AboAbonnieren

Pink-Panther-Prozess in KölnJuwelenräuber beschwert sich über seine Haftbedingungen

Lesezeit 4 Minuten
20170912_tb_PinkPantherProzess_018

"Pink-Panther"-Mitglieder wurden 2017 mit einem Hubschrauber zum Gericht gebracht. (Archivbild)

Köln – Der Prozess hat noch gar nicht angefangen, da geht der Ärger schon los. „Das ist sadistisch“, regt sich Danila D. (36) im Landgericht über das Vorgehen eines Wachtmeisters auf, der sein mitgebrachtes Getränk kurzerhand konfisziert. Verschärfte Sicherheitsbedingungen eben, auch am zweiten Tag gegen drei mutmaßliche Mitglieder der auf Juwelenraub spezialisierten Pink-Panther-Bande, die als äußerst gefährlich gilt, weshalb strenge Kontrollen angesagt sind.

Die Schimpftiraden hören auch nicht auf, als der Vorsitzende Richter sehr behutsam mit Fragen zum Lebenslauf beginnt. Weil alle drei Angeklagten zu den Vorwürfen, sie hätten im Oktober 2016 einen Werttransporter in Esslingen überfallen und 600.000 Euro Beute gemacht, schweigen, sollen zunächst ihre persönlichen Verhältnisse erörtert werden.

D. empört sich über die Haftbedingungen („Man behandelt mich wie einen Terroristen“), er regt sich über SEK-Beamte auf, die ihm „trotz Verletzungsgefahr“ Fußfesseln anlegen und schimpft über Mitgefangene, „die in eine psychiatrische Klinik gehören, denn sie strapazieren meine Nerven“. Auf mehreren eng beschriebenen Seiten hat D. seinem Ärger Luft gemacht und will gleich zu Anfang seine Beschwerden verlesen, aber der Richter unterbindet es. Vom Vorsitzenden auf eine mögliche Einsichtsfähigkeit angesprochen, reagiert D. unwirsch und alles andere als überzeugt: „Ich lasse mich doch nicht in den Schmutz ziehen.“

„Es gibt wenige gute Menschen“

Im Alter von neun Jahren zog D. mit seinen Eltern aus der Heimat in Mazedonien wegen des Balkankrieges in die Schweiz um. Dort machte er seinen Schulabschluss, absolvierte eine kaufmännische Ausbildung, arbeitete bei Telefongesellschaften. Doch ein Autounfall im Jahr 2010 mit 40.000 Euro Sachschaden, der von der Versicherung nicht übernommen wurde, führte offensichtlich zum Abdriften in kriminelle Aktivitäten.

„Von da an ging alles bergab“, sagt D. selbst, der sich damals von Ämtern, Behörden und Versicherungen in der Schweiz ungerecht behandelt fühlte und mit illegalen Mitteln dagegen hielt. Die Rede ist von Betrug, Bedrohung, Verleumdung. „Die haben mich beschissen, dann bescheiße ich die jetzt auch“, sagt D. dazu, alles Weitere bleibt mehr als wage. Denn: Fragen zu Vorstrafen werden vehement abgewiegelt, sie sollen erst zu einem späteren Zeitpunkt Thema werden.

D. saß offensichtlich längere Zeit in der Schweiz in Haft, bevor er 2015 nach Mazedonien umsiedelte. „Ich habe mich dort erholt von der langen Pause“, erklärt er seinen Umzug. In Mazedonien änderte er gleich zweimal seine Personalien, denn „mein Name war ein Fluch“, gibt er als Grund an. Auch hier bleiben die Beweggründe verschwommen.

Angeklagte geben nur kurz Auskunft zum eigenen Leben

„Es gibt sehr wenige gute Menschen auf der Welt“, beklagt der Gefangene D. seine gemachten Erfahrungen theatralisch und sagt über seinen Komplizen und Hauptangeklagten Milan L., der gleich neben ihm sitzt: „Er ist ein guter Mensch. Ich habe an ihm nichts auszusetzen.“ Wie er L. und den dritten Angeklagten kennengelernt hat, wie es zur Verabredung des Überfalls kam, wie die Planung und die Organisation der Tat verlief – alles das bleibt am zweiten Verhandlungstag noch völlig offen.

Milan L., der als Hauptangeklagter gilt und vor Jahren mit Gewalt aus einem Schweizer Gefängnis befreit wurde, wo er mehrere Jahre wegen Juwelenraubs einsaß, ist im Gegensatz zu seinem Kumpel eher der wortkarg auftretende Typ. Er redet nur das Notwendigste, schildert seinen Lebenslauf in kurzen, knappen Sätzen: In Köln geboren, bei den Großeltern im Balkan aufgewachsen, zurück nach Köln, dann Realschulabschluss und Ausbildung zum Elektriker.

In Köln leben seine Verlobte und die gemeinsame zweijährige Tochter. Weder Drogen- noch Alkoholprobleme. „Wirklich keine Erfahrung mit Koks?“, fragt der Richter nach Einsicht der Akten verblüfft nach und erhält ein „Nein“ zur Antwort. Er sei nie krank gewesen, fügt er noch an, auch über die Haftbedingen wolle er nicht klagen: „Ich vermisse nur Frau und Kind, versuche ansonsten, das Beste draus zu machen“, sagt er zu seinem aktuellen Gefängnisaufenthalt.

Auch der Dritte im Bunde, der nach Angaben seiner Verteidigerin als „Mitläufer“ gilt, ist mit dem Lebenslauf schnell durch. In Belgrad geboren und aufgewachsen, machte er nach dem Abitur eine Holztechnikerlehre, heiratete und bekam zwei Kinder. Die Ehefrau reist regelmäßig aus Serbien an und besucht ihn hinter Gittern. Zuletzt lebte er vom Einkommen seiner Frau, die im Betrieb des Schwiegervaters arbeitet. „Vorstrafen?“ – „Keine Angaben.“

Danach folgt die in diesem Prozess inzwischen übliche Prozedur: Über Funk werden die in Bereitschaft stehenden Helikopter zum Rücktransport der Angeklagten ins Gefängnis gerufen.