmen kann.“ Der 2008 verstorbene Haider war ein Rechtspopulist von unter anderem der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ).

Und jener Scheider, der laut der Zeitung „Standard“ im Jahr 2000 auf die Frage nach der Ursache für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in einem im Internet verfügbaren Interview gesagt hatte: „Die Ursache? (...) So eine direkte Ursache kann ich nicht beantworten.“ Es gebe viele Möglichkeiten und Varianten.

Österreichischer Professor bezeichnet Scheiders Äußerung als „dumm und naiv“

Der emeritierte Professor an der Universität Innsbruck, Dr. Reinhold Gärtner, hat sich in seiner Forschung mit Rechtspopulismus sowie dem politischen System Österreichs beschäftigt. Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte er: „Die Aussagen von Scheider zu den Ursachen des Beginns des Zweiten Weltkriegs können nur als dumm und naiv bezeichnet werden, waren aber in Kärnten nichts Außergewöhnliches.“

Von 2009 bis 2015 war Scheider schon mal Bürgermeister der Stadt Klagenfurt am Wörthersee, damals für das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), das Haider gegründet hatte. Dann wurde er abgewählt, bevor er seit 2021 wieder gewählter Bürgermeister ist, dieses Mal für das Team Kärnten.

Christian Scheider soll in rechtspopulistischem Umfeld politisch sozialisiert worden sein

Gärtner sagt dazu: „Sicher ist jedenfalls, dass Scheider im Dunstkreis von Jörg Haider politisch sozialisiert wurde, dass die FPÖ Kärnten immer schon deutlich deutschnational ausgerichtet war und es auch genügend Bezüge zum rechtsextremen Umfeld gab.“

Laut der Kölner Verwaltung werden im Gästebuch der Stadt Personen und Anlässe festgehalten, die für Köln und seine Geschichte von Bedeutung sind. Ab Donnerstag wird das auch Scheider sein.

Stadt Klagenfurt begründet Scheiders Bemerkung mit Satire

Auf Anfrage teilte ein Sprecher der Stadt Klagenfurt mit, dass das Video falsche Inhalte vermittele. Der Bericht sei „von einem österreichischen Kabarettisten und somit auch als reine ’Satire’ zu sehen, jedoch nicht einer seriösen Berichterstattung würdig“.

Scheider sagt: „Schon in meiner ersten Amtsperiode als Bürgermeister habe ich mich für eine nachhaltige Gedenk- und Erinnerungskultur in Klagenfurt eingesetzt. Stolpersteine wurden verlegt, eine jährliche Holocaust-Matinee ins Leben gerufen, der jüdische Friedhof generalsaniert und Vieles mehr.“

Kabarettist schätzt Scheiders Interview als realistisch ein

Auch ein Gedenk- und Erinnerungsbeirat ist laut Scheider ins Leben gerufen worden, Klagenfurt sei bei der Erinnerungskultur „absoluter Vorreiter in Österreich und das wird auch in Zukunft so bleiben“.

Die angesprochene Satiresendung hat Alfred Dorfer moderiert, er sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Es handelt sich um ein realistisches Interview, das wir im Archiv gefunden haben.“ Es sei keine Satire. Zu Scheiders Argumentation sagte Dorfer, es sei doch häufig so, dass Menschen, die „Mist“ geredet haben, sich hinterher mit dem Verweis auf Satire rausreden.

Stadt Köln verzichtet auf Bewertung des Bürgermeisters

Auch Gärtner bezeichnet es als wenig überraschend, dass Scheider das Thema mittlerweile anders sieht, als Bürgermeister müsse er zwangsläufig anders agieren. „Fakt bleibt dennoch, dass er im deutschnationalen Kärnten politisch sozialisiert wurde und lange auf dieser Welle mitschwamm.“

Und: „Er hätte auch sagen können, dass die damalige Aussage dumm und naiv war und sollte die Verantwortung dafür übernehmen.“ Die Stadt teilte dazu mit: „Die Stadt Köln hat nicht zu bewerten, wen eine Gemeinde zum Bürgermeister wählt. Ursache des Zweiten Weltkriegs ist zweifelsfrei das Vorgehen und die Politik des Nazi-Regimes.“