Foodsharing in KölnKostenlose Lebensmittel vom „Fairteiler“

Kistenweise werden Lebensmittel vor der Mülltonne bewahrt.
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Ensen-Westhoven – Gurken, Salat, süße Teilchen und Brot – Kistenweise Lebensmittel haben Martin Junkermann und Sannah Burroughs von einem Wochenmarkt in Köln geholt. Doch die Lebensmittel benötigen sie nicht für eine große Feier: Sie haben sie vor der Mülltonne gerettet und bieten sie nun Porzer Bürgern im neuen Fairteiler an – dem ersten seiner Art auf der rechtsrheinischen Seite Kölns.
In diesem jederzeit frei zugänglichen Verschlag mit mehreren Schränken sowie Kühl- und Gefrierschrank auf dem Gelände der „Porzer Selbsthilfe gegen Wohnungsnot“ lagern sie Lebensmittel, die auf Kölner Wochenmärkten, in Supermärkten oder in Bäckereien nicht mehr verkauft werden können. Sie sind nicht frisch genug oder haben das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht.
Vom Supermarktregal in die Mülltonne
Durchschnittlich rund die Hälfte aller Lebensmittel landet deshalb in der Mülltonne. „Das ist viel zu viel“, sind sich Junkermann und Burroughs einig und haben sich entschieden, etwas dagegen zu tun. „Krumme Gurken will der Handel nicht haben. Gleichzeitig müssen alle Lebensmittel noch kurz vor Ladenschluss frisch angeboten werden. Das bedeutet, dass viel direkt aus dem Supermarkt-Regal in die Mülltonne wandert“, weiß Landwirt Peter Zens, der auf seinem Gertrudenhof in Hürth ebenfalls einen Fairteiler stehen hat. „Zuhause geht es nicht viel anders: Was zu viel eingekauft wurde, wird entsorgt.“ Pro Person nämlich 82 kg pro Jahr, was einen wirtschaftlichen Schaden von mehr als 22 Milliarden Euro bedeutet.
Um auf diese Lebensmittelverschwendung aufmerksam zu machen, sprechen sogenannte Foodsaver Betriebe an, um Kooperationen mit ihnen einzugehen. Sie holen die Lebensmittel, die sonst nach Ladenschluss im Müll gelandet wären, bei den Geschäften ab, um sie im Fairteiler zu deponieren. Dort wiederum können sie von Bürgern abgeholt werden. „Wir wollen verhindern, dass die Lebensmittel im Müll landen“, sagt Burroughs, eine von 520 Foodsavern in Köln und eine von 30 in Porz. Sie ärgert sich, dass bereits in den Läden so viel verschwendet wird. So fährt sie jede Woche mehrere Stunden von Supermarkt zu Supermarkt und holt Berge von Lebensmitteln ab. „Wir sortieren die Sachen dann zunächst. Denn alles können auch wir nicht mehr verwenden, etwa wenn es schon faule Stellen gibt“, so Burroughs. Doch sie und Martin Junkermann müssen die Lebensmittel momentan noch von der anderen Rheinseite oder aus anderen Städten nach Porz holen. „Bisher kooperieren in Porz lediglich ein Supermarkt und ein Restaurant mit uns. Wir suchen natürlich noch weitere Interessierte – ebenso wie Foodsaver, die uns helfen, Lebensmittel abzuholen.“ Wenn sie den Schrank mit neuen Lebensmitteln aufgefüllt haben, vermerken sie das auf Facebook. „Trotzdem lohnt es sich, auch einfach so am Fairteiler vorbei zu gehen. Wir füllen ihn fast jeden Tag auf“, so Junkermann.
Keine Konkurrenz zur Tafel
Für Burroughs, Junkermann und Zens steht fest, dass sie hier zwar im Kleinen etwas gegen die Verschwendung tun, aber auch helfen, das Thema in der Gesellschaft zu verankern. „Wir sind keine Konkurrenz zu den Tafeln. Lebensmittel zu retten, geht alle etwas an. Dass auch die Bürger davon profitieren und einiges, was sie im Fairteiler finden, nicht mehr im Supermarkt einkaufen müssen, ist klar. Aber darum geht es uns nicht in erster Linie“, sagt Peter Zens, der seit Ende 2012, als die Aktion zum Lebensmittel-Retten gestartet ist, dabei ist. „Wir wollen aufmerksam machen – und das klappt.“ Schließlich beschäftige sich auch langsam die Politik mit dem Thema. Die Aktion „Zu gut für die Tonne“ und die Diskussion um das Mindesthaltbarkeitsdatum seien nur einzelne Beispiele. Auf EU-Ebene sei inzwischen das Mindesthaltbarkeitsdatum für Salz abgeschafft worden. „Diese Diskussion wollen wir anstoßen – und so viele Lebensmittel vor der Mülltonne retten wie möglich.“