„Chronische Problemfelder“Porzer Bezirksbürgermeisterin zieht nach einem Jahr Bilanz
Porz – Frau Stiller, in Ihrem Amt als Bezirksbürgermeisterin kommt Ihnen sicherlich die jahrzehntelange Erfahrung als Pflegedirektorin am Porzer Krankenhaus zugute. Wenn Sie an den Stadtbezirk Porz denken: Wie geht’s diesem besonderen Patienten?Sabine Stiller: Es gibt in Porz tatsächlich viele chronische Problemfelder. Aber ich bin weit davon entfernt, denen zuzustimmen, die hier alles schlecht finden und das Gefühl haben, immer nur abgehängt zu werden. Wäre ich nicht überzeugt davon, dass wir gemeinsam Verbesserungen schaffen können, dann wäre ich als Bezirksbürgermeisterin fehl am Platz. Bei Patienten und in der Politik gilt es für mich, vor allem das Potenzial zu sehen und Stärken zu fördern. Diesen Weg konnte ich mit der aktuellen Bezirksvertretung in enger Zusammenarbeit mit dem stellvertretenden Bezirksamtsleiter Erik Stäuder schon erfolgreich beginnen; die Stimmung hat sich spürbar verbessert.
In der Vergangenheit zeichneten sich viele Sitzungen der Bezirksvertretung tatsächlich durch ein Gegeneinander der Fraktionen aus.
Das haben wir aufgebrochen. In der aktuellen Bezirksvertretung reden die Fraktionen miteinander, alle haben sich auch unter den besonderen Sitzungsbedingungen in der Pandemie fair verhalten. Eine „Wir-Aktion Porz“ setzt auf einen guten Informationsaustausch und große Transparenz zwischen Bezirksbürgermeisterin, Stellvertretern, Fraktionsvorsitzenden, Bezirksvertretern und der Verwaltung. Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass Dauerstreit uns nicht weiterbringt. Wenn die Kölner Verwaltung nämlich den Eindruck hat, in Porz gebe es für wichtige Forderungen nicht mal einen Konsens, erreichen wir nichts. Mit gegenseitiger Wertschätzung und Toleranz lassen sich Ziele besser durchsetzen. Das gilt für die Bezirksvertretung und für wichtige bürgerschaftliche Gremien.
Vita Sabine Stiller
Sabine Stiller (Jahrgang 1958) ist seit 2020 Bezirksbürgermeisterin in Porz. Sie gehört seit 2000 der CDU an. Ins Amt gewählt wurde sie als Nachfolgerin des Parteikollegen Henk van Benthem, für dessen Wiederwahl sich in der CDU/ Grünen-Koalition nach der Kommunalwahl keine Mehrheit mehr fand. Stiller setzt in der Bezirksvertretung aktiv auf ein Miteinander der Fraktionen. In 29 Jahren als Pflegedirektorin am Krankenhaus Porz bis zum Renteneintritt hat sie reiche Erfahrung in Organisation, Führung und Dialog gesammelt, was ihr im neuen Amt zugutekommt. Stiller engagiert sich seit Jahrzehnten in zahlreichen Ehrenämtern, mag das Leben in Porz-Mitte und den Blick über den Tellerrand des Rechtsrheinischen – ihr langjähriger Lebenspartner wohnt im Severinsviertel. Sie reist gern, schätzt Wellness und gutes Essen und ist Fan des 1. FC Köln. Alle Höhen und Tiefen hat sie als Dauerkarteninhaberin auf der Südtribüne des Stadions ausgelotet.
Mit denen sich die Politiker nicht immer einig sind.
Ja. Ich denke an die geplante Erneuerung der Porzer Innenstadt und die harte Kritik aus dem „Bündnis für Porz-Mitte“. Meiner Ansicht nach kommen wir nicht weiter, wenn permanent gegen die Stadt wegen vermeintlicher Untätigkeit gewettert wird. Beim so wichtigen Integrierten Stadtentwicklungskonzept ISEK, das Landesmittel für Programme wie „Lebendige Zentren“, „Sozialer Zusammenhalt“ oder „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ bringen kann, sollten wir einfach offen für Veränderungen bleiben und nicht verbittern. Es ändern sich nun einmal Förderrichtlinien, das erfordert andere Handlungsweisen. Malen wir die Porzer Zukunft nur noch schwarz, wird das gewiss niemanden ermutigen, sich beispielsweise mit einem Geschäft hier anzusiedeln und die Innenstadt wieder attraktiver zu machen.
Aber der Ist-Zustand – eine Fußgängerzone voller seit Jahren leerstehender Ladenlokale – ist schon bedenklich.
Keine Frage. Da sind Gespräche und Ideen auf zahlreichen Ebenen nötig. Ich setze im Rahmen des Einzelhandelskonzeptes und der Cima-Beratung für Porz-Mitte auf den Dialog mit Geschäftsinhabern, um deren Befindlichkeiten und Forderungen in die Planung für Neues einfließen zu lassen. So wie früher wird es in Porz nicht mehr werden, wir müssen neue Qualitäten für die Aufwertung der Innenstadt finden. Das geht anderen Vororten ähnlich. Wegen des verrottenden Eigentums in der Bahnhofstraße ist aber auch die Stadt aufgefordert, Eigentümer in die Pflicht zu nehmen. Gemeinsam mit Herz und Verstand die Porzer Zukunft zu gestalten - das bringt Erfolge.
Sind solche Erfolge schon absehbar?
In der Tat gibt es ein spürbar besseres Miteinander. Wenn ich als Bezirksbürgermeisterin bei Runden Tischen zu sozialen oder auch wirtschaftlichen Themen eine gegenseitige Wertschätzung der Teilnehmer erreichen kann, leiste ich das, was mein Amt erfordert. Für das kommende Frühjahr beispielsweise führen wir mit Unterstützung der Köln Business Wirtschaftsförderung gut 300 Unternehmer aus Porz zusammen. Wichtigster Punkt ist es dabei, ein tragfähiges Netzwerk aufzubauen. Bei aktuellen Themen, die Porz betreffen, sollen dann auch die Unternehmer angesprochen werden.
Sie arbeiten also viel hinter den Kulissen?
Ich sehe mich nicht vorrangig als diejenige, die bei Events Grußworte spricht, sondern als Managerin für den Stadtbezirk. Das gilt bis in die Kommunikation mit jedem einzelnen Menschen im Stadtbezirk. Bürgeranliegen, die an mich herangetragen werden, nehme ich ernst und leite Antworten zügig in die Wege. Da lasse ich mich in der Stadtverwaltung auch nicht einfach abspeisen, mit einem sehr verlässlichen Team halte ich das konsequent nach. Und ich fördere die Kooperation zwischen Politik und Bürgervereinen.
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Das ist neu. In der Vergangenheit zeigten sich gewählte politische Vertreter zuweilen nicht so glücklich über die vermeintliche Konkurrenz durch Bürgervereine.
Konkurrenz? Das ist doch Unsinn. Im Gegenteil. Wir alle, ob gewählt oder aus eigenem Antrieb im Ehrenamt, engagieren uns schließlich für Verbesserungen und das Wohl der Menschen in Porz. Mit ihrer Orts- und Sachkenntnis, ihrem hohen Engagement und frischen Ideen leisten die Bürgervereine bewunderungswürdige Arbeit. Dieses Potenzial nicht für die politische Zusammenarbeit zu nutzen, wäre ein Fehler. Das könnten die Bürger, um die es schließlich geht, auch nicht verstehen. Teamorientiert können wir Wünsche aus der Bevölkerung viel besser verwirklichen.
Worauf sind Sie stolz, wenn Sie auf das vergangene Jahr zurückblicken?
Auf den Zusammenhalt in der Pandemie und die sehr erfolgreichen Corona-Impfaktionen, bei denen wir im Zusammenwirken sozialer Träger, der Politik, den Kirchen und Porzer Vereinen wirklich viele Menschen erreicht haben. Auf den Runden Tisch mit allen Senioreneinrichtungen, dem weitere Runde Tische zu anderen sozialen Handlungsfeldern folgen sollen. Auf Verbesserungen rund ums Rathaus, das für die Bürger doch ein attraktiver Anlaufpunkt sein sollte. Und nicht zuletzt auf die Beleuchtung, die das Rathaus am Rheinufer so schön in Szene setzt. Das farbige Licht strahlt weit sichtbar und ist für mich ein Zeichen des Selbstbewusstseins: Schaut her, hier ist Porz. Wir sind stolz darauf und wollen den ganzen Stadtbezirk zum Leuchten bringen.