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Kein Nachfolger wegen CoronaKölner Ticket-Schalter muss nach 20 Jahren schließen

Lesezeit 3 Minuten
Konzertkasse richtig

Klaus und Claudia Selbig (mit Hund Ben) vor ihrer ehemaligen Kasse

  1. Vor 35 Jahren machte Klaus Selbig sein Hobby zum Beruf, verkaufte Tickets von seiner Privatwohnung aus, bis er 2000 dann eine Vorverkaufsstelle eröffnete.
  2. Doch nun ist alles vorbei. Selbig geht in Rente, aber ein Nachfolger ist wegen der aktuellen Corona-Pandemie nicht zu finden.
  3. Schließlich sei noch immer nicht abzusehen, wann Großveranstaltungen wieder stattfinden können. Die Hintergründe.

Porz – Eine Schlange Musikbegeisterter vom Porzer Rathaus bis rauf auf die Fußgängerbrücke, die Karten fürs Robbie Williams-Konzert ergattern wollen – vorbei. Nächtliche Fahrten zum Konzertveranstalter, damit 1000 Konzertkarten pünktlich zum Vorverkaufsbeginn am nächsten Morgen am Kassentresen im Foyer des Bildungszentrums bereitliegen – vorbei. Kleine Bespaßungsaktionen von Mitgliedern des Stunksitzungs-Ensembles, um den Kartenkäufern früh morgens am Verkaufstag die Wartezeit zu vertreiben – vorbei. Die Theater- und Konzertkasse Köln-Porz hat Ende Juli für immer geschlossen.

Inhaber Klaus Selbig und seine Frau Claudia blicken zurück auf 20 betriebsame Jahre in der Vorverkaufsstelle am Friedrich-Ebert-Ufer, die für viele Porzer ein fester Anlaufpunkt war. Schon vor 35 Jahren hat Selbig, der mit seiner Frau ein begeisterter Rock- und Popkonzertbesucher ist, sein Hobby zum Beruf gemacht. Zunächst verkaufte er von der Privatwohnung in Wahn aus Tickets. Das lief mit einer heute unvorstellbaren Minimalausstattung mit Telefon, Karteikästen und Versand per Nachnahme.

Suche nach Ort für Vorverkaufsstelle in Porz-Mitte

Im Jahr 2000, als Klaus Selbig einen Ort für eine Vorverkaufsstelle in Porz-Mitte suchte, sprach ihn Marion Usiatycki, Kulturbeauftragte des Bezirksamtes, an. Sie suchte eine gute Absatzmöglichkeit für die hauseigenen Veranstaltungen im Rathaussaal und ein Serviceangebot für Porzer, Tickets auch für Shows, Konzerte, Theaterabende, Karnevalsevents und mehr in Köln und weit darüber hinaus zu erwerben.

So begann eine zwei Jahrzehnte währende, gedeihliche Zusammenarbeit, die Selbig im Jahr 2021 mit Eintritt in die Rente beenden wollte. Die Suche nach einem Nachfolger hatte schon begonnen, doch Corona machte die Pläne zunichte. „Nachdem wir drei Monate lang gar nichts verkaufen konnten, habe ich um vorzeitige Auflösung des Vertrags gebeten“, sagt Selbig. Immerhin sei noch überhaupt nicht abzusehen, wann wieder Großveranstaltungen stattfinden könnten.

„Als ich die Schließung der Vorverkaufskasse per Mail meinen Stammgästen bekanntgegeben habe, kamen viele bedauernde Reaktionen“, sagt der Konzertkartenprofi. „Aber selbst Unterstützungsangebote helfen da nicht weiter. Auch andere bekannte Vorverkaufsstellen in Köln hat ja schon vor mir das gleiche Schicksal ereilt – es geht einfach nicht mehr.“

Ticketverkaufsgeschäft in vergangenen Jahren zurückgegangen

Selbig bedauert, seine große Erfahrung und die vielen ausgezeichneten Kontakte beispielsweise zu Veranstaltern niemandem weitergeben zu können. „Aber in Zeiten des Online-Verkaufs zählen ohnehin nur noch die großen Buchungsportale . Da gebe ich Kartenwünsche ein, und wenn es die Tickets gibt, bekomme ich sie – fertig.“Weil private Interessenten das am eigenen Bildschirm ebenso machen können, sei das Ticketverkaufsgeschäft in den vergangenen fünf Jahren um bis zu 40 Prozent zurückgegangen, der Trend setze sich fort.

„Deshalb habe ich, nachdem die letzte von über die Jahre zehn Mitarbeitern vor drei Jahren aufgehört hat, auch kein neues Personal mehr eingestellt“, berichtet Selbig. Was ihn jetzt erleichtert. „So musste ich wenigstens niemandem kündigen.“

Beeindruckende Fotografien von Konzerten und Künstlern

Klaus und Claudia Selbig nehmen aus dem Kassenhäuschen die beeindruckenden Fotografien von Konzerten und Künstlern mit, die sie selbst im Lauf der Jahre gemacht haben. Und einen Fahrradständer mit dem rot-gelben Logo der Theaterkasse. Sehr leid tut es ihnen um die vielen weniger Computer-erfahrenen Stammkunden, die ihre Karten für Philharmonie, Lanxess-Arena oder internationale Kulturstätten jetzt nicht mehr in Porz erwerben können.

Um solche Tickets persönlich zu kaufen, müsse man jetzt wohl zum Hansaring oder nach Bonn fahren. Wobei das Bezirksamt an einem eingeschränkten Ersatzangebot arbeitet. Zumindest Karten für Kultur im Rathaussaal sollen – wenn es denn wieder Veranstaltungen gibt – im Porzer Rathaus zu bekommen sein.