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PerückenDie Rückkehr der Ersatzfrisur

Lesezeit 3 Minuten

Der Friseursalon Peter Steimel verkauft Perücken.

Köln – Manche Moden verblassen und hinterlassen ein schlechtes Image. Das muss jedoch nicht unbedingt am Artikel selbst liegen. Mitunter ist das Material noch nicht ausgereift wie etwa bei der Perücke, die nach jahrzehntelanger Abwertung als „Fiffi“ nun einen Imagewandel erlebt und sich allmählich wieder auf Köpfen etabliert. Bestes Beispiel ist Verena Pooth, die ihr immer noch langes Haar gern unter einem kessen Bob versteckt.

Peter Steimel kommt das, was er als „beginnenden Trend“ einstuft, durchaus entgegen, denn als Friseurmeister hat er noch die Ära miterlebt, als Perücken und Haarteile en masse in Damenbädern zu finden waren, bevor sie „schlagartig von der Bildfläche verschwanden“. Der Kölner hat damit schon früh Kenntnisse über die Macharten von Ersatzfrisuren erworben und weiß sie zu bearbeiten. „Viele Perücken, die man heute sieht, sind einfach nicht schön geschnitten“, erläutert der Fachmann. Man benötige nämlich eine spezielle Schere, „teilweise sogar ein Messer“ – und eine Menge Erfahrung.

Inzwischen seien synthetische Fasern auf dem Markt, die optisch und haptisch nicht vom Echthaar zu unterscheiden seien, sagt Steimel. Außerdem sei Kunsthaar erheblich preisgünstiger und viel leichter zu handhaben. Neben der qualitativen Verbesserung freut ihn vor allem, was er damit bei Kundinnen bewirken kann. Frauen mit Chemotherapie-Behandlung seien so dankbar, wenn sie jemanden fänden, „der sie so zurecht- macht, dass sie sich anschließend hübsch finden“. Beim neuen Perückentyp darf das Haar sogar auseinanderfallen, da es mit einer Art von Gaze verknüpft ist, die wie die eigene Kopfhaut wirkt.

2011 hat die DKMS live, eine Schwestergesellschaft der Deutschen Knochenmarkspenderdatei, ein Haarprogramm für Krebspatientinnen ins Leben gerufen. Steimel nahm daran teil und gehört nun zu den Friseuren in Deutschland, die sogar von Krankenkassen und Ärzten empfohlen werden.

Frauen mit krankheitsbedingtem Haarausfall bietet Steimel in seinem Studio an St. Aposteln zunächst eine eingehende Beratung in diskretem Rahmen an. Der Experte nimmt den Kopf der Kundin in Augenschein, zeigt ihr unterschiedliche Perückenmodelle, um etwas über ihreVorstellungen zu erfahren und bestellt dann eine ganz auf die Bedürfnisse der Kundin abgestimmteKollektion.

Dadurch, dass der Hersteller im Taunus sitzt, kann bereits zwei bis drei Tage später unverbindlich probiert werden. Nicht selten erlebe er, dass die Frauen später sagten: „Wenn meine Haare wieder da sind, will ich genauso aussehen wie mit der Perücke“, sagt der Friseurmeister.

Steimel hat aber auch Kundinnen, die mit dem Haarteil nicht Begleiterscheinungen einer Erkrankung kaschieren wollen, sondern Lust auf eine Typ-Veränderung haben. Einmal zurechtgeschnitten, könne man die Perücke mit den Fingern leicht in Form zupfen, erklärt der Experte und demonstriert das an einer Angestellten, die sich praktisch im Handumdrehen von Blondgesträhnt in Rötlich und schließlich Brünett verwandelt.

Die Preise für diese Perücken liegen bei knapp 300 bis etwa 600 Euro, „je nach Länge und Ausführung“. Es gebe zwar auch preiswertere Haarqualitäten. Hiervon rät der Experte jedoch ab, da sich die Haare beim Tragen aufrieben und dann filzig würden. Bei krankheitsbedingtem Haarverlust empfiehlt er, vorab mit den Krankenkassen den Zuschuss auszuhandeln.